Rinder
Strukturwandel in der Milcherzeugung und Milchverarbeitung
Rohmilch ist ein hochwertiges und zugleich leicht verderbliches Lebensmittel. Zur Sicherung der Rohmilchqualität (Milchgüte) auf dem Weg vom Milcherzeuger bis zur Verarbeitung in der Molkerei sind bestimmte Maßnahmen und Verfahren auch rechtlich geregelt und unterliegen der staatlichen Überwachung.
Am 01. Juli 2021 trat die „Verordnung zur Förderung der Güte von Rohmilch“ (Rohmilchgüteverordnung – RohmilchGütV) in Kraft und findet seitdem bundesweit Anwendung. Für den Vollzug der RohmilchGütV in Hessen ist das Fachgebiet Vollzugsaufgaben nach Tierzuchtgesetz und Milchgüteverordnung des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) zuständig. Die RohmilchGütV ersetzt die bisherige Milch-Güteverordnung von 1980.
Ziel der RohmilchGütV ist insbesondere die Förderung der Milchgüte. Sie nennt die drei folgenden Einrichtungen, die bei der Umsetzung und Erreichung dieses Ziels mitwirken und einer staatlichen Zulassung bedürfen:
- Untersuchungsstellen (Labor) zur Untersuchung der Milchgüte
- Prüfstellen zur Überprüfung der Funktionalität von Probenahmeanlagen in Milchsammelwagen
- Veranstalter von Lehrgängen zur Schulung des Personals, das in der Probenahme tätig ist
Eine Untersuchungsstelle gemäß RohmilchGütV muss darüber hinaus mit ihren Untersuchungsverfahren von einer Stelle akkreditiert sein, die nach dem Akkreditierungsgesetz dazu befugt ist. Eine Prüfstelle muss die Anforderungen der DIN 11868, Teil 3 „Mindestkriterien an Prüfstellen, die Haupt- bzw. Typprüfungen durchführen“ erfüllen.
Neue Zuständigkeiten des LLH in Thüringen
Jede dieser Einrichtungen bzw. Stellen bedarf der Zulassung durch die zuständige Landesstelle, bevor sie in diesem Aufgabenbereich tätig wird. Die Zuständigkeit richtet sich dabei nach dem Hauptsitz des Unternehmens, das beispielsweise eine Untersuchungs- oder Prüfstelle betreibt. Die Qnetics GmbH mit Sitz in Alsfeld, also im Zuständigkeitsbereich des LLH, betreibt in Jena-Göschwitz, Thüringen, sowohl eine Untersuchungsstelle als auch eine Prüfstelle gemäß RohmilchGütV. Damit ist der LLH seit dem 01.07.2021 sowohl für die Zulassung als auch die Überwachung dieser Untersuchungsstelle sowie dieser Prüfstelle in Thüringen zuständig. Mit dieser gesetzlichen Regelung erstreckt sich die Zuständigkeit des LLH erstmals auch auf Einrichtungen, die außerhalb Hessens liegen. Nach altem Recht ergab sich die Zuständigkeit aus dem Standort der Untersuchungs- oder Prüfstelle selbst, unabhängig vom Hauptsitz des Unternehmens.
Strukturen und Strukturwandel
In 2021 wurden in Thüringen etwa 90.000 Milchkühe auf 268 Betrieben gehalten, die der Milchleistungsprüfung angeschlossen waren. Im Durchschnitt entspricht das einer Herdengröße von 337 Kühen je Betrieb. Zum Vergleich: In Hessen wurden in 2021 etwa 111.000 Milchkühe unter Milchleistungsprüfung auf 1.340 Betrieben gehalten, was einer durchschnittlichen Anzahl von 83 Kühen je Betrieb entspricht.
Im Labor in Jena wird die Qualität der Rohmilch von etwa 250 Betrieben untersucht, die landesweit an die aktuell 5 Molkereistandorte in Thüringen angeliefert wird. Darunter sind auch Betriebe aus benachbarten Bundesländern, z.B. aus Hessen. Umgekehrt liefern auch thüringische Betriebe an Molkereien außerhalb von Thüringen. Die Entfernung vom Milcherzeugerbetrieb zur Molkerei spielt heute nicht mehr die entscheidende Rolle. Der Auszahlungspreis für Rohmilch gewinnt zunehmend an Bedeutung und viele Milcherzeuger wechseln die Molkerei, wenn sie dort höhere Erlöse erwarten können.
Die Strukturen der Milchverarbeitung haben sich in den letzten Jahrzehnten rasant verändert. Während es 1960 in Hessen noch 121 selbständige Molkereibetriebe gab, sind es in 2022 gerademal noch fünf selbständige Molkereibetriebe mit sechs Verarbeitungsstandorten. Von diesen fünf Molkereibetrieben haben drei ihren Sitz in Hessen, der Hauptsitz der beiden anderen Molkereibetriebe liegt in Rheinland-Pfalz bzw. in Niedersachsen. Bei den drei hessischen Molkereibetrieben handelt es sich um vergleichsweise kleine Betriebe der Milchverarbeitung.
Die Überwachung und Sicherung der Milchgüte vom Milcherzeuger bis zur Verarbeitung der Rohmilch in der Molkerei wird durch die RohmilchGütV rechtlich abgesichert und geregelt. Die vorgeschriebenen Verfahren von der Probenahme über den Probentransport, regelmäßige Schulungen des Personals, die Untersuchungsverfahren im Labor, die Eingangskontrolle in der Molkerei sowie die Maßnahmen bei festgestellten Mängeln sorgen dafür, dass die Milch ein hochwertiges und sicheres Lebensmittel ist.