Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Pflanzenschutz

Beratung zum Einsatz von Nützlingen im geschützten Anbau

Um die Produktion im geschützten Anbau von Gemüse, Obst und Zierpflanzen umwelt- und ressourcenschonender zu gestalten und den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln (PSM) zu minimieren, werden vermehrt Nützlinge eingesetzt. Auch die immer eingeschränktere Auswahl an zugelassenen PSM ist ein Grund, zunehmend auf biologische Alternativen zu setzen. Die Anzahl der Betriebe in Hessen, die Nützlinge nutzen (wollen), wächst beständig. Das Beratungsteam „Gartenbau“ vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) berät zum biologischen Pflanzenschutz im geschützten Anbau (Gewächshäuser, Folientunnel) und verstärkt auch im Verkaufsbereich von Gärtnereien und Gartencentern.

Nicht nur Insekten und Milben als Gegenspieler von Schädlingen finden Verwendung, auch Bakterien oder Pilze, welche in Form von biologischen Pflanzenschutzmitteln beispielsweise Raupen oder Weiße Fliegen reduzieren können, gehören dazu.

Adulte Weiße Fliege (Bemisia tabaci)

Die Beratungsarbeit beinhaltet unter anderem das Erstellen von betriebsindividuellen Nützlingsstrategien in den verschiedenen Kulturen. Auch die Bestandskontrollen zum Anpassen der Einsatzpläne auf aktuelle Entwicklungen während der Kulturzeit nehmen einen erheblichen Teil der Arbeitszeit ein. Anpassen kann bedeuten, dass zum Beispiel ein Parasitoid durch das Ausbringen eines Räubers ergänzt wird oder ein anderer Nützling zum Einsatz kommt, der an die vorherrschenden Witterungsbedingungen besser angepasst ist. Manchmal ist es auch erforderlich, eine Behandlung mit einem nützlingsintegrierbaren Pflanzenschutzmittel zu empfehlen, um die Ernte abzusichern.

Beispiele aus dem Zierpflanzen- und Fruchtgemüsebau

Im Zierpflanzenbau muss der Einsatz protektiv, also vorbeugend, erfolgen. Blätter oder Blüten mit auch nur leichten Schäden oder Verschmutzungen durch Schaderreger werden im Verkauf nur sehr eingeschränkt bis gar nicht toleriert. Zudem führen nicht nur Schädlinge, sondern auch Nützlinge bei Kundinnen und Kunden zu einer geringeren Akzeptanz, wenn sich diese sichtbar auf der Pflanze befinden.
Im Zierpflanzenbau ist die Schlupfwespe Encarsia formosa bedeutsam. Sie parasitiert die Puparien der Weißen Fliege, ein bedeutsamer Schaderreger in der Produktion von Weihnachtssternen, aber auch in verschiedenen Arten des Beet- und Balkonpflanzensortimentes.

Insbesondere im Fruchtgemüse ist der Einsatz von Nützlingen ein etablierter Bestandteil der Pflanzenschutzstrategie – sowohl im ökologischen als auch im konventionellen Anbau. Nützlinge werden protektiv und kurativ eingesetzt. Hier kommen verschiedene Raubmilben gegen Thripse und Spinnmilben zum Einsatz sowie auch Mischungen einiger Schlupfwespenarten gegen verschiedene Blattlausarten.

Erfolg kann von den klimatischen Bedingungen abhängen

Am Beispiel der Spinnmilbe wird deutlich, dass genaue Kenntnisse der Biologie der Schaderreger wie auch deren Gegenspielern notwendig sind, insbesondere hinsichtlich der Temperaturansprüche und der Luftfeuchtigkeit. Häufiger werdende heiße und trockene Sommer begünstigen das Auftreten von Spinnmilben, insbesondere in Gurken oder Auberginen.

Spinnmilben können zu einem Totalausfall der Kultur führen. Sie vermehren sich schnell bei niedriger Luftfeuchtigkeit und hohen Temperaturen. Raubmilben hingegen brauchen eine relative Luftfeuchtigkeit von mindestens 60 % und Temperaturen unter 30 °C, um sich schneller als die Spinnmilben zu entwickeln und sie somit unter Kontrolle halten zu können. Gerade in Folientunneln sind eine hohe, nützlingsfördernde Luftfeuchtigkeit und eine Absenkung der Temperatur ohne zusätzliche Maßnahmen oft nicht zu erreichen. An dieser Stelle arbeiten die Nützlingsberatungskräfte eng mit den Beratungskräften aus Anbau oder Technik zusammen, um für den Betrieb passende und umsetzbare Maßnahmen zu entwickeln. Diese können sein:

  • Schattieren mit Netzen, welche über die Tunnel gelegt werden
  • Besprühen des Tunnels mit Schattierfarbe
  • Anlegen einer Graseinsaat im Tunnel
  • Einbau von Nebeldüsen

Nützlingseinsatz im geschützten Beerenobstanbau

In einem Betrieb mit Beerenobstanbau wurde ein Teil der Himbeertunnel mit Gras eingesät. Andere Tunnel waren mit Mypex-Folie ausgelegt. Beide Tunnelvarianten wurden hinsichtlich Luftfeuchtigkeit und Temperatur miteinander verglichen (Abb. 1).

Abb. 1: Beispielhafter Temperaturverlauf und Luftfeuchteentwicklung im Laufe eines Tages in einem Tunnel. In einem Tunnel ist schwarze Mypex-Folie auf dem Boden, im anderen Tunnel wurde Gras in den Wegen eingesät.

Deutlich wird, dass im Tunnel mit Mypex-Folie die Luftfeuchte an diesem Tag bereits ab 9 Uhr unter den erforderlichen 60 % lag. Erreicht wurde diese erst wieder ab 18 Uhr. Im Tunnel mit Graseinsaat waren die für einen erfolgreichen Raubmilbeneinsatz erforderlichen 60 % Luftfeuchtigkeit durchgängig gegeben.
Die Entscheidung, welches System sinnvoll ist, muss trotz des positiven Effektes der Graseinsaat betriebsindividuell getroffen werden. Eine Fortsetzung des Projektes mit der Obst- und Gemüsezentrale Rhein-Main (OGZ) ist in Planung.

Zudem haben von 2019 bis 2023 Beratungskräfte des LLH mit der OGZ und verschiedenen Anbietern von Nützlingen in dem Projekt „Einsatz von Nützlingen im geschützten Anbau von Erdbeeren“ zusammengearbeitet. Dabei konnten wertvolle Informationen zusammengetragen werden. Zum Beispiel, mit welchem Blattlausräuber bessere Erfolge erzielt werden können, welche Schlupfwespen sich besser zur Parasitierung welcher Blattlausart eignen, welche Aufwandmengen an Raubmilben notwendig sind oder welche Ausbringungsformen sich im Betrieb am besten etablieren lassen.


Dieser Beitrag stammt aus dem LLH-Jahresbericht 2023. Den gesamten Bericht finden Sie hier.

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