Biodiversität
Getreide in Weiter Reihe fördert Wildtiere: hessisches Demovorhaben
Getreidereihen in einem Abstand von mindestens 30 cm und dazwischen ein blühender Teppich aus Klee, Koriander, Ringelblume und Co.? Klappt das in der Praxis? Und wofür ist das eigentlich gut?
16 Betriebe erprobten den Anbau von Getreide in Weiter Reihe mit einer blühenden Untersaat und wurden dabei von Beratungskräften des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) für Biodiversität, Pflanzenbau sowie dem Projekt 100 nachhaltige Bauernhöfe begleitet.
Nahrung für den Boden, Lebensraum für Insekten, Wildtiere und Vögel
In der Weiten Reihe finden Feldvögel, wie die Feldlerche, optimale Brutbedingungen. Wird eine blütenreiche Untersaat eingesät profitieren Insekten vom Nektar- und Pollenangebot zwischen den Getreidereihen. Das Rebhuhn wiederum profitiert von den vielen Insekten. Das Bodenleben kann durch einen vielfältigeren Bewuchs und der Photosyntheseleistung auch nach Abreife des Getreides gefördert werden.
Gemeinsam Erfahrung sammeln
Fragen, denen im Rahmen des Demovorhabens Weite Reihe nachgegangen werden sollte, waren unter anderem: Überwächst die Untersaat das Getreide? Kann gegen Ackerunkräuter behandelt werden? Wie wird mit dem Einsatz von Fungiziden und Insektiziden umgegangen? Wie entwickelt sich der Ertrag? Was passiert mit der Untersaat nach der Getreideernte?
„Landwirtschaft ist Teil der Natur“ sagt ein Landwirt, der die Weite Reihe ausgesät hat. Er ergänzt: „Nicht auf die Ernte verzichten zu müssen, sondern Naturförderung und Landwirtschaft zu verbinden – das hat mich gereizt.“ Für einige Landwirtinnen und Landwirte ist es spannend, die Untersaat nach der Getreideernte als Viehfutter nutzen zu können, sie in eine Brache (Ökoregelung 1a) zu überführen oder als Zwischenfrucht stehen zu lassen. Weitere Vorteile der Untersaat in Weiter Reihe sind für Landbewirtschaftende in einem Praxisblatt zusammengefasst. Hier finden Sie auch Tipps und Tricks zur erfolgreichen Etablierung.
In 2024 waren beste Bedingungen für den Anbau einer Untersaat gegeben. Gleichmäßiger Niederschlag ließ keine Konkurrenz um Wasser zwischen Getreide und Untersaat aufkommen. Gleichzeitig ließ der Regen die Untersaat an manchen Standorten besonders gut wachsen, zum Teil über das Getreide hinaus. Auf diesen Flächen war die Ernte deutlich erschwert und auf Teilflächen unmöglich. Auf manchen Flächen trat unerwartet ein hoher Beikrautdruck durch Melde oder Kamille auf, weshalb gezielt mit einem kleeschonenden Herbizid behandelt wurde. Zum größten Teil erfüllte die Untersaat jedoch ihre Aufgabe und hielt das Beikraut im tolerablen Maß. Neben einer großen Anzahl an Schwebfliegen, Heupferden, Grashüpfern, Spinnen und Wildbienen konnte über einer der Flächen regelmäßig ein großer Schwarm Mehlschwalben bei der Jagd beobachtet werden. Nach der Ernte blüht die jetzt noch stehende Untersaat wieder und dient vielen Insekten als Nahrung und Deckung. Während der Getreideertrag, wie erwartet, um etwa 25% im Vergleich zu einer Normalsaat reduziert war, konnte die Vielfalt an anderen Vorzügen des Anbaus in Weiter Reihe mit Untersaat überzeugen.
Unser Fazit aus 2024?
Die Weite Reihe mit einer blühenden Untersaat ist nicht einfach im Anbau. Gelingt sie, kann sie sowohl ökonomisch rentabel als auch ökologisch wertvoll sein. Gemeinsam mit den Betrieben bleiben wir dran. Mit der Aussaat von Wintergetreide geht es nun in die zweite Runde. Unser Ziel: Erfahrungen mit diesem vielversprechenden Anbausystem sammeln und prüfen, ob eine finanzielle Förderung möglich sein wird.
Praxisblatt 24.10.2024