Freizeitgartenbau/Gartenakademie
Vertikales Grün
Kletterpflanzen – platzsparendes Grün für kleine Gärten
Früher wurden Kletterpflanzen häufiger zur Gebäudeeingrünung verwendet. Damit schützte man sein Haus vor Witterungseinflüssen und dämmte es zusätzlich. Die Wurzeln der Pflanzen am Fuß der Wände hielten das Mauerwerk trocken. Und man hübschte sein Zuhause gleichzeitig optisch auf. Wurden am Anfang in Deutschland hauptsächlich selbstklimmende Kletterpflanzen, wie beispielsweise Efeu verwendet, kamen im Laufe der Zeit noch weitere Kletterpflanzen und auch Spalierbäume dazu, die – an Rankhilfen geleitet – grüne architektonische Akzente an Fassaden und Mauern setzten.
In den vergangenen Jahrzehnten hat die Fassadenbegrünung ihre ursprüngliche Schutzfunktion aufgrund von Dämm- und Bauabdichtungsstoffen verloren. Zudem haben Ordnungssinn und das Vorurteil, dass Pflanzen und deren Pflege nur Arbeit, Zeit und Geld kosten, die Oberhand gewonnen. Vielmehr besteht mittlerweile sogar die Sorge, dass Haus oder bestimmte Bauteile Schaden nehmen können. Klimawandel, Artenrückgang und schwindende Grünflächen sind allerdings Argumente, über eine Renaissance der Fassadenbegrünung neu nachzudenken. Vertikales Grün ist zwar kein gleichwertiger Ersatz für arten- und strukturreiche Grünflächen. Allerdings können Kletterpflanzen durchaus eine Alternative sein, wenn der Platz knapp ist. Denn selbst auf kleineren Flächen tragen sie zur Verbesserung des Mikroklimas bei; sie sind Trittsteinbiotope und bieten Lebensraum für Tiere.
Wie berechtigt sind bestehende Vorbehalte? Wie lassen sich mögliche Schäden am Haus vermeiden? Gibt es Alternativen zum Grün an der Wand?
Wir geben in dieser Broschüre einen groben Überblick. Ausführlichere Informationen zum Thema Kletterpflanzen bieten wir in unserer Broschüre „Kletterpflanzen“ zum Download an.
Fassade begrünen oder nicht?
Eine wesentliche positive Eigenschaft begrünter Fassaden ist ihre Abkühlungsfunktion. Die vertikale Begrünung beschattet sonnige Fassaden und mindert so eine Aufheizung der Umgebungsluft. Gleichzeitig trägt die Verdunstungskühle der Pflanzentranspiration zur weiteren Abkühlung der Umgebung bei (Stichwort Mikroklima). Ein weiterer positiver „Nebeneffekt“ ist die ökologische Aufwertung. Dem entgegen stehen die Vorbehalte: Ein vermehrtes Ungezieferaufkommen im Haus, der hohe Pflegeaufwand und vor allem die Angst vor Schäden am Haus.
Kann das Haus Schaden nehmen?
Wir sind ehrlich: Ja, Schäden oder zumindest Folgeprobleme sind, abhängig von der Pflanzauswahl, grundsätzlich möglich. Die gute Botschaft ist: Wenn Du Dich vorher informierst, lassen sich Schäden vermeiden! Hausfassade, Kletterpflanzen und Rankhilfe bilden eine Einheit, die aufeinander abgestimmt sein muss. Schäden können dann weiterhin noch durch bestehende Vorschäden an der Fassade (z. B. Risse im Putz) entstehen. Rankhilfen für stark wachsende Kletterpflanzen müssen selbstverständlich für die Belastung ausgelegt sein. Wesentlich sind weiterhin, wie bei jedem Bauvorhaben: fachgerechte Ausführung, richtige Materialwahl und regelmäßige Sichtkontrolle im Rahmen der Pflege.
Die Wahl der Kletterpflanze ist entscheidend für eine erfolgreiche Fassadenbegrünung: Selbstkletternde Pflanzen, wie Efeu oder Wilder Wein, scheinen auf den ersten Blick die kostengünstigste Möglichkeit. Man braucht keine Rankhilfe – die Pflanzen klettern mittels Haftorganen von allein. Das ist aber an Häusern nur bedingt sinnvoll. Bei nicht geeigneten Fassaden („sensible“ Fassadentypen wie z. B. Wärmeverbundsysteme (WDVS), schadhafte Fassaden) können diese Pflanzen auf jeden Fall Schäden verursachen. Auch muss man bei diesen Pflanzen in der Pflege aufmerksamer sein.
Mit Pflanzen, die eine Rankhilfe benötigen, hat man diese Probleme nicht. Aber auch mit einer Rankhilfe kann es zu Schwierigkeiten kommen – beispielsweise, wenn eine sehr stark wachsende, schlingende Kletterpflanze, wie Blauregen (Wisteria), an nicht stabile Rankhilfen oder Fallrohre gepflanzt wird. Im Laufe der Zeit drückt die Pflanze die Aufstiegshilfe zusammen.
Kommt mehr Ungeziefer ins Haus?
An begrünten Fassaden tummeln sich tatsächlich mehr Insekten als an unbegrünten. Das ist die logische Folge der ökologischen Aufwertung der Fassaden. Allerdings werden gleichzeitig mehr sogenannte „Räuber“ angezogen, die sich von den Insekten ernähren und sie so dezimieren. Bei stammbildenden Pflanzen, wie Efeu, kann es auch sein, dass Mäuse oder Bilche diesen zum Klettern nutzen. Insgesamt steigt also die Wahrscheinlichkeit, dass sich Tiere in den Innenraum verirren können – aber nur, wenn Rankpflanzen tatsächlich auch in Fensternähe reichen. Ein Fliegengitter am Fenster wäre dann eine einfache Abhilfe.
Wieviel Arbeit macht eine begrünte Fassade?
Ganz ohne Arbeit funktioniert Fassadenbegrünung leider nicht. Wieviel Pflegeaufwand auf Dich zukommt, hängt allerdings maßgeblich davon ab, mit welchen Pflanzen Du Dein Haus begrünst, wie stark und wie hoch diese wachsen sollen bzw. dürfen.
Sind Fassadenbegrünungen teuer?
Im Vergleich zu technisch aufwändigen wandgebundenen Begrünungssystemen sind die üblichen bodengebundenen Begrünungen mit Kletterpflanzen kostengünstig, pflegeleicht und langlebig. Je nach Kletterstrategie der Pflanze und dem Ranksystem liegen die Herstellungskosten bei ca. 35 € bis ca. 100 €/m² zu begrünende Wandfläche (Stand 2020). Je nachdem wie hoch die Pflanzen wachsen dürfen, kommen ab einer Fallhöhe von 5 m noch Zusatzkosten für einen Hubsteiger für die wiederkehrenden Pflegeintervalle dazu.
Einige Städte und Kommunen bieten finanzielle Unterstützung für die Anlage von Fassadenbegrünungen. Weiterhin gibt es verschiedene KfW-Förderungen und Zuschüsse, z.B. das Bundesprogramm für effiziente Gebäude-Wohngebäude (BEG-WG).
Quintessenz: Fassade begrünen oder nicht?
Es gibt gute Gründe für Fassadenbegrünungen, aber auch einiges zu bedenken. Eine Fassadenbegrünung ist auf einen längeren Zeitraum angelegt und sollte gut überlegt und sorgfältig geplant werden. Schäden am und Ungeziefer im Haus sind vermeidbar. Bei der Direktbegrünung mit selbstklimmenden Pflanzen ist an Häusern besondere Vorsicht geboten. Mit diesen Pflanzen lassen sich aber unansehnliche Betonmauern wie Lärmschutzwände oder L-Steine oder auch abgestorbene Baumstämme begrünen.
Das Grün muss nicht unbedingt an die Fassade
Für diejenigen, die den direkten Kontakt von Kletterpflanzen mit der Fassade oder die Montage eines Ranksystems auf der Fassade vermeiden möchten, gibt es noch weitere Varianten einer vertikalen Begrünung.
Um die Aufheizung der Umgebungsluft durch die vollsonnige Fassade zu mindern, kannst Du auf eine vorgehängte Begrünung mit Drahtseilen zurückgreifen. Dabei wird die Rankhilfe oben an einem Dachüberstand angebracht und unten z. B. mit einem Erdanker befestigt. Eine andere Alternative ist ein freistehendes Rankgerüst vor der Wand für Kletterpflanzen oder Spalierobst.
Möchtest Du Trittsteinbiotope schaffen oder das Nahrungsangebot für Insekten erhöhen, dann kannst Du Laubengänge und Pergolen z. B. mit Tellmanns Trompeten-Geißblatt (Lonicera x tellmanniana) oder Chinesischem Blauregen (Wisteria sinensis) begrünen. Für Zäune eignen sich z. B. Stauden-Waldrebe (Clematis x jouiniana) oder Gewöhnlichen Hopfen (Humulus lupulus). Auch ein alter, abgängiger Baum erhält mit passenden Kletterpflanzen, wie Ramblerrosen oder Rostrote Reben (Vitis coignetiae), eine Aufenthaltsverlängerung. Auf Deinem Balkon oder der Terrasse bringst Du in Kübeln mit einjährigen Kletterpflanzen wie der Helmbohne (Lablab purpureus) oder der mehrjährigen Aufrechten Waldrebe (Clematis recta) Grün an die Wand.