Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

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EIP-Agri „Tierwohl Milchvieh Hessen“: Eigenbestandskontrolle gut und schnell umsetzen

Im Rahmen einer Abschlussveranstaltung stellten die Projektpartner des Ingenieurbüros für Ökologie und Landwirtschaft (IfÖL) und des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH) im Landwirtschaftszentrum Eichhof die Ergebnisse des EIP-Agri-Projektes „Tierwohl Milchvieh Hessen“ vor.

Neben den Projektergebnissen wurde eine neu entwickelte App vorgestellt. Sie kann die Betriebe bei der Eigenbestandskontrolle gemäß Tierschutzgesetz unterstützen.

Praxisnahes Projekt startete 2020

Ein Mann mit Gummistiefeln steht in einem Kuhstall und betrachtet eine Kuh, er hält in seiner linken Hand ein Klemmbrett mit Papieren, Stift und Smartphone
App-Vorstellung am Eichhof: André Peter (Berater im Beratungsteam Tierhaltung, LLH) gelang es in weniger als einer Minute, alle Indikatoren, welche die App vorgibt, an der Kuh zu erheben. Foto: © Waldeyer

Die aktuelle Tierwohl-Situation in den hessischen Milchviehbetrieben erfassen und bewerten sowie das Tool „Tierwohl Milchvieh Hessen“ weiterentwickeln, bis hin zu dessen Praxistauglichkeit – diese Ziele hatte sich die operative Gruppe zum Projektstart vor vier Jahren gesetzt. An der Umsetzung arbeiteten neben dem

IfÖL und LLH ebenfalls der Hessische Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e.V. (HVL) und die Arbeitsgemeinschaft für Rationalisierung, Landtechnik und Bauwesen in der Landwirtschaft Hessen e.V. (ALB Hessen).

Nach Grußworten der Abteilungsleiterin Fachinformation des LLH, Anna Mawick, und dankenden Worten an alle Beteiligten durch Natascha Klinkel (stellvertretende Fachgebietsleiterin Beratungsteam Tierhaltung, LLH) stellte Johanna Krähling (Projektmitarbeiterin, IfÖL) die Ergebnisse des EIP-Projektes vor.

Besonders hervorzuheben ist, dass das Projekt praxisnah umgesetzt worden ist. Auf insgesamt 40 hessischen Betrieben wurden die Indikatoren zur Feststellung der Tierwohlsituation getestet, darunter fünf milchviehhaltende Betriebe, die der operativen Gruppe dauerhaft angehörten. In Verbindung mit der monatlich erhobenen Milchleistungsprüfung ergibt sich nach der Überprüfung von Tierwohlindikatoren wie Köperkondition, auftretender Integumentschäden (Wunden und Hautabschürfungen) oder der Lahmheitsbonitur ein betriebseigener Lagebericht zur Tierwohlsituation der eigenen Herde.

Die nach Tierschutzgesetz §11, Abs. 8 vorgeschriebene Eigenbestandskontrolle kann somit vorzugsweise zweimal im Jahr erfolgreich umgesetzt werden.

Neue App unterstützt bei Eigenbestandskontrolle

Ein Mann steht vor einer Tränke in einem Kuhstall; in der rechten Hand hält er ein Smartphone und in der linken einen Schreibblock
Vor der Tränke: André Peter (Berater im Beratungsteam Tierhaltung, LLH) kann per App Details zur vorherrschenden Tierwohlsituation erfahren. Foto: © Waldeyer
Ein Mann mit Gummistiefeln steht vor einer schwarz-weiß geflckten Kuh in einem Kuhstall; er hält ein Klemmbrett, Stift und Smartphone in den Hönden; im Hintergrund sind mehrere Kühe zu sehen
Die neue Tierwohl-App kann u.a. Milchviehbetriebe bei der Eigenbestandskontrolle gemäß Tierschutzgesetz unterstützen. Foto: © Waldeyer

Auf Grundlage dieser Vorarbeit und mit dem Ziel, eine digitale und zeitsparende Anwendung zu entwickeln, setzte der LLH die Arbeiten mit der Programmierung einer App fort. Diese konnte nun in der Praxis vorgestellt werden. Beachtlich ist dabei die Geschwindigkeit, mit der es möglich ist, Einzeltiere in der Herde des Eichhofs zu bonitieren. Während der Präsentation gelang es André Peter (Berater im Beratungsteam Tierhaltung, LLH) in weniger als einer Minute, alle Indikatoren, die die App vorgibt, am Tier zu erheben. Zuvor benötigte Masse und Fakten der Haltung werden ein einziges Mal erhoben und können jederzeit eingesehen werden.

Eine Anleitung und umfangreiches Fachwissen stehen in den Begleittexten der App zur Verfügung, sodass diese unkompliziert genutzt werden kann. „Insbesondere die eigens kreierte Schnittstelle zur Einspeisung der MLP-Daten in Zusammenarbeit mit vit (Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w.V.) bringt eine enorme Zeitersparnis“, erklärte Natascha Klinkel.

Aussagekräftige Ergebnisse in kurzer Zeit

In einem Bestand mit 120 Milchkühen dauert die Erhebung maximal eine Stunde, da lediglich 55 Tiere zu bonitieren sind, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erlangen. Aus dieser Erhebung und den eingespeisten MLP-Daten erzeugt die App ein Spinnennetzdiagramm, das auf einfache Weise aufzeigt, welche Indikatoren sehr gut umgesetzt werden und bei welchen Potenzial zur Verbesserung vorhanden ist. Dabei zeigt eine grüne Linie die Zielwerte und die blaue Linie das Ergebnis der Erhebung an.

Um eine detailreiche Auswertung für den Fall einer Kontrolle bereitzuhalten, wird jede Erhebung automatisch als Tabelle an die hinterlegte E-Mail-Adresse versendet.

Für jeden erhobenen Indikator und auf Basis der MLP-Daten zeigt die App auf, ob Zielwerte erreicht werden und ob im Vergleich zur letzten Erhebung eine Verbesserung, ein gleichbleibender Zustand oder gar eine Verschlechterung eingetreten ist.

„Neben der Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen betrieblichen Eigenkontrolle ist dieses Tool hervorragend geeignet, um es in der einzelbetrieblichen Beratung zu nutzen“, so Natascha Klinkel weiter. Da es nicht nur eine Momentaufnahme, sondern auch Verläufe darstellen kann, können die Ergebnisse betrachtet und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Dafür stehen die Beratungskräfte des Beratungsteams Tierhaltung im LLH als Ansprechpartner zur Verfügung.


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