Obstbau
Frost setzt hessischen Obstkulturen zu – Ernteausfälle noch nicht abschätzbar
In den Nächten vom 21. bis zum 23. April 2024 gab es in Hessen großflächig mehrstündigen Bodenfrost und Luftfrost. Insbesondere am 23. April kam es in der Nacht bis in den frühen Morgen zu mehrstündigen Minustemperaturen. In den Tagen nach dem 23. April folgten noch Frostereignisse, die jedoch nicht ganz so schwerwiegend verliefen.
Neben den Frostereignissen waren die Obstkulturen in diesem Jahr weiteren besonderen Witterungseinflüssen ausgesetzt: Erwähnenswert sind hier der ungewöhnlich warme Februar, der die Entwicklung der Obstgehölze stark vorangetrieben hat. Der März verlief nicht außergewöhnlich, während in der ersten Aprilwoche höhere Temperaturen über dem langjährigen Mittel gemessen wurden. Ab Mitte April gab es einen deutlichen Kälteeinbruch zur Zeit der Befruchtung.
Das Ausmaß der Schäden unterscheidet sich nach Region, Lage, Obstart und -sorte und ist schwer abzuschätzen, da Frostfolgen bis zum Fruchtfall (im Mai / Juni) Auswirkungen haben können. Der Fruchtfall ist zudem, aufgrund von Extremwetterlagen 2024, in vielen Obstkulturen noch schwerer abzuschätzen, als in Durchschnittsjahren. Hier sind für 2024 Einflussfaktoren wie der frühe Saisonbeginn im Februar, die langanhaltende Feuchtigkeit, kühle Witterung zur bzw. nach der Blüte usw. zu nennen, die die Blüh- und Befruchtungsbedingungen ungünstig beeinflussen können bzw. bereits ungünstig beeinflusst haben.
Frost: Feuchtetemperatur ist entscheidend
Die drei Nächte mit Durchschnittstemperaturen (Trockentemperaturen) unter 0°C bis -6,2°C in 20 cm Höhe und in 2 m Höhe von bis zu -3,9°C führten zu Schäden im Kern-, Stein-, und Beerenobst mit unterschiedlichen Ausprägungen. Gemessen wurden diese Werte an den hessischen Wetterstationen, die in den relevanten Obstanbaugebieten stehen. Es wurden sehr große Temperaturschwankungen festgestellt. So wurden an einzelnen Standorten auch Temperaturen über 0°C gemessen. Ausschlaggebend für Schäden ist allerdings die Feuchtetemperatur. Diese variiert und ist abhängig von der Luftfeuchte. Sie liegt im Durchschnitt ca. 2°C (2 Kelvin) unter den gemessenen Trockentemperaturen. Das bezeichnet die tatsächliche Temperatur, die direkt an der Pflanzenoberfläche Schäden verursachen kann. Entscheidend ist hier zudem die Zeitdauer der Einwirkung durch Minustemperaturen.
Das Entwicklungsstadium lag je nach Obstart und -sorte und Region im Bereich abgehende Blüte bis junge Frucht. Zumeist waren die Obstbäume und Sträucher abgeblüht, nur wenige Apfelsorten befinden sich zurzeit noch in Blüte. Oftmals unbeachtet bleibt die Tatsache, dass die jungen Früchte noch frostempfindlicher sind als die Blüten. Somit befand sich der überwiegende Teil in einer sehr kritischen Phase für Frostschäden.
Frostschäden zeigen sich oft erst später
In Süd- und Mittelhessen kann man lediglich bei den äußerst frostempfindlichen Fruchtarten für manche Regionen schon Bilanz ziehen. Hier sind insbesondere Aprikosen in frostempfindlichen Lagen zu nennen, bei denen wir 100 % Ausfall zu verzeichnen haben. Das gilt auch für viele Zwetschensorten. Die Ausfälle in Äpfel durch Frost sind bisher als schwach zu bezeichnen. Es wird aber auch hier in frostgefährdeten Lagen erwähnenswerte Ausfälle geben, gerade in Kombination mit schon durchgeführten Ausdünnmaßnahmen sowie dem Befallsgrad durch den Apfelblütenstecher. Ein ähnliches Bild zeichnet sich hier bisher auch bei den Birnen ab.
Im Steinobst sind auf klimatisch ungünstigen Flächen stärkere Schäden zu finden. Zumeist ist hier – wie auch im Kernobst – das untere Drittel des Baumes stärker betroffen. Hier bleibt abzuwarten, inwiefern die klimatischen Besonderheiten bisher und in Kombination mit meist moderaten Frostschäden das Röteln der Kirschen verstärkt. Diese Aussagen gelten auch für Zwetschen. Bereits in früheren Jahren haben starke Aprilfröste bei ähnlichem Stand der Vegetation dazu geführt, dass die vermeintlich vom Frost unbeschädigten Früchte bei dem im Mai einsetzenden Fruchtfall trotzdem fielen.
In Erdbeerbeständen sind Frostschäden sofort zu erkennen
Erfrorene Erdbeerenblüten sind zeitnah nach einem Frostereignis zu erkennen (siehe Foto). Aus dem Hauptanbaugebiet für Erdbeeren in Südhessen werden im geschützten Anbau mit zusätzlicher Vliesabdeckung wenige bis keine Schäden registriert. Der Freilandanbau mit Vliesabdeckung und Frostschutzberegnung blieb ebenso weitestgehend verschont. Als Ausnahmen sind die Erdbeerflächen zu nennen, in denen eine Stroheinlage, keine Frostschutzberegnung und keine Abdeckung vorhanden waren. Hier sind große bis sehr große Schäden zu sehen. Trotzdem wird in Südhessen bis heute aufgrund der Frostereignisse nur mit geringen Ernteverlusten gerechnet.
Aus Nordhessen werden weitaus höhere Schäden gemeldet, die schon kurz nach den Frostereignissen festgestellt werden konnten. Hier wird zum Teil in Extremlagen von bis zu 100 % Ausfall in Apfel und Kirsche berichtet.
Fazit: Kein einheitliches Bild
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das überwiegend flächendeckende Frostereignis je nach Region, Lage und Obstart zu wenig bis sehr starken Schäden geführt hat. Betriebe, die ihre Flächen in frostgefährdeten Lagen haben, können teils hohe Schäden verzeichnen, andere wiederum verzeichnen moderate Schäden.
Im Blick auf die im Text dargestellten zahlreichen Einflüsse auf die Erntemengen gilt jetzt und in den kommenden Wochen die Stärke des Fruchtfalls abzuwarten, um verlässliche Aussagen hinsichtlich der Schäden zu treffen.
Stand 26.04.2024