Rinder
Nachlese: Mutterkuhhalter des Main-Kinzig-Kreises e.V. auf den Spuren Napoleons unterwegs
Am letzten Augustwochenende empfing Familie Feucht – bekannt durch langjährige Zuchterfahrung und Schauerfolge mit Mutterkühen der Rasse Fleckvieh-Fleisch – rund 50 Mitglieder des Vereins der Mutterkuhhalter des Main-Kinzig-Kreises auf ihrer jüngst gepachteten Betriebsstätte. Auf dem Gronauer Hof in Bad Vilbel suchte man Fleckviehkühe allerdings vergebens, stattdessen grasten Hereford-Rinder auf den angrenzenden Naturschutzflächen.
Tobias Feucht ging in seiner Begrüßung auf die geschichtliche Entwicklung des Gronauer Hofes ein, insbesondere auf den Besitzerwechsel in 1806. Napoleon schenkte damals das Anwesen dem Grafen Ragnier – so ist es überliefert. Ab 1928 ging der Hof schließlich als Staatsdomäne zum Land Hessen und war von 2009 bis 2022 in Besitz der Gerty-Strohm-Stiftung. Im Rahmen der Neuverpachtung bot sich für Familie Feucht die Gelegenheit, den Betrieb mitsamt Flächen und Viehbestand zu übernehmen.
Neben dem bestehenden Betrieb bei Bad Homburg mit Ackerbau, Mutterkuhhaltung und Pferdepension, bewirtschaftet Ehepaar Feucht nun einen weiteren Betrieb mit rund 90 Hektar Fläche (davon 14ha Ackerland, Rest Grünland) nach Biorichtlinien, was für das Betriebsleiterehepaar absolutes Neuland sei.
Klarer Gunststandort für die Weidehaltung
Die bereits bestehende Hereford-Herde des Gronauer Hofes (30 Mutterkühe plus Nachzucht) wurde übernommen. Klarer Fokus liege auch hier in der Herdbuchzucht und dem Ziel, die Herde züchterisch noch weiterzuentwickeln, um in Zukunft auch mit dieser Rasse beim hessischen Fleischrindertag vertreten zu sein, so Tobias Feucht.
Alle Tiere befinden sich von April bis Oktober auf den naheliegenden Weiden, zum Großteil ausgestattet mit Brunnen. Wasserfahren sei nur in Ausnahmefällen nötig. Das mache die Flächen zu einem klaren Gunststandort für Weidehaltung, so Feucht weiter.
Über die Wintermonate befinden sich die Tiere im Stall auf Tiefstreu. Der jetzige Kuhstall, welcher mittels Schleppdach an die bestehenden Gebäude angebaut wurde, dominiert in der Front über einen ausreichend breiten Futtertisch mit Selbstfangfressgittern und frostsicheren Balltränken. Wie in den meisten Mutterkuhställen lässt sich auch dieser Stall mittels Schwenkgitter in verschiedene Abteile unterteilen. Hinter jedem Abteil befindet sich ein Kälberschlupf; diese sind in die Altgebäude integriert. Der Fressbereich wird mittels Radlader alle zwei Tage abgeschoben und der anfallende Mist auf die angrenzende überdachte Mistplatte befördert. Während der Betrieb aktuell beim Einstreuen noch auf „volle Handarbeit“ setzt, wird über die Anschaffung eines Einstreugerätes nachgedacht – ein Thema, das beim Grillen mit den Berufskollegen und -kolleginnen intensiv diskutiert wurde.
Freiwillige Sonderleistungen in Sachen Naturschutz
Die Außenwirtschaft des Betriebes ist weitestgehend eigenmechanisiert. Die bestehende Technik wird auf beiden Betrieben eingesetzt. „Besonders“ war, laut Familie Feucht, der diesjährige 1.Schnitt: Im Rahmen freiwilliger Sonderleistungen in Sachen Naturschutz wurden 35 Hektar Grünland mittels Doppelmessermähwerk von einem externen Dienstleister insektenschonend gemäht. Zeitbedarf und Kosten für den Dienstleister waren laut Feucht durchaus angemessen und das Ergebnis konnte mit herkömmlicher Technik mithalten. Ebenfalls erwähnt und gelobt wurde in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit der dortigen Rehkitzrettung.
Besonders gestaltet ist die Umzäunung der Weideflächen. Der Herdenschutzzaun mit seinen fünf stromführenden Litzen soll Beutegreifer wie Fuchs oder Waschbär von den, auf der Fläche befindlichen Kiebitzen fernhalten – eine weitere freiwillige Maßnahme in Sachen Naturschutz.
Online mehr Kunden erreichen
Auch in der Vermarktung geht Familie Feucht seit kurzem neue Wege: Neben der Direktvermarktung über zwei Fleischautomaten auf ihrem Hof in Ober-Erlenbach erfolgt der Verkauf über eine Online-Plattform. Es handelt sich hier um ein erfolgreiches Start-up-Unternehmen mit bereits mehr als 150 Mitgliedern. Der gesamte Verkaufsprozess, von der Bestellung bis zur Auslieferung der Ware, wird ausgelagert. Positiv: Neben der Arbeitszeitersparnis spreche man mit einem Onlineangebot ein viel breiteres Käuferspektrum an.
Alexandra und Tobias Feucht schätzen sich glücklich darüber, den Gronauer Hof im Sinne der Landwirtschaft weiterzuführen. Mit der Neuverpachtung der ehemaligen Staatsdomäne war dessen Zukunft kurzzeitig ungewiss. Die neue Pächterin Alexandra Feucht ist bestrebt, den Hof visiert mit Mutterkuhhaltung und Ackerbau weiterzuführen. Die Synergieeffekte aus Mutterkuhhaltung und Naturschutzmaßnahmen seien enorm und bringen Vorteile für Betrieb, Natur und Konsumenten mit sich.
Nachdem während des Mittagessens die Sonne kurz ihr Gesicht zeigte, wurde der Betriebsrundgang durch einen vorbeiziehenden Schauer unterbrochen. Der Stimmung tat dies allerdings keinen Abbruch und das Gruppenfoto wurde standesgemäß vor einer Mutterkuhweide gemacht, wenn auch die Kühe witterungsbedingt das Weite suchten.
Großer Dank geht an dieser Stelle an Alexandra und Tobias Feucht für die Organisation und Durchführung der diesjährigen Grillfeier. Wir wünschen viel Erfolg auf ihren weiteren Wegen.