Ökologischer Pflanzenbau
Nachlese: HumusKlimaNetz-Feldtag auf Hof Buchwald (Biobetrieb)
Am 20. August 2024 lud der Naturlandbetrieb Hof Buchwald der Familie Vogel in Nidderau zum Feldtag des HumusKlimaNetz ein. Auf den 110 ha Acker- und Grünlandfläche des Hofes wird unter anderem Getreide, Speisesoja, Silo- und Körnermais sowie Ackerfutter in Bio-Qualität angebaut.
Außerdem betreibt die Familie eine Bullenmast und hält Hühner in Mobilställen. Der Feldtag konzentrierte sich auf verschiedene Methoden des Zwischenfruchtumbruchs. Zusätzlich wurde ein ausgehobenes Bodenprofil im Luzernebestand erläutert und es erfolgte eine Feldansprache zum Zwischenfruchtbestand mit optimierter Saatgutmischung.
Luzerneanbau und Bodeneigenschaften
Die erste Station auf dem Feld war ein Luzernebestand, der als Maßnahmenfläche im HumusKlimaNetz gefördert wird. Diplomagraringenieur Rainer Vogel erläuterte den Teilnehmenden das ausgehobene Bodenprofil und die vorherrschenden Bodeneigenschaften. Er selbst ist mit den vorhandenen Bodenbedingungen von 80 Bodenpunkten bei einem Tongehalt von 25 bis 30 % zufrieden. „Der Ton ist unsere ,Sparkasse‘, wenn es um Wasserspeicherung und Kationenaustauschkapazität geht“, erklärte er. Trotz eines pH-Wertes von 6,8 sei der Kalk nicht immer verfügbar. Ein Test mit Salzsäure zeigte, dass der frei verfügbare Kalk erst ab etwa 1 Meter Bodentiefe aufschäumt.
Betriebsleiter Philipp Stelz ergänzte:
„Nach der Getreideernte grubbern wir klassisch zweimal, dann etablieren wir den Bestand. Wir haben den Eindruck, dass die Luzerne besser wächst, wenn wir zur Aussaat 1 bis 2 t kohlensauren Kalk mit 95 % CaCO3 pro Hektar ausbringen. Die Auswertungen aus dem Demonet-KleeLuzPlus-Projekt haben gezeigt, dass die Luzerneerträge ähnlich hoch wie bei Silomais sind. Die Luzerne ist zwar aufwändiger in der Ernte, dafür ist die Ertragssicherheit insbesondere in trockenen Jahren deutlich höher. Zudem profitieren wir von Stickstoff und einer wunderbaren Bodenstruktur für Folgekulturen. Mit dem Luzerneanbau bekämpfen wir erfolgreich verschiedene Wurzelunkräuter, z.B. den Distelbefall reduzieren wir so um bis zu 95 %”.
Moritz Böhm, Berater bei Bioland und Betriebsbegleiter im HumusKlimaNetz, verfolgte eine Luzernewurzel bis in etwa 1,30 m Tiefe und betonte: „Luzerne bildet auch in tieferen Schichten starke Wurzeln und speichert dort Kohlenstoff. Abgestorbene Wurzeln verrotten langsam und schaffen Bioporen, die man als ,Autobahnen‘ im Boden bezeichnen könnte. Diese Bioporen nutzen sowohl Regenwürmer als auch die Wurzeln der Folgekulturen, da sie Ober- und Unterboden verbinden. Bioporen könnten bis zu 30 Jahre bestehen bleiben, solange man sie nicht zerstört.“
Die teilnehmenden Praktiker merkten an, dass Luzernegras als Ackerfutter nicht überall gleich gut funktioniert. An manchen Standorten setzt sich Gras durch. Zudem berichteten sie von Problemen wie Leguminosen-Müdigkeit und Blattrandkäfer-Befall, die den Luzerneanbau erschweren. Eine gute Sortenwahl und die Impfung des Saatguts tragen zu einem besseren Feldaufgang bei.
Zweite Station: Zwischenfruchtbestand
Die zweite Station der Feldbegehung war ein Zwischenfruchtbestand.
Betriebsleiter Philipp Stelz erklärt: „Wir haben das Feld mit Gerste-Stoppeln vor der Aussaat einmal auf 15 cm Tiefe mit einer Doppelherzschare bearbeitet. Am 25. Juli säten wir die Zwischenfrucht mit einer Menge von 45 kg/ha aus. Dank der feuchten, warmen Witterung wuchs die Mischung in nur vier Wochen beeindruckend hoch. In der Mischung sind Zottelwicke, Ackerbohnen, Lupine, Sonnenblume, Ölrettich, Meliorationsrettich, Winterroggen, Rauhafer, Phacelia, Inkarnatklee, Winterrübsen, Sudangras und Ramtillkraut enthalten. Als Nachkultur im Jahr 2025 ist Körnermais geplant.”
Moritz Böhm: „Dieser Bestand gilt als optimierte Zwischenfruchtmischung, die speziell für das HumusKlimaNetz bei ,Camena Samen‘ gemischt wurde. Das Kriterium ist, dass ein großer Anteil der Mischungspartner ein starkes Wurzelwachstum aufweist. Die Wurzelbiomasse trägt zwei- bis dreimal mehr zum Humusaufbau bei als eine gleich große Menge oberirdischer Biomasse. Dieser Bestand zeigt deutlich, wie wichtig es ist, die Zwischenfrucht frühzeitig zu etablieren. Auch spät gesäte Zwischenfrüchte können noch viel Blattmasse bilden, doch die Wurzelbiomasse ist am größten, wenn die Pflanzen früh gesät wurden.“ Durch die Zwischenfruchtmaßnahme können 0,2 bis 0,55 t Kohlenstoff pro Hektar und Jahr zusätzlich fixiert werden. Zudem ist es eine Maßnahme, die jedes Jahr wiederholt werden kann.
Vorstellung Erfahrungen aus Projekt UMKREIS
Johanna Hoppe von der Universität Kassel stellte erste Ergebnisse aus dem Projekt „Zwischenfruchtumbruch und Stickstoffkreislauf (UMKREIS) 2022 – 2025“ aus dem Praxisforschungsnetzwerk Hessen vor. Ziel des Projektes ist es, den mit der Zwischenfrucht aufgenommenen Stickstoff im Boden-Pflanze-System zu halten und sicherzustellen, dass der Stickstoff zu Beginn der Vegetationsperiode in ausreichender Menge und pflanzenverfügbarer Form vorhanden ist. Dies ist besonders für ökologisch wirtschaftende Betriebe von Bedeutung, da es im Frühjahr oft zu einer Stickstoffsperre im Boden kommen kann.
Acht landwirtschaftliche Betriebe in Hessen sind an dem Projekt beteiligt. Sie testen an unterschiedlichen Standorten drei Umbruchvarianten (Pflug, Häufler, Frühjahrsumbruch) in Kombination mit zwei Zwischenfruchtmischungen (abfrierend und winterhart). Wie in Abbildung 7 dargestellt, ergaben sich daraus fünf Varianten, die im Streifenversuch auf den Betrieben ab der Zwischenfruchtphase 2022/23 etabliert wurden.
Der „Häuflerumbruch“ wurde mit einem Prototyp der Firma Treffler durchgeführt (Abb. 8 u. 9). „Die Zwischenfrucht wird beim Umbruch mit dem Häufler lebendig begraben“, erklärte Johanna Hoppe. „Sie stirbt langsam ab und bleibt bis zur Aussaat im nächsten Frühjahr liegen. Der Einsatzzeitpunkt liegt idealerweise kurz vor dem Frost, was im nassen Herbst 2022 über die acht Standorte hinweg eine Herausforderung darstellte. Der in der Biomasse gebundene Stickstoff wird in dieser Variante schrittweise und langsamer in die Bodenlösung zurückgeführt. Die durch das Häufeln entstehenden Dämme werden mit der Kreiselegge auseinandergezogen, bevor die Einsaat der Sommerung erfolgen kann.”
Der am Versuch beteiligte Ökolandwirt Christian Weber kommentierte die Herausforderungen der Umbruchverfahren: „Man setzt sich Ziele, aber die Witterung spielt nicht immer mit. Der richtige Zeitpunkt für den Umbruch ist entscheidend.“
Die Versuchsanlagen werden durch die Universität Kassel, Fachgebiet Ökologischer Land- und Pflanzenbau, wissenschaftlich begleitet. Dazu zählen u.a. die Durchführung von Bodenproben, Biomasseschnitten sowie die Ernte.
Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass der Winterumbruch mit Pflug oder Häufler in Bezug auf Verunkrautung und den Kornertrag der Nachfrucht auf den meisten Standorten vorteilhafter ist. Besonders der Häufler, der nur 30 % der Fläche in circa 8 cm Tiefe bearbeitet, stellt sich bei gleichen Ergebnissen als bodenschonendere Variante im Vergleich zum Pflug dar. Der nicht-wendende Frühjahrsumbruch wirkt sich negativ auf dem Ertrag aus, eine wichtige Rolle spielt hierbei der erhebliche Unkrautdruck und niedrigere mineralische Stickstoffgehalte bis 90 cm Bodentiefe. Denn es zeigte sich, dass die Pflanzen den mineralischen Stickstoff bei den Varianten Pflug und Häufler bis 90 cm Bodentiefe über die Vegetationsperiode nutzen können, besonders auf tiefgründigen Standorten. Auf sandigeren Böden zeigen sich keine bis sehr geringe Ertragsunterschiede zwischen den Varianten, was höhere N-Verluste während des Winters bei Pflug und Häufler vermuten lassen. Für diese Standorte könnte eine winterharte Zwischenfrucht mit Frühjahrsumbruch besser geeignet sein.
Um die Wirkung der Umbruchverfahren auf den Stickstofftransfer und die Nachfruchterträge umfassender bewerten zu können, werden auch die Kornerträge des zweiten Nachfruchtjahres gemessen. Ein zeitgleich stattfindender Parallelversuch auf der Domäne Frankenhausen bietet eine wertvolle Ergänzung, um die Stickstoffverlustmengen und -zeitpunkte der verschiedenen Varianten durch erweiterte Messmethoden zu quantifizieren.
Mehr Informationen zum Projekt UMKREIS und zum PFN Hessen unter:
https://www.pfn-hessen.de/portfolio-item/projekt-umkreis/.
„Was passiert nach dem Zwischenfruchtumbruch mit der organischen Substanz?“
Dr. Christopher Brock vom Forschungsring e.V. zeigte in seinem Vortrag die Humusbilanzen der Zwischenfrüchte auf den im Praxisforschungsnetzwerk-Projekt beteiligten Betrieben auf: „Die Humusbilanzen sind wie zu erwarten bei allen Zwischenfruchtvarianten positiv, bei den abfrierenden jedoch am höchsten. Das liegt nicht nur am Biomasseertrag, sondern auch am höheren Leguminosen-Anteil in diesen Mischungen.“
Ein Zwischenfruchtumbruch mit Pflug oder Häufler vor dem ersten Frost führte auf den Betrieben zudem zu höheren Erträgen der Folgekultur, also zu einer besseren agronomischen Leistung. Die Humusbilanz der Sequenz Zwischenfrucht + Getreide war jedoch geringer als bei Varianten mit winterharten Zwischenfrüchten. Das Getreide konnte mehr Stickstoff aus der Mineralisierung organischer Substanz nach abfrierenden Zwischenfrüchten aufnehmen als bei den Varianten mit winterharten Zwischenfrüchten. Dadurch unterscheidet sich die Bilanz von der Betrachtung der Zwischenfruchtmischungen allein.
Der Agrarwissenschaftler erläuterte: „Beim Humusaufbau geht es nicht darum, Kohlenstoff zu deponieren, sondern um ein lebendiges System, welches fast alle Bodenfunktionen wesentlich beeinflusst. Eine bessere Versorgung mit organischer Substanz führt daher idealerweise zu besseren Bodenfunktionen und sollte auch im Ertragsniveau sichtbar werden.” Dies müsse bei der Bewertung von Humusbilanzen immer berücksichtigt werden. Zudem sei es wichtig, nicht nur den Kohlenstoff, sondern auch den Stickstoff im Auge zu behalten, da das vergleichsweise enge C:N-Verhältnis der organischen Bodensubstanz letztendlich die Speicherung von C begrenze. „Nur mit Kohlenstoff kann man keinen Humus aufbauen”, betonte Dr. Brock den Teilnehmenden gegenüber. Für den Aufbau von Humus müsse nicht nur die C-, sondern auch die N-Bilanz im System Boden-Pflanze über die Fruchtfolge hinweg mindestens ausgeglichen sein.
In einem weiteren Vortrag stellten Lisa Fröhlich und Robert von Klitzing, beide vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), die Klimaschutzberatung des LLH vor. Betriebliche Stellschrauben zur Reduzierung der produktionsbedingten Treibhausgasemissionen und die positiven Aspekte des Humusaufbaus auf die eigene Klimabilanz sowie aktuelle Tätigkeiten in den Bereichen Zwischenfruchtaussaat per Drohne, Kichererbsen-Anbau in Südhessen und die Rolle von Gehölzen im Klimaschutz und der Klimaanpassung wurden im Vortrag dargestellt. Im Rahmen des Klimaplans Hessen steht das Beratungsangebot allen hessischen Betrieben kostenfrei zur Verfügung.
Mehr dazu unter: https://llh.hessen.de/umwelt/klimaschutz
Hintergrund HumusKlimaNetz:
Das Modell- und Demonstrationsvorhaben HumusKlimaNetz umfasst 150 landwirtschaftliche Betriebe in ganz Deutschland. Die teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirte – von denen die Hälfte ökologisch, die andere konventionell wirtschaftet – setzen in dem auf zehn Jahre angelegten Projekt verschiedene Maßnahmen zum Humusaufbau um. Ein zentraler Aspekt ist der Wissenstransfer sowohl innerhalb des Projektes als auch über die teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirte hinaus. Geleitet wird das Projekt vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) und dem Deutschen Bauernverband e.V. (DBV), das Thünen-Institut begleitet das Vorhaben wissenschaftlich. Die Förderung des Projektes erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Die erste Projektphase läuft bis Ende 2027.