Grünland & Futterbau
Reifeprüfung im Grünland für die Produktion hochwertiger Silagen
Die Erzeugung hochwertiger Grassilagen beeinflusst maßgeblich die Milchleistung aus dem Grobfutter und die Gesundheit der Milchkühe. Dabei bildet der erste Schnitt im Dauergrünland den höchsten Trockenmasseertrag mit der oft besten Energie- und Eiweißdichte im Jahresverlauf.
Deshalb setzen milchviehhaltende Betriebe den ersten Schnitt als Futtergrundlage bei den melkenden Kühen ein. Diese haben im Milchviehbetrieb die höchsten Nährstoffansprüche.
Der Erntetermin des ersten Grünlandaufwuchses entscheidet über den Ertrag und die Nährstoffkonzentration in der Silage. Das Beratungsteam Tierhaltung des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) führt dazu jährlich eine Reifeprüfung im Dauergrünland auf Praxisflächen in zehn Regionen Hessens durch. Um die Entwicklung der Nährstoffgehalte des Grünlandaufwuchses nach Beginn der Vegetationsphase abzubilden, erfolgt die Beprobung wöchentlich zwischen Mitte April und Mitte Mai. Jede Beratungskraft wählt dafür repräsentative Praxisschläge der Region aus, die alle Höhenlagen, Bewirtschaftungsformen (ökologisch / konventionell) und Düngeintensitäten abbilden. Zu Beginn erfolgt eine Bonitur des Pflanzenbestandes, da auch die Pflanzenzusammensetzung den optimalen Schnittzeitpunkt beeinflusst. Für den Probeschnitt fahren die Beratungskräfte jeweils montags auf die Flächen und schneiden den Aufwuchs eines halben Quadratmeters. Am selben Tag verlassen die Proben die Region, um beim Landesbetrieb Hessisches Landeslabor untersucht zu werden. Drei Tage nach der Probenahme erfolgt die Auswertung der Laborergebnisse. Die analysierten Nährstoffgehalte geben Aufschluss über das bisherige Wachstum und erlauben die Voraussage des optimalen Erntetermins.
Vom Labor auf die Landwirtschaftsbetriebe
Die Ergebnisse erreichen die hessischen Landwirtschaftsbetriebe auf verschiedenen Wegen.
In den auf die Regionen Nord- / Mitte und Südhessen abgestimmten Varianten des Grünland- und Futterbaufax ordnen die Redakteure die Ergebnisse nach den Höhenlagen der Flächen und kommentieren sie. Besonderheiten des Jahres, beispielsweise ein trockener März, ein kalter April oder auch ein regnerischer Mai, finden darin Berücksichtigung. Situationsabhängig gehen die Redakteure auf den optimalen Schnitttermin und die verlustarme Ernte ein.
Zu Beginn der Coronapandemie entstand die Idee, die Betriebe zusätzlich virtuell über die Probenergebnisse und die standortspezifisch optimalen Erntetermine zu informieren. Seitdem erstellen die Beratungskräfte des Fachgebietes Tierhaltung in enger Zusammenarbeit mit der Stabstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit zu den Reifeprüfungsterminen kurze Videos, die im YouTube-Kanal des LLH veröffentlicht werden. In diesen Videos wird die Situation in den jeweiligen Regionen zusammengefasst und kommentiert. Die entsprechenden Links zu den Videos erhalten die Arbeitskreise Milchviehhaltung. Zudem werden die Links im Newsletter für Milchvieh- und Mutterkuhhalter sowie im Grünland- und Futterbaufax geteilt. Etwa 100 Aufrufe pro Woche in Verbindung mit ergänzenden Anrufen und Fachfragen zeigen, dass die Landwirte und Landwirtinnen dieses Angebot dankend annehmen.
Nach Abschluss der Reifeprüfung verfasst das Fachgebiet Fachinformation Pflanzenbau wöchentlich einen Bericht mit der Zusammenfassung der Ergebnisse aller Regionen, der auf der Website des LLH eingestellt wird. Anhand grafischer Darstellungen wird beispielsweise der Verlauf der Nährstoffkonzentration und ihr Zusammenhang mit dem Schnitttermin aufbereitet.
Hat der Schnitttermin gepasst? Silagebeprobung gibt Auskunft
Um Aussagen zur Qualität der tatsächlich geernteten Silagen treffen zu können, nehmen die Beratungskräfte des Fachgebietes Tierhaltung einige Monate später Silageproben mittels Bohrstock aus den Fahrsilo. Hier zeigt sich unter anderem anhand der Energie- und Eiweißdichte, ob der gewählte Schnittzeitpunkt zum Aufwuchs in dem Jahr passte.
In Abhängigkeit des Witterungsverlaufs im jeweiligen Jahr weisen die Folgeschnitte häufig unterdurchschnittliche Nährstoffgehalte auf, weil deren Ernte zu spät erfolgt ist. Dies betrifft besonders den zweiten Aufwuchs. Aus diesem Grund führt das Beratungsteam Tierhaltung seit 2020 auf ausgewählten Flächen eine weitere Reifeprüfung drei bzw. vier Wochen nach dem ersten Schnitt durch. Die Kommentierung der Analyseergebnisse erfolgt ebenfalls im Grünland- und Futterbaufax, in Rundmails oder auch bei Fachveranstaltungen.
In den letzten Jahren hat sich die Reifeprüfung zu einem wertvollen Instrument der Beratungspraxis entwickelt, gleichzeitig steigt das Interesse aus der Praxis an den Ergebnissen. Sofern die Witterung und die betrieblich-organisatorischen Umstände es zulassen, können die Landwirte und Landwirtinnen auf Basis der Ergebnisse der Reifeprüfung durch die Wahl angepasster Erntetermine höhere Milchmengen vom heimischen Dauergrünland erzeugen.