Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Geflügel

Hitzestress bei Legehennen

10 Dinge, die bei Hitzestress zu beachten sind

In der Legehennenhaltung ist Hitzestress ein ernstzunehmender, negativer Zustand. Die Reduktion des Körpergewichtes, Legeleistung und Eiqualität können Folgeerscheinungen sein.

Eine hormonelle Umstellung, die den Eintritt in die Brütigkeit oder Mauser hervorruft, kann darüber hinaus ausgelöst werden. Im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren, die das Tier schwächen, können Federpicken, Kannibalismus, sowie eine erhöhte Erkrankungs- und Mortalitätsrate vorkommen.

Legehennen mit abgespreizten Flügeln bei Hitze in einem Stall
Anzeichen für Hitzestress: Hecheln und Flügel abspreizen
Legehennen mit geöffneten Schnäbeln bei Hitze in einem Stall
Herde mit Schnabelatmung

Die thermoneutrale Zone von Geflügel liegt etwa zwischen 16 und 21 °C. Adulte Hühner mit intaktem Gefieder tolerieren aber auch problemlos niedrigere Temperaturen, wobei entsprechend dem gesteigerten Erhaltungsbedarf die Futteraufnahme ebenfalls ansteigt. Problematisch dagegen sind Temperaturen über 27 °C, die zum Hitzestress führen. Hühner besitzen keine Schweißdrüsen und können daher nicht schwitzen. Sie versuchen den Körper durch Abspreizen der Flügel und Hecheln zu kühlen.

Der Enthalpiewert gibt durch die Berücksichtigung von Temperatur (°C) und der relativen Luftfeuchte (%) Aufschluss auf die Wärmebelastung der Luft. Sind in den Sommermonaten Enthalpiewerte in der Außenluft von 67 kJ / kg und darüber zu erwarten, sind Maßnahmen einzuleiten, um hitzebedingte Verluste zu vermeiden. Der Enthalpiewert von 67 kJ / kg wird beispielsweise bereits bei 25 °C Außentemperatur und 80 % relativer Luftfeuchte erreicht. Das entspricht z.B. 27 °C Temperatur bei 70 % relativer Luftfeuchtigkeit. Die Abfrage der Klimadaten für den jeweiligen Standort sollte regelmäßig erfolgen. Entsprechende Apps können hilfreich sein.

Im Folgenden werden 10 Themenbereiche angesprochen, die in Hitzeperioden Beachtung finden sollten, um die Tiere vor Hitzestress und zusätzlichen Stressfaktoren zu bewahren. Dabei müssen Ökobetriebe hinsichtlich der Wasser- und Futterzusätze, sowie bei Appetitanregern grundsätzlich auf die Zulassung achten.

1. Tierbetreuung

Bei Hitzestress sollten die Tiere keinem zusätzlichen Stress ausgesetzt sein. Daher empfiehlt es sich, die Tierbetreuung morgens oder abends bei gemäßigter Temperatur durchzuführen. Bei Auffälligkeiten im Verhalten der Tiere oder bei den Leistungsparametern sollte sofort entsprechend reagiert werden. Ggf. den Tierarzt oder die LLH Geflügelberatung um Rat fragen.

Junghennen, die im Sommer eingestallt werden, haben oft ein geringeres Körpergewicht, da aufgrund von Hitzestress weniger Futter aufgenommen wurde. Auch der lange Tageslichttag und der Transport können Einfluss nehmen. Daher wäre es im Fall von jüngeren Hühnern, die in die Legeperiode starten und bis ca. Lebenswoche 30 noch an Körpergewicht zunehmen, trotz Hitzestress wichtig, mehrmals täglich nach den Tieren zu schauen, um negativen Folgen von Hitzestress direkt entgegenwirken zu können.

2. Nährstoffausdünnung vermeiden

Legehennen haben unter Hitzestress eine reduzierte Futteraufnahme. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass das Futter, was aufgenommen wird, nicht noch zusätzlich ausgedünnt wird. Dies kann beispielsweise vorkommen, wenn ein neuer Auslaufbereich mit hohem Aufwuchs bereitgestellt wird. Es würde den Verdauungsapparat und den Erhalt der Leistung fördern, wenn neue Auslaufbereiche in den Sommermonaten vor Bereitstellung für die Legehennen gemäht werden. Vielleicht wäre es sogar vorteilhaft, in Perioden mit Hitzestress pelletiertes Futter zu verwenden, damit die benötigte Nährstoffdichte durch Ausschluss von Selektion einfacher in die Tiere gelangt.

3. Schmackhaftigkeit vom Futter erhöhen um Futteraufnahme zu steigern

Legehennen lieben angefeuchtetes Futter. Daher wäre es eine Maßnahme in Zeiten von Hitzeperioden zusätzlich Legehennenalleinfutter mit Wasser anzufeuchten. Das Ansäuern des Futters durch organische Säuren ändert den Futtergeschmack und kann die Futteraufnahme- sowie Verdauung fördern. Magermilchpulver oder Molkenpulver enthalten Eiweiß, Vitamine, Mineralstoffe, Milchsäure und Zucker, was eine geschmackliche Veränderung des Futters bewirkt und gerne gefressen wird. Salze im Futter wie NaCl und/oder Natriumbicarbonat können die Futter- und Wasseraufnahme steigern, wobei der Kot wässriger werden kann. Der Gewürzstoff Oregano im Futter wirkt appetitanregend und darmstabilisierend. Als Managementmaßnahme könnte die Futterkette öfter ohne Nachlaufen von Futter (wenn technisch möglich) angeschaltet werden, da dies durch das vertraute Geräusch zur Futteraufnahme animiert.

4. Futterzusätze

Bierhefe hat ein für die Legehenne geeignetes Aminosäuremuster. Zudem fördert Bierhefe durch den hohen Gehalt an ß-Glukanen das Immunsystem.

5. Bereitstellung von Tränkewasser

Legehennen in einem Stall mit Rundtränke
Rundtränke im Kaltscharrraum

Üblicherweise liegt die Wasseraufnahme je nach Stalltemperatur zwischen 180 – 230 ml je Tier und Tag. Das Wasser/Futterverhältnis liegt bei ca. 1,5-2:1. Bei Temperaturen ab 26 °C schnellt das Verhältnis von Wasser/Futter auf 2,5:1 und mehr hoch. Besonders zu beachten ist, dass die Wassertemperatur, beispielsweise durch große Vorratsbehälter, nicht zu warm wird. Ist das Wasser stark erwärmt, mindert dies die Wasseraufnahme. Zudem wird die Bildung des Biofilmes (Ansammlung von unterschiedlichen Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Algen) gefördert. In Hitzeperioden kann die Bereitstellung von offenem Wasser, beispielweise durch Rundtränken, die im Kaltscharrraum angebracht sind, Hitzestress reduzieren. Hier ist es sinnvoll, die Rundtränken gezielt, z.B. erst am Nachmittag in Betrieb zu nehmen, wenn die Eiablage im Stall abgeschlossen ist. Auch bei den zusätzlichen Tränken steht die Hygiene an erster Stelle (siehe Wasserzusätze). Zudem muss im Falle einer medizinischen Behandlung über das Tränkewasser darauf geachtet werden, dass die Zusatztränken entweder nicht aktiv sind oder diese ebenfalls in die Medikamenten-Dosierung eingebunden sind.

6. Wasserzusätze

Grundsätzlich soll Tränkewasser frisch, rein und unbelastet sein; entsprechend der Trinkwasserqualität. Organische Säuren, wie Zitronensäure, Obstessig oder Brottrunk senken den pH-Wert und minimieren mineralische Ablagerungen in der Tränkeleitung. Laugen wie Chlorverbindungen oder Wasserstoffperoxid können Biofilme reduzieren. Die Tränkewasserhygiene durch entsprechende Zusätze oder Kombinationen aus Zusätzen sollte nicht nur in Hitzeperioden Standard sein, denn Wasser ist das wichtigste Nahrungsmittel für die Legehennen.

Neben Wasserzusätzen, die der Tränkewasserhygiene dienen, kann in Zeiten von Hitzestress in Absprache mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt Ascorbinsäure (Vitamin C) oder Vitamin C enthaltene Wasserzusätze über die Tränke verabreicht werden. Hierbei ist zu klären, ob die Zusätze, die der Hygiene dienen, in der Zeit abgesetzt werden, oder weiterhin parallel gegeben werden können. Zitronensäure, die der Hygiene dient, kann ggf. auch statt oder zusätzlich zu Vitamin C gegen Hitzestress zum Einsatz kommen. Dabei geht es darum, einer durch Hecheln (Hyperventilieren) hervorgerufene respiratorische Alkalose vorzubeugen. Säuren gegen Hitzestress sollten bereits 3 Tage bevor die Hitzeperiode startet verabreicht werden und auch noch einen Tag darüber hinaus. Säuren können übrigens die Darmstabilität und die Calciumaufnahme für die Eischalenbildung fördern. Da dem Körper bei Hitzestress auch Salze abhandenkommen, wird empfohlen NaCl und/oder Natriumbicarbonat (was auch den Appetit fördert) oder Elektrolyten, was neben anderen Mineralien Natrium enthält, unterstützend zu verabreichen.
Magnesiumsulfat in Kombination mit Traubenzucker wird häufig von Tierärzten angewendet, wenn Herden sich in Stresssituationen befinden.

7. Stallluftqualität

Bei hohen Temperaturen spielen hinsichtlich der Stallluft mehrere Parameter eine Rolle. Da es trocken ist, steigt der Staubanteil in der Luft an. Dieser könnte durch eine Wasservernebelungsanlage (Sprühkühlung) minimiert werden. Zusätzlich würde durch die Verdunstungskälte die Stalluft um mehrere °C absinken, was deutlich spürbar und angenehm ist. Bei einer Sprühkühlungsanlage muss allerdings auch penibel auf die Hygiene geachtet werden, krankmachende Keime dürfen sich auf keinen Fall in den Leitungen ausbreiten, da diese ansonsten buchstäblich bei Betätigung der Sprühkühlung in der Stalluft verteilt werden und eingeatmet werden können. Bei den Schadgasen machen in Hitzeperioden Ammoniak und Kohlenstoffdioxid Probleme. Ammoniak bildet sich in der Einstreu und Kohlenstoffdioxid reichert sich an, wenn Sauerstoff durch die Atmung verbraucht wird. Daher ist es besonders wichtig, zu lüften und einen Luftaustausch zu gewährleisten. Einige Betriebe öffnen im Sommer die Stalltüren, um Frischluft in den Stall strömen zu lassen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass durch die geöffneten Türen warme Luft in den Stall gelangt, vor allem wenn auch noch die Sonne direkt hineinscheinen kann. Da Ställe über eine Isolierung und Lüftung verfügen,ist das Aufstellen von Türen nicht zu empfehlen. Das regelmäßige Entmisten der Kotbänder und auch die Regulierung der Einstreu können zu einer verbesserten Luftqualität und somit zum reduzierten Hitzestress beitragen.

8. Beschattung

Wenn möglich sollte kein direktes Sonnenlicht in den Nestbereich gelangen. Gerade in Stresssituationen könnte eintreffendes Sonnenlicht in das Nest Kloakenkannibalismus fördern. Im Auslauf sollten sich schattige Plätze befinden. Diese können durch Anpflanzungen wie Büsche, Bäume oder Energieplantagen umgesetzt werden. Künstliche Unterstände und PV-Anlagen können ebenfalls Schatten spenden. Mobile Ställe sollten, wenn möglich, in den Sommermonaten auf beschattete Flächen gefahren werden, ggf. den Stall selber in den Schatten stellen.

9. Parasitenmanagement

Die Rote Vogelmilbe kann sich in Legehennenhaltungen bei hohen Temperaturen besonders gut vermehren und ausbreiten. Die lästigen Parasiten befallen vor allem nachts das Huhn, um Blut zu saugen. Federlinge sind in kommerziellen Haltungen nie Thema gewesen. Mittlerweile breiten sie sich aus. Federlinge leben permanent auf ihrem Wirt. Sie halten sich primär auf der Haut und hautnah auf den Federn auf und ernähren sich von Hautschuppen und der Aminosäure Kreatin, woraus Federn unter anderem bestehen.
Die genannten Parasiten sprechen auf die üblichen Bekämpfungsmaßnahmen, wie Gesteinsmehl/Silikat, gleichermaßen an. Das Aufkommen größerer Populationen der stressauslösenden Parasiten muss unbedingt unterbunden werden, was ein regelmäßiges Monitoring zwingend notwendig macht.

10. Impfungen

Impfungen sollten in einem Abstand zu einer Hitzeperiode erfolgen und niemals während einer Hitzeperiode. Bei einer Impfung kommt es je nach Herde und Impfung mal mehr und mal weniger zu Impfreaktionen. Impfreaktionen sind normal und es ist gewollt, dass das Immunsystem sich mit dem Impfstoff auseinandersetzt, damit Antikörper gebildet werden. Allerdings kann diese Impfreaktion bei Tieren zu Schwäche und verminderter Futter- und Wasseraufnahme führen. Dies ist fatal, da in Zeiten einer Hitzeperiode aufgrund von verminderter Futteraufnahme die Nährstoffe für den Erhaltungsbedarf und zusätzlicher Eiproduktion sowieso knapp sind. Nährstoffdefizite können rasch zu Stress und somit zum Beginn von Federpicken und Kannibalismus führen. Zusätzlich kann es zum Einbruch der Legeleistung oder Einbußen der Eiqualität kommen.

Fazit

Die Sammlung der vorgestellten Maßnahmen zur Reduzierung von Stress in Hitzeperioden oder zum präventiven Gesundheitsmanagement sollen einen Überblick geben. Jede Herde und jede Hitzeperiode verhält sich unterschiedlich. Sie als Tierbetreuer haben aber viele Handlungsoptionen, um Ihre Herde gezielt zu unterstützen und gut durch die Extremwetterlage zu begleiten.


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