Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Grünland & Futterbau

Qualität versus Quantität im Grünland – Konzepte vom Halm bis zum Trog

Das Grünland intensiver nutzen und durch höhere Energiegehalte im Grundfutter Kraftfutter einsparen – oder weniger häufig schneiden und Masse produzieren? Was gilt es bei der Bestandsführung im Grünland zu beachten und wie wirken sich entsprechende Grassilagen hinsichtlich der Fütterung konkret aus? Mit diesen Fragestellungen beschäftigte sich der diesjährige Odenwälder Grünlandtag.

Friedlind Schäfer, LLH Griesheim, und Milchviehhalter Georg Leidner erläutern den Einsatz von pH-Teststreifen und<br />Heißluftfritteuse als Werkzeuge des Controllings bei der Fütterung
Friedlind Schäfer, LLH Griesheim, und Milchviehhalter Georg Leidner erläutern den Einsatz von pH-Teststreifen und
Heißluftfritteuse als Werkzeuge des Controllings bei der Fütterung

Die Grundlagen zur Grünlandnutzung fasste Dr. Anna Techow (LWZ Eichhof) zusammen. So sinke mit steigender Nutzungsintensität die Anzahl vorkommender Arten. Liegt diese im Biotopgrünland häufig zwischen 40 und 60 Arten, so sind im intensiv genutzten Wirtschaftsgrünland meist noch 5 bis 10 Arten zu finden. Die intensive (Schnitt-) Nutzung fördere insbesondere die Gräser und verdränge gleichzeitig langsam wachsende Kräuter und Leguminosen, parallel dazu steige die Energiedichte im Aufwuchs. Ein gewisser Anteil Kräuter und Leguminosen im Bestand (je nach Nutzungsintensität sind jeweils ca. 10 – 20 % erwünscht) wirkt sich grundsätzlich positiv aus, z.B. durch die Erhöhung der Nutzungselastizität, der Schmackhaftigkeit und der Mineralstoffgehalte sowie durch die Fixierung von Luftstickstoff.

Von zentraler Bedeutung bei intensiver Nutzung sind möglichst dichte Narben, um hohe Trockenmasseerträge zu gewährleisten. Dabei ist das Einhalten der optimalen Schnitthöhe von 8 bis 10 cm unerlässlich, weil Arten wie Deutsches Weidelgras, Wiesenschwingel, Knaulgras, Wiesenlieschgras und auch Rotklee bei zu tiefem Schnitt an Regenerationsfähigkeit verlieren. Darüber hinaus sollten regelmäßig Nachsaaten mit geprüften und für die Region empfohlenen Sorten bzw. Mischungen eingeplant werden, um die Ertragsfähigkeit sicherzustellen.

Nährstoffversorgung im Grünland

Fritz Hartmann (LLH Griesheim) ging auf die Nährstoffversorgung im Grünland ein. Der optimale, anzustrebende pH-Wert im Grünland liegt unter vergleichbaren Bodenbedingungen etwas niedriger als im Ackerland. Viele Bodenprobeergebnisse der letzten Jahre zeigten, dass im Grünland eine deutlich schlechtere Grundnährstoffversorgung (insbesondere mit Blick auf den pH-Wert) vorliegt als auf Ackerland. Insbesondere der pH-Wert hat entscheidenden Einfluss auf die Verfügbarkeit der Nährstoffe und sollte daher mehr Beachtung finden. So kann es zwar sein, dass laut Bodenuntersuchungsergebnis Kalium und Phosphor in Gehaltklasse D liegen, die Pflanzen aber dennoch nicht ausreichend Nährstoffe aufnehmen können, wenn der pH-Wert z.B. in Gehaltsklasse B liegt und dadurch Nährstoffe im Boden festgelegt werden. Eine Gesundungskalkung ist hier die wichtigste Maßnahme zur Verbesserung der Situation. Bei vorwiegend organischer Düngung im Grünland sollte besonders zum ersten Aufwuchs eine mineralische Ergänzungsdüngung mit Stickstoff und Schwefel erfolgen, da diese Nährstoffe aus der Gülle bei noch kaltem Boden schlechter verfügbar sind.

Kosten der Grundfutterproduktion

Anhand einer Beispielkalkulation stellte Hartmann einen Kostenvergleich zwischen intensiver (5-Schnitt) und üblicher Nutzung (3-Schnitt) gegenüber. Die Kosten für Arbeitserledigung und Maschinen wurden auf Basis der Maschinenring-Richtpreise, die Nährstoffe nach Abfuhr mit Mineraldüngerpreisen sowie die Erträge und Ertragsanteile nach Düngeverordnung bzw. Richtwerten für Aufwuchsschäden (RP Kassel) ermittelt. Darüber hinaus wurden Kosten für die Einlagerung (Fahrsilo, Abdeckmaterial und Arbeitszeit, Silierverluste) und sonstige Kosten (Boden- und Gülleanalysen, Saatgut) berücksichtigt. Pacht und Prämien blieben unberücksichtigt. Folgende Annahmen wurden zugrunde gelegt (Tabelle 1):

Tabelle 1: Grundfutterkosten

3-Schnitt-Nutzung5-Schnitt-Nutzung
TM-Ertrag in dt/ha80110
TM-Gehalt35%43 %
Ertragsanteile der Schnitte50 | 30 |20 %30 | 25 | 20 | 15 | 10 %
Energiegehalte der Schnitte in MJ NEL/kg TM5,89 | 5,60 | 5,406,96 | 6,10 | 5,90 | 5,70 | 5,50
SonstigesJährlich 1x Schleppen und 1x Striegeln mit Nachsaat
zu jedem Schnitt Mähen + Wenden + Schwaden
Düngung organisch und mineralisch

 

Die damit ermittelten jährlichen Gesamtkosten pro Hektar führten umgelegt auf die Schnitte zu den Erzeugungskosten pro Tonne Frischmasse, pro Hektar und pro 10 MJ NEL des ersten Schnittes (Tabelle 2). Im Ergebnis liegen die Tonnagekosten bei der 3-Schnittnutzung unter denen der 5-Schnittnutzung. Die Energie (Kosten je 10 MJ NEL) wird bei der 5-Schnittnutzung günstiger produziert. Das setzt jedoch einen deutlichen Ertragsvorteil der 5-Schnittnutzung (hier + 30 dt TM/ha) bei gleichzeitig höheren Energiegehalten (hier + 1,07 MJ NEL/kg TM beim ersten Schnitt) im Vergleich zur 3-Schnittnutzung voraus.

Tabelle 2: Beispielkalkulation

Kostenposition3-Schnitt-Nutzung5-Schnitt-Nutzung
Arbeitserledigung€/ha                 1.017,68                 1.433,85
Nährstoffe€/ha                     451,11                     696,33
Einlagerung€/ha                     314,54                     404,10
Sonstiges€/ha                       60,00                       80,00
Summe pro ha€/ha                 1.843,33                 2.614,28
Entspricht Kosten je t€/t                       89,61                     113,55
Entspricht Kosten je t TM€/t TM                     256,02                     264,07
Entspricht Kosten je 10 MJ NEL (1. Schnitt)ct/10 MJ NEL43,4737,94
Entspricht Kosten je 10 MJ NEL (alle Schnitte)ct/10 MJ NEL44,9342,91

Rationsgestaltung bei unterschiedlichen Grassilagequalitäten

Friedlind Schäfer (LLH Griesheim) stellte besonders heraus, dass bei der Rationsgestaltung für Milchkühe unabhängig von den Futterqualitäten grundsätzlich die Anforderungen, die vom Wiederkäuer an das Futter gestellt werden, beachtet werden müssen. Die Pansenmotorik wird durch in der Pansenwand befindliche Mechanosensoren und vor allem durch grobe Futterpartikel stimuliert, deshalb muss stets auf eine ausreichende Raufutter- und Strukturversorgung der Kuh geachtet werden. Die Pansenzotten, die die Oberfläche der Pansenschleimhaut erheblich vergrößern und dadurch wesentlich für die Resorption der Verdauungsendprodukte aus dem Pansen ins Blut verantwortlich sind, verlängern sich bei längerer, energiereicher Fütterung. Die Steuerung der Wiederkautätigkeit erfolgt hauptsächlich durch den ADFom-Gehalt (= Summe aus Cellulose und Lignin) der Ration. Über den aNDFom-Gehalt (= Summe aus Hemicellulose, Cellulose und Lignin) der Ration lassen sich die Strukturversorgung, der Energiegehalt der Ration und die Futteraufnahme der Kuh beeinflussen. Die Energiedichte der Futtermittel und letztlich der Ration werden zudem durch die Anteile an Stärke, Zucker und Hemicellulose beeinflusst.

Schäfer wies darauf hin, dass durch den Erntezeitpunkt des ersten Aufwuchses und die Qualität des Grünlandbestandes, die stark abhängig von der Bestandsführung ist, maßgeblich die Qualität der Grassilage beeinflusst werden kann. In der Regel nehmen die ADFom- und aNDFom-Gehalte mit fortschreitender Alterung des ersten Aufwuchses zu. Die Energiedichte (MJ NEL) und auch die Eiweißgehalte nehmen ab. Wie Grassilagen (1. Schnitt) mit unterschiedlichen Qualitäten in Trogrationen (Teilmischrationen) mit einem Milcherzeugungswert von 30 kg und einem Anteil von über 55 % im Grundfutteranteil einzusetzen sind, wurde beispielhaft dargestellt.

Die Energiedichte im Beispiel beträgt im ersten Schnitt der 5-Schnittnutzung 6,96 MJ und bei der 3-Schnittnutzung 5,89 MJ NEL/ kg TM. In den Beispielsrationen wurden neben den Grassilagen Maissilage, Gerstenstroh, Wasser, Gerstenschrot, Rapsextraktionsschrot, MLF 204, Mineralfutter und Viehsalz eingesetzt. Die Tabellen (Excel 3) zeigen die Eck- und Zielwerte der Ration. Um die Strukturversorgung der Kühe sicherzustellen, muss in der Variante „5-Schnittnutzung 6,96 MJNEL/kg TM“ ein hoher Anteil an fein gehäckseltem Stroh oder Heu zugefüttert werden, um die Strukturversorgung zu sichern und eine Selektion dieser Komponenten am Trog möglichst zu vermeiden. Schäfer erläuterte, dass sehr hohe Rohproteingehalte (>17 % RP/kg TM), die häufig in sehr früh geschnittenen Silagen festzustellen sind, unbedingt durch entsprechende energiereiche Futtermittel im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Pansensynchronisation und zur Vorbeugung einer zu starken Leberbelastung durch den Eiweißüberschuss ausgeglichen werden müssen. Außerdem ist zu bedenken, dass in sehr früh geschnittenen Silagen das Rohprotein oft aus einem hohen Anteil NPN (Nicht-Protein-Stickstoffverbindungen) besteht, das von den Pansenmikroben nur unter erheblichem Verbrauch an Futterenergie umgebaut werden kann.

Tabelle 3: Rationen auf Basis unterschiedlicher Grassilagequalitäten

Futterart3-Schnitt-Nutzung5-Schnitt-Nutzung
Trogration für ca. 30 kg ML; Annahmen: frischmelkende Kühe, 650 kg LG, ML Herde ca. 9.000-10.000 kg
Bezeichnungkg FM kg FM
Grassilage (1. Schnitt)Grob.20,022,0
Maissilage (29 % Stärke, 6,45 MJ NEL)Grob.18,012,0
GerstenstrohGrob.0,100,75
Wasser3,07,0
RapsextraktionsschrotKraft.1,0 –
WintergersteKraft.1,83,0
Milchleistungsfutter (204)Kraft.5,03,0
MinFu (21 % Ca 0 % P)Mineral.0,070,1
ViehsalzMineral.0,020,03
Futterfrischmasse/Kuh und Tag, kg48,947,9
Zielwerte
Grobfutter-TM Aufnahme/Kuh und Tag1314
Kraftfutter -TM-Aufnahme/Kuh und Tag7,86,1
Energiegehalt der Ration, MJ NEL/kg TM6,726,99 > 6,7
nXP-Gehalt der Ration, g/kg TM154152145 – 155
RNB der Ration, g/ kg TM-0,51,2 – 1 bis + 1
Milch aus GF, kg13,517,5
Milch aus KF, kg16,612,9

An den Rationsbeispielen wird deutlich, dass die Erzeugung hoher Grobfutterqualitäten nach wie vor oberste Priorität haben sollte, um viel Milch aus dem Grobfutter zu melken und so Kraftfutter einzusparen.

Futterkosten bei unterschiedlichen Grassilagequalitäten

Wie sich unterschiedliche Grassilagequalitäten auf die Futterkosten auswirken, erläuterte Angela Mögel (LLH Griesheim). Nach Auswertung von Daten hessischer Arbeitskreisbetriebe entfallen 50 bis 60 % der Produktionskosten pro kg Milch auf die Futterkosten. Diese setzen sich aus Kosten für Grob- (Silagen, Heu, Stroh), Saft- (Biertrebersilage, Pressschnitzelsilage), Kraft- (Getreideschrot, Eiweißergänzer, Milchleistungsfutter) und Mineralfutter zusammen. Ein praktisches Controlling-Instrument in diesem Zusammenhang ist die Berechnung des IOFC (dt. Übersetzung = Einkommen nach Futterkosten in ct/kg ECM). Dieser sollte mehr als 60 % der Produktionskosten betragen. Zur Berechnung werden lediglich gut greifbare Daten benötigt, wie:

  • Anzahl gefütterter Kühe
  • Ladeliste Mischwagen
  • Kosten der Zukauffuttermittel
  • Kraftfuttermengen an AMS, Station
  • Tankmilchwerte
  • Milchpreis der letzten Abrechnung

Bei der Beispielsration ist der erster Schnitt der 5-Schnittnutzung unter den gegebenen Annahmen im ökonomischen Vorteil (Tab. Excel 4), denn:

  • 1,7 kg weniger KF/Kuh
  • 25 ct geringere Futterkosten/Kuh/Tag
  • à bei 100 Kühen = 25 €/Tag
  • 1 ct/kg ECM geringere Futterkosten
  • 60 g geringerer KF-Aufwand/kg Milch
  • IOFC à 4 ct/kg ECM höher, trotz höherer Tonnagekosten der Grassilage

Tabelle 4: Ökonomie einer Beispielration in 3-Schnitt-Nutzung und 5-Schnitt-Nutzung

3-Schnitt-
Nutzung
5-Schnitt-
Nutzung
Zielwert
* alle Futterkosten gleich, nur die Grassilagekosten unterscheiden sich in €/dt TM
Kraftfuttermenge kg FM/Kuh7,856,14
Futteraufnahme in kg TS/Kuh20,319,7
Kraftfutterverbrauch g FM/kg ECM261204250 – 280
Futtereffizienz kg Milch/kg TS1,481,521,4 – 1,6
Futterkosten (ct/kg Milch)*:16,515,7
Futterkosten €/Kuh:4,954,72
Futterkosten € für 100 Kühe:495472
IOFC (income over Feed Cost) ct/kg Milch28,532,3> 30 ct
Verhältnis Futterkosten zu Milchpreis36,732,6< 40 %
Einnahmen des Milcherlöses nach Abzug Futterkosten63,4067,40> 60 %

Praxisbericht: Management der Grassilageproduktion und Milchviehfütterung

Als Praktiker sprach Georg Leidner von der Gemeinschaftsstall Ober-Mossau GbR über das Ernte- und Fütterungsmanagement. In diesem Jahr erntete der Betrieb in Mittelgebirgslage den ersten Schnitt bereits am 7. April. Entscheidend für Leidner bei der Festlegung des optimalen Erntetermins ist das Entwicklungsstadium der bestandsbildenden Gräser, welches durch Aufschneiden des Halms und Kontrolle der Position der Ähre im Halm erfolgt. Diese Vorgehensweise zielt darauf ab, zum Erntezeitpunkt die größtmögliche Energiedichte im Bestand zu erreichen. „Bei einer unbeständig vorhergesagten Witterung mähen wir sogar lieber ein paar Tage zu früh, als mehrere Tage bis Wochen zu spät auf die Flächen zu kommen.“ Bereits zum Zeitpunkt der Ernte führt er ein intensives Controlling durch, indem er stündlich die Trockenmassegehalte des eingefahrenen Erntegutes ermittelt und daraufhin die Häcksellänge anpasst. Im Abstand von zumeist drei bis vier Wochen erfolgt dann die Ernte der Folgeschnitte, sodass auf den intensiv genutzten Grünlandflächen meist eine 5-Schnittnutzung erfolgt. In der Fütterung kommt die Grassilage derzeit mit einem Anteil von 60 % an der Grobfutter-Trockenmasse zum Einsatz. Zum kontinuierlichen Abgleich erfolgt auch hier regelmäßig eine Kontrolle der Trockenmasse am Silostock. Durch den Einsatz von per Mühle kurz geschnittenem Heu oder Stroh erfolgt der Strukturausgleich dieser energiereichen, aber faserarmen Silage. „Der Kurzschnitt des Rauhfutters ist für die Gesundheit der melkenden und trockenstehenden Kühe unerlässlich“, so die Beobachtung Leidners.

Fazit

Unter Zugrundelegung deutlich höherer TM-Erträge bei gleichzeitig höherer Energiedichte kann eine 5-Schnittnutzung des Dauergrünlands ökonomisch vorteilhaft gegenüber einer 3-Schnittnutzung sein. Zwar wird die Tonnage bei einer 3-Schnitt-Nutzung günstiger produziert, jedoch führt die energiereichere Silage bei 5-Schnitt-Nutzung durch den geringeren Bedarf an Kraftfutter zu günstigeren Gesamtfutterkosten. Für eine individuelle Übertragung dieser Ergebnisse auf Betriebsebene müssen jedoch die Standortvoraussetzungen (v.a. Ertragsfähigkeit, Niederschlag, Befahrbarkeit usw.) und die Arbeitswirtschaft betrachtet werden. Außerdem müssen die Silierqualität (Inhaltsstoffe, Gärsäuren, Schnittlänge) und die Rationsgestaltung so passen, dass die Kühe die Nährstoffe der Grassilage auch in Milchmenge umsetzen, um am Ende tatsächlich Kraftfutter einsparen zu können.


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