Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Klimaschutz

Einsatz von Transfermulch als mögliches Werkzeug zur Klimaanpassung

Durch den anthropogenen Klimawandel wird auch der Acker- und Gartenbau mit zunehmenden Herausforderungen konfrontiert. Neben einem Anstieg der Anzahl an Hitze- und Sommertagen sorgt die Verschiebung von Niederschlägen vom Sommer- in das Winterhalbjahr sowie von Sommerregen zu Platzregen für länger werdende Trockenphasen und Erosionen und Überschwemmungen innerhalb der Vegetationszeit.

Aus diesem Grunde spielen Anpassungsmaßnahmen zur Sicherung und Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit, zur besseren Aufnahme von Starkregenereignissen sowie zur Reduzierung der Bodentemperatur eine zentrale Rolle.

Anbausysteme neu denken

Feldtag Transfermulch am 06.06.2023 am Öko-Versuchsfeld in Ober-Erlenbach

Eine mögliche Anpassungsmaßnahme ist die Verwendung von Transfermulch, wozu am 06.06.2023 ein Feldtag mit Praxisvorträgen am Öko-Versuchsfeld in Ober-Erlenbach stattfand, der Interessierten Raum zur Diskussion und für einen gemeinsamen Austausch mit Referierenden und Praktikerinnen und Praktikern bot. In diesem Rahmen wurden Chancen und Herausforderungen von Mulchsystemen dargestellt sowie auf bestehenden Forschungsbedarf, etwa im Hinblick auf Einflussfaktoren und die Höhe von Lachgasemissionen verwiesen, die mit dem Einsatz von Transfermulchsystemen auftreten können.

Durch organische Bodenbedeckung in Form einer lichtabschließenden Mulchauflage aus z.B. Kleegras, Zwischenfrüchten oder Stroh lässt sich die Bodentemperatur und die Evaporation (Verdunstung vom Boden) deutlich verringern. Unter praxisnahen Versuchsbedingungen kann die Temperatur an der Bodenoberfläche in gemulchten gegenüber ungemulchten Beständen um etwa 20 °C gesenkt werden. Während der Erhalt der Bodenfeuchtigkeit besonders im Bodenhorizont der oberen 30 cm deutlich wird, lassen sich Kühlungseffekte auch in tiefer liegenden Bodenschichten beobachten.

Zusätzlich kann durch den Mulcheinsatz eine Verbesserung der Bodengare erzielt werden. Vorteilhafte Effekte wie eine erhöhte Aggregatstabilität sowie die Verringerung der Erosionsanfälligkeit als auch eine Steigerung der Wasserinfiltration können die Folge sein.

Mit dem Einsatz von Transfermulch können somit unterschiedliche Zielsetzungen verbunden sein. Die Auswirkung auf die Kultur und den Boden ist dabei stark von dem eingesetzten Mulchmaterial abhängig.

Düngewirkung von Transfermulch

Ausbringung von Transfermulch im Kartoffelanbau; Foto: Christoph Förster

Die Düngewirkung der Mulchauflage für die Nehmerkultur ist insbesondere bei Aufwüchsen mit engem Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (C:N) recht hoch. Dies sind einerseits unverholzte Aufwüchse im Frühjahr und andererseits Aufwüchse mit relevantem Leguminosen Anteil. Vor allen Dingen für Kulturen mit einem hohen Nährstoffbedarf und langer Standzeit bietet sich der Mulcheinsatz mit engem C:N-Verhältnis an. Zu berücksichtigen ist beim Einsatz von Transfermulch die Einhaltung der durch die Düngeverordnung vorgegebenen Nährstoffgrenzen. Bei älteren Aufwüchsen mit einem weiten C:N-Verhältnis hingegen besteht die Gefahr, dass sich das aufgebrachte Mulchmaterial als Stickstoffsperre im Boden auswirkt. Mulchmaterial mit weitem C:N-Verhältnis (>25) verrottet hingegen langsamer und kann somit zu einer längeren Bodenbedeckung beitragen. In Kombination mit einer Unterfussdüngung kann ein Mulchmaterial mit weitem C:N-Verhältnis sinnvoll eingesetzt werden. Unter Versuchsbedingungen konnte ein positiver Effekt von unterschiedlichem Mulchmaterial auf Qualität und Ertrag erzielt werden.

In Bezug auf Schädlinge in Kartoffeln, zeigen Transfermulchanwendungen positive Effekte: Bei Blattläusen kann die Anflugintensität auf die Pflanzen verringert werden, was eine geringere Virusübertragung zur Folge hat. In Verbindung mit Fraßschäden durch Kartoffelkäfer und den Rapserdfloh werden teilweise ebenfalls positive Auswirkungen beobachtet, deren Ursachen Gegenstand aktueller Forschungen sind.

Weiterhin wird durch die Ausbringung von Mulchmaterial häufig eine beikrautunterdrückende Wirkung in Bezug auf Samenunkräuter erzielt.

Formen von Mulchsystemen

Unterschieden werden Mulchsysteme häufig in Insitu- und Transfermulch sowie Kombinationen aus beiden Verfahren. Bei Insitumulch stammen die Gründünger von derselben Fläche, auf der die Biomasse erzeugt wurde. Beim Transfermulchverfahren hingegen wird das Pflanzenmaterial auf einer Geberfläche angebaut und anschließend auf eine Nehmerfläche transportiert. Anstelle der direkten Ausbringung nach der Ernte der Aufwüchse bietet sich alternativ die Möglichkeit der zwischenzeitlichen Silierung und zeitlich versetzten Ausbringung auf der zu mulchenden Fläche an. Auch eine Kompostierung ist möglich, sollte dann aber mit zusätzlichem Strukturmaterial erfolgen.

In der Praxis sind Trockenmasse von bis zu 10-15 t je Hektar als Mulchauflage nicht unüblich. Zur Erzeugung der benötigten Biomasse kann, abhängig von der zu mulchenden Kultur und der als Mulchmaterial verwendeten Biomasse sowie dem jahresbezogen schwankenden Ertragsniveau, eine bis zu dreimal größere Geberfläche benötigt werden. Hier wird häufig von einem Verhältnis zwischen Geber- und Nehmerfläche von 3:1 gesprochen. Mit der Ernte, dem Transport und der Ausbringung des Mulchmaterials können sich daher hohe logistische Anforderungen ergeben. Wegen des relativ hohen Wassergehaltes des Mulchs können bei größeren Entfernungen hohe Kosten entstehen.  Zum Teil auch bedingt durch niedrige Trockenmassegehalte, da die Transportwürdigkeit mit zunehmendem Wassergehalt im Erntegut sinkt. Die Verfahrenskette, die Entfernung zwischen den Flächen aber auch das Wissen des Landwirtes stellen die wichtigsten Stellschrauben für einen ökonomischen Einsatz des Mulches dar.

Geeignet ist das Anbausystem vor allem für viehlose, kleine und direktvermarktende Betriebe mit Kleegras und Zwischenfruchtanbau.

In Folge des Klimawandels muss ebenfalls mit geringeren Biomasseaufwüchsen der Nehmerflächen im Sommerhalbjahr gerechnet werden. Bei nicht ausreichend vorhandenem Transfermulchmaterial sind geringere Auflagehöhen der Mulchschicht nicht empfehlenswert, da die Beikräuter Lücken in der Mulchauflage konsequent nutzen. Ebenso sind

Flächen mit einem erhöhten Druck an Wurzelunkräutern zu meiden. Denn es gilt zu bedenken: Die mechanische Beikrautbekämpfung kann nur bis zur Aufbringung des Transfermulches durchgeführt werden, obwohl neuerdings auch spezielle Hacken für gemulchte Flächen angeboten werden.

Der Einsatz von Transfermulchsystemen hat bei richtiger Anwendung, insbesondere im Gemüse- und Kartoffelanbau, aber auch bei Getreide, positive Effekte auf die Qualität und die marktfähigen Erntemengen und trägt zu Klimawandelanpassung bei. Regionale und betriebliche Gegebenheiten sowie Erfahrung sind dabei zu berücksichtigen und bilden die Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung von Transfermulchsystemen.


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