Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Grünland & Futterbau

Vorbeugender Pflanzenschutz im Wirtschaftsgrünland – Vorsicht ist besser als Nachsicht

Auf Grünland sind artenreiche Mischbestände mit ausgewogenen Anteilen wertvoller Gräser, Kräuter und Leguminosen erwünscht. Sie sind in vielen Grünlandbetrieben die Grundlage für eine hohe Grundfutterleistung sowie eine wiederkäuergerechte Ernährung. Die Regulierung der Bestandszusammensetzung erfolgt hauptsächlich durch eine sachgerechte Bewirtschaftung und regelmäßige Pflege.

Folgende Zusammensetzung eines Grünlandbestandes ist erstrebenswert:

Gräser (60 % – 70 %)Leguminosen (10 % – 20 %)Kräuter (10 % – 20 %)
Deutsches Weidelgras
Knaulgras
Wiesenrispe
Wiesenschwingel
Wiesenlieschgras
(Wiesenfuchsschwanz)
(Rotschwingel)
Weißklee
Rotklee
Luzerne
Löwenzahn
Schafgarbe
Wiesenkerbel
Wiesenkümmel

Gräser und Kleeartige bringen den Hauptteil an Energie und Eiweiß in die Grundfutterration, Kräuter tragen u.a. zur Erhöhung des Mineralstoffgehaltes bei.

Unerwünschte Bestandsveränderungen treten oft aufgrund extremer Witterungsperioden auf oder können durch Schädlingsbefall ausgelöst werden. Häufig sind sie jedoch auch die Folge von Bewirtschaftungsfehlern.

Bewirtschaftungsfehler

Nutzung:

  • Die Schnitthöhe kann als möglicher Grund genannt werden. Zu tiefer Schnitt (unter 7cm) zerstört die Reservestoffspeicher der wertvollen Grasarten und führt damit zu ihrem Rückgang.
  • Oft passt die Intensität der Nutzung mit dem vorherrschenden Pflanzen-bestand nicht zusammen. Durch nicht angepasste Nutzung (und Düngung) reduziert sich der Anteil wertvoller Arten am Gesamtertrag.
  • Die Flächen werden teilweise bei zu hoher Bodenfeuchte befahren. Die hierdurch entstehenden Bodenverdichtungen führen zu Sauerstoffmangel im Wurzelbereich der flachwurzelnden leistungsstarken Gräser.
  • Ein Hauptgrund sind häufig Narbenverletzungen durch Erntemaschinen, Fahr- und Trittschäden sowie Weidereste. Diese sind zu vermeiden und Lücken nachzusäen.

Pflege:

  • Wenn die Bestände zu hoch in den Winter gehen, werden Schneeschimmel‐ und Mäusebefall gefördert.
  • Werden Maulwurfshügel nicht abgeschleppt, dann sind sie Eintrittspforten für Samenunkräuter.
  • Vorbeugenden Nach‐ und Übersaaten können dabei helfen, dass unerwünschte Arten in die Bestände einwandern. Unterbleiben sie, dann haben minderwertige Arten leichtes Spiel.

Düngung:

  • Weniger wertvolle Arten – wie bspw. die Quecke – werden durch steigende N-Gaben stark begünstigt. Eine zu hohe, nicht am Ertragspotential ausgerichtete N‐Düngung führt damit häufig zu einer Umschichtung der Bestände.
  • Narbenbedeckung durch Gülle‐Einzelgaben größer als 20m³/ha führen häufig zu Problemen.
  • Auch ein Ca, K, und/oder P‐Mangel bewirkt, dass vor allem die leistungsfähigen Futtergräser aus den Narben verschwinden und dadurch Raum für minderwertige Arten geschaffen wird.

Aber nicht alle sogenannten Unkräuter sind vollkommen wertlos oder gar schädlich und zu bekämpfen. Grundsätzlich ist hier zwischen zwei Unkrautgruppen zu unterscheiden.

Unkrautgruppen

Absolute Unkräuter sind Pflanzenarten, die in jedem Falle unerwünscht sind, weil sie die Tiergesundheit gefährden können (Giftpflanzen), die Nutzbarkeit des Aufwuchses einschränken (Beeinträchtigung der Konservierungseigenschaften), bei ungestörter Ausbreitung die Grasnarbe zerstören (Platzräuber), vom Weidevieh stets gemieden oder aufgrund ihrer niedrigen Wuchsform bei Schnittnutzung nicht erfasst werden (Ertragsverluste). Die Bekämpfungsschwelle liegt meist bei etwa 5 % Grünmasseanteil im Bestand. Zu dieser Gruppe gehören:

GiftpflanzenPlatzräuberBeeinträchtigung KonservierungErtragsverluste bei Weide
Sumpfschachtelhalm
Hahnenfuß
Sumpfdotterblume
Wiesenschaumkraut
Herbstzeitlose
Jakobskreuzkraut
Stumpfblättriger Ampfer
Krauser Ampfer
Vogelmiere
Stumpfblättriger Ampfer
Krauser Ampfer
Wiesenknöterich
Laucharten
Brennnessel
Ackerkratzdistel
Lanzettdistel
Sumpfdistel
Minze
Rasenschmiele
Seggen
Jährige Rispe
Gänseblümchen
Breitwegerich

Fakultative Unkräuter sind an sich wertvolle Arten (Würzpflanzen), die zum Unkraut werden, wenn sie einseitig Überhand nehmen und sich dann negativ auf Ertrag (Ertragsverluste) und/oder Futterwert (Beeinträchtigung der Konservierungseigenschaften) auswirken. Bekämpfungsschwellen für einzelne Arten sind schwer zu definieren, weil für die Einleitung von Maßnahmen eine Beurteilung des Gesamtbestandes notwendig ist. Die unten angeführten Frischmasseanteile kennzeichnen die Schwelle, ab der sich die genannten Pflanzen negativ auf den Gesamtbestand auswirken:

WürzpflanzenBeeinträchtigung KonservierungErtragsverluste
Schafgarbe (5 – 10 %)
Kümmel (5 %)
Wiesenknopf (10 %)
Kr. Hahnenfuß (10 %)
Löwenzahn (25 %)
Wiesenknöterich (10 %)
Löwenzahn (10 %)
Wiesenkerbel (10 %)
Wiesenpippau (10 %)
Kohldistel (5 %)
Quecke (5 – 20 %)
Honiggras (10 %)

Um die beschriebenen Negativeffekte zu vermeiden, müssen Bewirtschaftungsfehler möglichst vermieden bzw. rechtzeitig und konsequent Maßnahmen des Vorbeugenden Pflanzenschutzes durchgeführt werden. Alle Maßnahmen zur Förderung wertvoller oder zur Zurückdrängung minderwertiger Arten wirken einer Verunkrautung entgegen und gehören damit zum „Vorbeugenden Pflanzenschutz“.

Maßnahmen des Vorbeugenden Pflanzenschutzes gegen Unkräuter und Giftpflanzen im Dauergrünland

Mögliche Maßnahmen gegen
nebenstehende Problemarten
Ampfer-artenBären-klauBinsenBrenn-nesselDistelGemeine RispeHahnen-fußHerbst-zeitloseJakobs Kreuz-krautLöwen-zahnQueckeRasen-schmieleSchaf-garbeWeiche TrespeWiesen-kerbelWolliges Honiggras
erhöhte Schnitthäufigkeitxxxxxx
früher Schnittzeitpunktxxxxxxxxxxxxx
intensive Beweidungxxxxxx
Nachmahd bei Weidexxxxxx
Vermeidung v. Narbenverletzungxxxxxxxx
Vermeidung v. Bodenverdichtungxxx
Einschränkung der Gülledüngungxxxx
scharfes Eggen und Nachsaatx
höhere N-Düngungxx
Entwässerung, Drainagexxx
tiefer Schnittxx
Walzenx

Grundsätzlich ist jede Art von Bestandsregulierung aufwändig und teuer. Deshalb sind zunächst die Ursachen zu beseitigen, die zur Bestandsverschlechterung geführt haben. Weil neben den „Unkräutern“ meist auch wertvolle Arten mehr oder weniger stark beeinträchtigt werden, ist chemischer Pflanzenschutz auf das unbedingt notwendige Maß zu begrenzen. In der Regel werden selektive Herbizide eingesetzt, die möglichst den erhaltenswerten Restbestand, vor allem aber die Leguminosen und Kräuter, erhalten. Deshalb ist je nach Problemstellung eine gezielte Herbizidauswahl erforderlich.

Aktuelle Informationen zum Chemischen Pflanzenschutz finden Sie beim Pflanzenschutzdienst unter folgendem Link:

https://pflanzenschutzdienst.rp-giessen.de/

Neben den auf die Packungen aufgedruckten Produktinformationen und Gebrauchsanweisungen sind folgende Grundsätze zu beachten:

  • Vor einer Unkrautbekämpfung mit Herbiziden ist generell zu prüfen, ob nicht Einschränkungen durch Agrar‐Umwelt‐Programme vorliegen.
  • Durch gezielte Ausgleichdüngungen kann auf einseitig versorgten Grünlandbeständen erreicht werden, dass sich nach einer Herbizidmaßnahme die Grünlandnarbe wieder schnell schließt. Vor allem auf einseitig mit Stickstoff ernährten Grünlandflächen fehlen oft Kräuter und Leguminosen. Besonders mit Kalk, Kalium und Phosphat sind diese zu fördern.
  • Nach einer Behandlung sind generell Nachbehandlungen (Nachsaat*, Einzelpflanzenbehandlungen) erforderlich. Mit einer einmaligen flächigen Herbizidanwendung ist es nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, eine vorherrschende Verunkrautung vollständig zu beseitigen. Meist liegen die nachhaltigen Wirkungsgrade bei 75 – 90 %. Schon wenige Jahre nach einer einmaligen Flächenbehandlung kann der alte Verunkrautungsgrad wieder erreicht sein. Grundsätzlich sollten daher auch alle Maßnahmen der vorbeugenden Unkrautbekämpfung Berücksichtigung finden sowie Bewirtschaftungsfehler möglichst vermieden werden, um stabile Bestände zu erhalten und zu behalten.

*Empfehlungen dazu sind in den „Mischungs‐ und Sortenempfehlungen für die Ansaat von Wiesen und Weiden“ zu entnehmen. Diese finden Sie auf der Seite https://llh.hessen.de/pflanze/gruenland-und-futterbau/dauergruenland/mischungs-und-sortenempfehlungen/

 


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