Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Obstbau

Spinnmilben im Erwerbsobstbau

Zu den Gewinnern des Klimawandels mit zunehmend trocken-warmer Witterung im Frühjahr und Sommer zählen mitunter viele Spinnmilben-Arten. Ihre Familie umfasst circa 1.200 Arten, die teilweise spezialisiert auf eine Pflanzenart sind oder sich von mehreren Pflanzenarten ernähren können. Durch ihre stechend-saugende Ernährungsweise sind sie unter Zimmerpflanzenliebhabern und Gemüsegärtnern bekannt und gefürchtet. Spinnmilben ernähren sich polyphag von einer Vielzahl von Wirtspflanzen, was eine zielgerichtete Behandlung der Pflanzen erschwert, da Tiere von anderen Pflanzen aus umliegenden Lebensräumen immer wieder aufs Neue einwandern können.

In Obstkulturen können vor allem die Rote Spinne (Panonychus ulmi), auch unter Obstbaumspinnmilbe bekannt, und die Gemeine Spinnmilbe (Tetranychus urticae) oder auch Bohnenspinnmilbe, zu einer ernstzunehmenden Bedrohung werden. Da die Symptome beider Arten schwer voneinander zu unterscheiden sind und die Tiere so winzig, wurden früher beide Arten oft als Rote Spinne bezeichnet. Denn wie Spinnen haben ausgewachsene Tiere ebenfalls vier Beinpaare und die schnelle Fortbewegung erinnert ebenso an diese entfernten Verwandten. Zudem lassen sie sich vom Wind gerne auf benachbarte Pflanzen verbringen.

Sie befallen unter anderem Süßkirschen, Sauerkirschen, Pflaumen, Zwetschgen, Äpfel, Birnen, Stachelbeeren und Johannisbeeren und sind von hoher wirtschaftlicher Bedeutung. Besonders im geschützten Anbau, z.B. unter Regendächern kann es zu einer stärkeren Vermehrung kommen. Pro Jahr entstehen je nach Witterung etwa 5 bis 7 Generationen.

Symptome

Spinnmilbenbefall im Frühjahr

Mit Beginn des Blattaustriebs beginnen die Spinnmilben durch die stechend saugende Ernährungsweise Zellsäfte vor allem blattunterseits an Blattadern und Blattspreite aus den Zellen zu saugen. An jungen Triebspitzen kann es zu Blattdeformationen mit heller bis kupferfarbener Besprenkelung bis zur vollständigen Vertrocknung und vorzeitigem Blattabwurf kommen. Ein frühes Anzeichen neben der sprühartigen Besprenkelung ist eine feine Gespinstbildung blattunterseits, besonders stark ausgeprägt ist dies bei der Gemeinen Spinnmilbe.

Rote Spinne

Die Überwinterung der Tiere erfolgt im Eistadium. Im Winter lassen sich vorwiegend in Astabschnitten des 2- und 3-jährigen Holzes unzählige karminrote, runde Eier in lockerer Streuung in Knospennähe finden. Nur mit sehr starker Vergrößerung durch eine Kamera oder Lupe lässt sich auf diesen eine einsame Borste erkennen. Die Entwicklung zum adulten Tier dauert in etwa 4 Wochen

Die ausgewachsenen 0,4 bis 0,6 mm großen Weibchen sind von karminroter Farbe mit Borsten besetzt.

Gemeine Spinnmilbe

Diese Art überwintert als adultes Tier in geschützten Bereichen in Bodennähe. Nur während des Winters hat es eine rote Färbung. Bereits sehr früh im Jahr erfolgen erste Eiablagen während des Austriebs der Krautschicht. Die Eier sind von milchig-weißer Farbe. Erst zum Sommer befallen sie verstärkt die Baumkronen. Die adulten Tiere sind über die Sommermonate grünlich bis gelblich gefärbt mit seitlich dunkleren Flecken.

Integrierter Pflanzenschutz

In der Regel stellt sich im Freiland sehr bald eine Raubmilbenpopulation ein, die einen massenhaften Spinnmilbenbefall im Frühjahr oft verhindern kann. Raubmilben überwintern in Rindenritzen der Obstbäume oder an Wildgehölzen. Zusätzlich können nach befallsstarken Jahren Pflanzenteile (ggf. aus anderen Parzellen), die mit Raubmilben besiedelt sind, ausgelegt werden. Die Unterscheidung von Spinn- und Raubmilben sollte durch Fachkräfte erfolgen. Sprechen Sie uns gerne an!

Sollten sich während der Vegetationszeit, vor allem bei trockener Witterung, vermehrt Anzeichen eines verstärkten Befalls über die Schadschwelle hinaus an einzelnen Bäumen zeigen, ist schnelles und gezieltes Handeln gefragt. Ist der Befall erstmal im gesamten Bestand verbreitet, lässt sich dieser kurativ kaum beheben und führt zu vorzeitigem Blattfall.

Der Besatz von Raubmilben ist in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren und zu fördern. Raubmilben meiden trockene Standorte, was die Spinnmilbenvermehrung wiederum begünstigt. Schattenreiche, angrenzende Hecken haben sich daher als Nachrückort von Raubmilben bewährt.

Weitere Nützlinge gegen Spinnmilben sind Raubmilben der Arten Amblyseius degenerans oder Amblyseius californicus, Florfliegenlarven, schwarzer Kugelmarienkäfer (Stethorus punctillum), Blumenwanzen (Anthocoridae sp.), Taghafte oder Braune Florfliege (Hemerobiidae sp.).


Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag