Herdenschutz
Mit Abstandhaltern (Langstiel-Isolatoren) konventionelle Festzäune sicherer machen
Langstiel-Isolatoren, auch „Abstandhalter“ oder „Langschaft-Isolatoren“ genannt, werden schon länger im Weidezaunbau verwendet. Dienten sie bislang vor allem der nachträglichen Elektrifizierung von älteren, nicht mehr hütesicheren Knotengeflechtzäunen (Wildgatterzäune), kommen sie heutzutage auch im Herdenschutz zum Einsatz. Was es bei der Beschaffung und Montage zu beachten gilt, erklärt Arnd Ritter.
Bewährter Einsatz von Langstielisolatoren an Festzäunen
Die nachträglich montierten Elektrolitzen in Langstiel-Isolatoren halten die Weidetiere sicher auf Abstand („Abstandhalter“) zum Zaun. So kann die Hütesicherheit alter oder demolierter Festzäune mit relativ geringem Aufwand verbessert bzw. verlängert werden. Das ist besonders interessant bei der Nutzung von Pachtflächen mit bestehenden Zaunanlagen.
Ein Einsteigen von Weidetieren wird verhindert
Huftiere nutzen gern die Horizontaldrähte von konventionellen Zäunen, um z.B. an benachbarte Heckenpflanzen und Bäume zu gelangen. Innen angebaute Langstielisolatoren mit Elektrolitzen schützen das Maschengeflecht von Festzäunen vor dem Einsteigen und Heruntertreten durch die Weidetiere. Dadurch wird die „Lebensdauer“ des Knotengeflechts verbessert. Für beide Funktionen – Hütesicherheit und Verhindern des Einsteigens – werden langstielige Isolatoren (meist Schraubisolatoren) innen an die bestehenden Zaunpfähle des Knotengeflechtzaunes auf einer Höhe von 50 bis 60 cm für Schafe (bei Rinderweiden 70 cm, bei Ziegenweiden eher 90 bis 100cm) über dem Boden angeschraubt und mit einer spannungsführenden Zaunlitze ausgestattet.
Alternativ kann ein einfacher, mobiler Elektrolitzenzaun, z. B. mit zwei bis drei Leitersträngen und eigenen Zaunpfählen, auf der Innenseite des maroden Festzaunes aufgestellt werden. Der Abstand der Zäune muss aufgrund der Induktionsgefahr mindestens 15 cm betragen. Setzt man die Abstandhalter am alten Festzaun ein, spart man sich die zusätzlichen Zaunpfähle. Außerdem kann die unterste Litze leichter ausgemäht werden.
Warum Langstielisolatoren am Knotengeflecht?
Wichtig ist, dass die spannungsführenden E-Litzen mindestens 15 cm Abstand zum über die Zaunpfähle geerdeten Knotengeflecht aus Metall haben, da sonst bei modernen, leistungsfähigen Zaungeräten die Hütespannung spürbar nachlassen kann. Der Grund hierfür ist das Phänomen der elektromagnetischen Induktion zwischen den sich nicht berührenden Materialien. Auch Kurzschlüsse durch direkten Kontakt der Materialien oder über Bewuchs stellen eine Gefahr für die Hütesicherheit der elektrifizierten Knotengeflechtzäune dar. Die Verwendung von kurzen, billigeren Standard-Isolatoren kommt deshalb für den beschriebenen Zweck in der Regel nicht in Frage.
Neuer Verwendungszweck im Herdenschutz
Wölfe versuchen, konventionelle Zäune (ohne elektrische Schockwirkung) zu unterkriechen, zu überklettern oder zu durchschlüpfen. Die Elektroschocks eines elektrischen Weidezaunes haben sich als gute Abwehrmaßnahme gegen Wölfe und Luchse bewiesen. Die Abstandhalter können also auch genutzt werden, um konventionelle Knotengeflechte mit Elektrolitzen wolfsicherer zu machen. Auch hierfür müssen Langstielisolatoren verwendet werden, um Induktionsverluste oder gar Kurzschlüsse zu verhindern. Beim Erkunden des Hindernisses „Zaun“ wird ein Wolf mit großer Sicherheit eine der zusätzlichen E-Litzen berühren und nach dem Schock augenblicklich zurückweichen. Eine untere E-Litze in einer Höhe von ca. 20 cm über dem Boden verhindert sicher das Unterkriechen und Untergraben des Knotengeflechtes.
Diese untere Litze muss im Betrieb regelmäßig auf Ableitungen durch Berührungen mit Bewuchs untersucht und bei Bedarf freigemäht werden. Starke Weidezaungeräte entwickeln beim Einsatz in Verbindung mit sehr gut leitfähigem Litzenmaterial durch eine sehr hohe Hütespannung eine gewisse „Bewuchs-vernichtende“ Wirkung. Bei wüchsigen Bedingungen kann jedoch auch dann nicht ganz auf das Freimähen verzichtet werden.
Eine zweite Litze außen am oberen Ende des Zaunmaterials verhindert das Überklettern durch die geschickten Prädatoren. Falls in alten Knotengeflechten schon größere Löcher (≥ 20 cm) entstanden sind, müssen weitere E-Litzen zwischen oberster und unterster installiert werden, um das Durchschlüpfen zu unterbinden.
Auch andere konventionelle Weidetierzäune wie Latten- oder Stangenzäune können durch die Ausrüstung mit zusätzlichen E-Litzen unter Umständen die aktuellen Anforderungen zur Hütesicherheit z.B. in Wolfsgebieten erfüllen. Wieder muss es darum gehen, die großen Beutegreifer sicher auf Abstand zum Zaun zu halten und dadurch ein Überwinden der Barriere zu verhindern.
Der konventionelle Zaun wird zum Elektrozaun
Durch den Betrieb von konventionellen Zäunen mit zusätzlichen E-Litzen, werden die Zaunanlagen quasi nachträglich zum Elektrozaun mit all den Betriebsvorschriften für E-Zäune und müssen auch so betrieben werden. So müssen alle E-Zäune nach VDI-Richtlinien täglich auf ihre Funktionstüchtigkeit kontrolliert werden (Hütespannung mit Zaunprüfer messen und am besten dokumentieren). An offen zugänglichen Zaunlinien müssen Hinweisschilder mögliche Passanten auf die Gefahr eines Elektroschocks durch den E-Zaun aufmerksam machen. Auch die regelmäßige Kontrolle der Spannungsquelle und der nötigen Erdungsanlage kommen im Betrieb als zusätzliche, wiederkehrende Aufgabe auf den Tierhalter zu. Die Herdenschutzfunktion von elektrifizierten Zäunen ist jedoch in der Regel höher als von konventionellen Zäunen, die ganz allein als mechanische Barriere ihre Wirkung entfalten.
In allen Fällen in denen Abstandhalter außen am Zaun angebracht werden sollen, ist zu prüfen, ob dabei die Installationen auf/über dem Nachbargrundstück erfolgen würden und dadurch dessen Nutzung gestört sein könnte. Das geht in jedem Fall nur nach Gestattung durch den Eigentümer/Pächter/Nutzer des Nachbargrundstückes. In diesen Fällen ist es von Vorteil, wenn die zusätzliche Zaunsicherung nur während der Beweidungsphase installiert ist und anschließend rückgebaut wird. Das erhöht die Akzeptanz der Schutzmaßnahme durch den Nachbar. Hierbei ist die Verwendung von besonders montagefreundlichen mobilen Systemen von Vorteil.
Mobiler Einsatz
Für diese Fälle haben sich Langschaft-Isolatoren mit geradem Stiel bewährt. Diese Varianten z. B. mit Standard-Ringisolator am Ende, lassen sich mittels leistungsstarker Akkuschrauber und einer passenden „Eindrehhilfe“ schnell installieren und auch wieder leicht rückbauen. In Hartholzpfählen kann man mit einem zweiten Akkuschrauber bestückt mit dünnerem Bohrer die Löcher für die Abstandhalter vorbohren. Taucht man die Gewinde der Abstandhalter vor dem Eindrehen in Speiseöl, dreht es sich noch leichter und nach dem Ausdrehen Wochen später verleiben die Löcher mit gut sichtbarem Ölfleck zurück und können zur nächsten Weideperiode leicht wiedergefunden werden.
Für Knotengeflechte und für Maschendrahtzäune gibt es spezielle Modelle von Abstandhaltern, die werkzeuglos mit wenigen Handgriffen in den Maschen des Zaunmaterials verankert werden und bei Bedarf schnell wieder herausgenommen werden können. So können die Abstandhalter und die dazugehörige Litze nacheinander an mehreren Weideparzellen zum Einsatz kommen. Dabei ist der höhere Zeitaufwand für den regelmäßigen Auf- und Abbau zu berücksichtigen.
Do it yourself?
Handwerklich begabte Tierhalter können sich aus Restholz und kurzen Standard-Isolatoren Abstandhalter selbst bauen. So werden Dachlattenstücke von ca. 30 cm Länge, in die man stirnseitig einen Ringisolator einschraubt, zum Abstandhalter, der mit zwei Holzschrauben schnell am Holzpfahl befestigt werden kann. Stabiler ist die aufwändigere Galgenform. Wer jedoch weiß, dass einfache Abstandhalter mit Holzgewinde im Großpack schon ab 40 ct das Stück zu haben sind, sollte sich gut überlegen, ob die Arbeitszeit für den „Eigenbau in Serie“ sinnvoll im Betrieb eingesetzt ist.
Die Abstandhalter, die im Handel für Weidezäune angeboten werden, sind unterschiedlich in der Länge des Abstands, geeignet für unterschiedliche Leitermaterialien (Litzen, Seile, Bänder), in der Art der Befestigung, in Qualität und im Preis. Die Preisspanne liegt etwa zwischen 0,40 € und 4,50 € pro Stück je nach Modell, Anbieter und Abnahmemenge. Im günstigsten Fall muss nur an jedem zweiten Streckenpfahl oder in jedem zweiten Zaunfeld ein Abstandhalter montiert werden, wenn das Leitermaterial trotzdem gut gespannt werden kann und nicht durchhängt. An Beginn und Ende der Zaunlinie kommen gängiger Weise Zugisolatoren ggf. mit Spannvorrichtungen zum Einsatz. An Eckpfählen sind zwei oder gar drei Abstandhalter pro Leiterbahn nötig, um auch hier mindestens 15 cm Abstand einhalten zu können.