Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Agrarpolitik & Förderung

GLÖZ 8-Ausnahmereglung 2024 – Stilllegung erhalten oder umbrechen?

Aktueller Stand (09.04.2024)

Am 22.03.2024 wurde im Bundesrat die Verordnung zur GLÖZ 8 Ausnahmeregelung für „nicht-produktive Flächen“ für das Antragsjahr 2024 verabschiedet. Damit wurde auf Bundesebene der rechtliche Rahmen gesetzt.

Da die EU-Kommission dieser Verordnung noch formell zustimmen muss, wird mit einer abschließenden Rechtsverbindlichkeit erst im Herbst 2024 gerechnet. Das BMEL geht jedoch von der Zustimmung der EU-Kommission aus, da die Verordnung mit den Beteiligten bereits abgestimmt wurde.

Wichtig: Die Ausnahmeregelung zur Erbringung nichtproduktiver Flächen wird vorerst nur für 2024 gelten. Somit sind nach derzeitigem Stand im Herbst 2024 wieder Flächen zur Erfüllung von GLÖZ 8 für den Antrag 2025 vorzuhalten.

Während die Diskussionen und Abstimmungen auf Bund- und Länderebene in vollem Gange sind, haben die Feldarbeiten bereits begonnen. Somit werden momentan aus der Praxis viele Fragen hinsichtlich der Ausnahmeregelung gestellt. Für einen detaillierteren Einblick, welche Maßnahmen im Rahmen der Ausnahmeregelung für GLÖZ 8 in 2024 gelten, lesen Sie bitte unseren Beitrag „Zwischenfrüchte und Leguminosen statt Ackerbrachen für die Erfüllung der GLÖZ 8?“

Mit diesem Artikel versuchen wir Ihnen Denkanstöße zu geben, wie mit den geplanten Stilllegungsflächen in 2024 umgegangen werden kann. Hierzu wurde eine ökonomische Betrachtung der Situation mit einem Grundrentenvergleich erstellt.

Was ist die Grundrente?

Die Grundrente errechnet sich durch die Ermittlung der marktfähigen Leistung (Ertrag x Erlös + Prämie) abzüglich der Direktkosten (Saatgut, PSM, Düngemittel) sowie weiterer variabler Kosten (Arbeitserledigung, Hagelversicherung, etc.). In den Arbeitserledigungskosten wird der Lohnansatz für nichtentlohnte Arbeitskräfte (Betriebsleitungen, Familienarbeitskräfte) mitkalkuliert. In dieser Kalkulation wurde ein Lohnansatz von 25 €/Std. gewählt. Des Weiteren wurden für die Maschinen lediglich anfallende Grenzkosten für Diesel und Unterhaltung berechnet, da für die zusätzlichen Kulturen keine neuen Maschinen angeschafft werden. Von der Grundrente müssen noch die Flächenkosten (Pacht oder Pachtansatz) beglichen sowie das unternehmerische Risiko entlohnt werden.

Welche Szenarien sind 2024 denkbar?

Bei den in Abbildung 1 getroffenen Annahmen wird davon ausgegangen, dass die Stilllegung im Herbst 2023 mit einer Mischung aktiv begrünt wurde. Da die Stilllegung für die Antragsstellung 2025 wiederhergestellt werden muss, fallen somit im Herbst 2024 erneut Ansaatkosten an. Die Ansaatkosten sowie die Arbeitserledigung der Ansaat müssen somit von einer alternativen Sommerung zusätzlich erwirtschaftet werden. Dieser Sachverhalt wurde bei dem Punkt „Kosten Herstellung Stilllegung“ berücksichtigt.

In Abbildung 1 wurden verschiedene Grundrenten unter der aktuellen Marktsituation berechnet. Herangezogen wurden die Grundrenten einer Stilllegung, von Silomais, Sommergerste und Sommerweizen. Bei allen drei Erntekulturen wird davon ausgegangen, dass die Ausnahmeregelung der GLÖZ 8 über einen Zwischenfruchtanbau im Herbst 2024 erfüllt wird. Zusätzliche Kosten für den Zwischenfruchtanbau wurden nicht berücksichtigt, da eine Zwischenfrucht durch Nährstoffspeicherung und Humusaufbau ebenfalls positive Effekte mit sich bringt.

Szenario: GLÖZ 8 ohne Nutzung der Ausnahmeregelung

Bei der Grundrentenberechnung der Stilllegung wurden zwei Optionen berechnet. Die erste Berechnung unter der Überschrift “GLÖZ 8 ohne Nutzung der Ausnahmeregelung 2024“ unterstellt, dass die Ausnahmeregelung nicht in Anspruch genommen wird. Aus diesem Grund bleiben die 4 % der Ackerfläche, abgesehen von der Grundstützung, ohne weitere Vergütung stillgelegt. Unter diesem Punkt wurden zwei Varianten berechnet. Zum einen wurde die Variante betrachtet, dass lediglich 4 % der Ackerfläche (Vorgabe GLÖZ 8) im Herbst 2023 stillgelegt wurden. Zum anderen wurde die durchschnittliche Grundrente bei der Stilllegung von 5 % der Ackerfläche (GLÖZ 8 + Öko-Regelung 1a) berechnet. Das heißt, es wurde eine Kombination aus GLÖZ 8 und der Öko-Regel 1a (weiterführende Infos zur Öko-Regel 1a sind auf der Homepage des LLH zu finden) betrachtet. Hierbei wurden die 1300 €/ha Vergütung, welche für das fünfte Prozent (oder für den ersten weiteren stillgelegten Hektar) der Brache im Rahmen der Öko-Regelung 1a gezahlt werden, auf die gesamten 5 % Ackerbrache anteilig verteilt. Die Möglichkeit, dass Betriebe zwischen 10 ha und 100 ha Ackerfläche für den ersten Hektar zusätzliche Brache die 1.300€/ha erhalten, wurde nicht extra betrachtet. Somit ergibt sich zusätzlich zur Basisprämie eine durchschnittliche Förderung der Ackerbrachen über die Öko-Regelung 1a von 260 €/ha.

Betrachtet man nun die berechneten Grundrenten, wird deutlich, dass der Erhalt der GLÖZ 8-Brachen sogar ohne die Anwendung der Ausnahmeregelung 2024 vor allem für Betriebe, die 5 % ihres Ackerlandes stillgelegt haben, wirtschaftlich sinnvoll sein kann.

Szenario: GLÖZ 8 mit Nutzung der Ausnahmeregelung 2024 + Nutzung der Öko-Regelung

Noch deutlicher wird die wirtschaftliche Vorzüglichkeit der Erhaltung der Brachen, wenn die Ausnahmeregelung 2024 greift. Da die aktuellen Stilllegungen komplett in die Öko-Regelung 1a geschoben werden könnten, verändert sich die Grundrente deutlich.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten Regelung sind in der Abbildung 1 in den Spalten unter der Überschrift „GLÖZ 8 mit Ausnahmeregelung 2024 + Nutzung der Öko-Regelung“ zu finden. Die Prämien für die Öko-Regelung 1a wurden in der Variante 1 so berechnet, dass für den ersten Prozentpunkt 1.300 €/ha, für den zweiten Prozent Punkt 500 Euro/ha sowie für den dritten und vierten Prozentpunkt 300 €/ha gezahlt werden (1 % x 1.300€/ha + 1 % x 500 €/ha + 2 % x 300 €/ha = Ø bei 4 % 600 €/ha). Bei Variante 2 wird der erste Prozentpunkt mit 1.300 €/ha, der zweite Prozentpunkt mit 500 Euro/ha sowie der dritte, vierte und fünfte Prozentpunkt mit 300 €/ha berechnet (1 % x 1.300€/ha + 1 % x 500 €/ha + 3 % x 300 €/ha = Ø bei 5 % 540 €/ha). Bei dieser Option würde im Vergleich zum Anbau von Silomais, Sommergerste und Sommerweizen doppelt so hohe Grundrenten erwirtschaftet werden können.

Die 4 % nichtproduktive Fläche müssten dann durch Zwischenfrüchte oder Leguminosen-Anbau, jeweils ohne den Einsatz von PSM, erfüllt werden. In vielen Betrieben werden Zwischenfrüchte in ausreichendem Umfang angebaut, wodurch kein Mehraufwand entsteht. Sollten dadurch zusätzlich Zwischenfrüchte im Betrieb etabliert werden, hätte die Ausnahmeregelung zu GLÖZ 8 in 2024 zusätzliche Vorteile im Hinblick auf die Biodiversität und die Bodenfruchtbarkeit.

Die in Abbildung 1 erstellten Kalkulationen verdeutlichen somit, dass jede Betriebsleitung vor dem Umbruch seiner / ihrer Brachflächen die möglichen Grundrenten von alternativen Kulturen berechnen sollte.

 

Abbildung 1: Grundrentenvergleich

GLÖZ 8
ohne Ausnahmeregelung 2024
SilomaisSommergersteSommerweizenGLÖZ 8 mit Ausnahmeregelung 2024 + Nutzung Öko-Regelung
GLÖZ 8 mit 4 %GLÖZ 8 mit 4 % + ÖR 1a mit 1 %ÖR 1a mit 4 %ÖR 1a mit 5 %
GLÖZ 8Brache4,00 %4,00 %
Ausnahme Zwischenfrucht4,00 %4,00 %4,00 %4,00 %4,00 %
Öko-Regelung 1a1,00 %4,00 %5,00 %
Ertragdt/ha4506575
Preis€/dt2,7 €17,0 €18,0 €
Prämie€/ha157 €157 €157,0 €157,0 €157,0 €157 €157 €
ÖR 1a€/ha260 €600 €540 €
Leistung157 €417 €1.372 €1.262 €1.507 €757 €697 €
Saatgut€/ha14 €14 €250 €71 €90 €14 €14 €
Pfl-schutz€/ha0 €0 €104 €184 €176 €0 €0 €
Düngung€/ha0 €0 €198 €261 €325 €0 €0 €
N-Mengekg N/ha0 €0 €1651201550 €0 €
Direktkosten14 €14 €552 €516 €591 €14 €14 €
DfL143 €403 €820 €746 €916 €743 €683 €
AEL-Kosten€/ha116 €116 €416 €430 €471 €116 €116 €
Hagelversicherung€/ha0 €0 €20 €20 €20 €0 €0 €
Kosten Neuanlage Stilllegung für Anbaujahr 2025€/ha162 €162 €162 €
Grundrente€/ha27 €287 €222 €134 €263 €627 €567 €

Positive Wirkung der Ausnahmeregelung zur Erbringung von „nicht produktiven Flächen“ im Rahmen von GLÖZ 8 auf die wirtschaftliche Situation der Betriebe und die Biodiversität.

Die in Abbildung 1 berechneten Grundrenten zeigen eindrücklich, dass die Ausnahmeregelung 2024 im Rahmen von GLÖZ 8 positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Betriebe haben kann. Voraussetzung hierfür ist, dass die in 2023 geplanten und angelegten Stilllegungen im Antragsjahr 2024 als Öko-Regelung 1a beantragt werden können. Diese positiven Auswirkungen kommen aber nicht durch die Bewirtschaftung der zusätzlichen 4 % Ackerfläche zustande, sondern dank einer auskömmlichen Vergütung der stillgelegten Flächen durch die Möglichkeit der Beantragung der Öko-Regelung (ÖR) 1a. Diese Option kann nicht nur einen positiven wirtschaftlichen Effekt auf Betriebsebene bedeuten, sondern auch einen Gewinn für die Biodiversität.
Mit der Möglichkeit einer Ausweisung als ÖR 1a – Flächen besteht die Möglichkeit, dass sehr wenige geplante Stilllegungen in 2024 umbrochen werden und stattdessen dem Zweck zur Förderung der Biodiversität erhalten bleiben.

Nutzen der Stilllegungsflächen für die Biodiversität

Ackerbrachen können wichtige ökologische Funktionen erfüllen. Dazu gehören unter anderem:

  • Strukturreiche Stilllegungsflächen können vielfältige Lebensräume in der Agrarlandschaft schaffen:
  • Es finden sich geeignete Brutplätze für bodenbrütende Vögel, Nistplätze für Insekten und Überwinterungsmöglichkeiten für viele Kleintiere.
  • Pflanzen mit ihren Blüten und Samen sind Nahrungsquelle über das ganze Jahr.
  • Stillgelegte Flächen bieten Deckung für viele wildlebende Tierarten und sind oft der einzig vorhandene Rückzugsbereich in der Erntephase.
  • Auf Grenzertragsstandorten kann eine zeitweise Stilllegung den Erhalt seltener Blühpflanzen unterstützen.
  • Brachen ermöglichen die Vernetzung von Biotopen und bieten Ersatzlebensräume. Sie können somit auch einem breiten Artenspektrum die Anpassung an Klimawandelfolgen erleichtern und selbst als Kohlenstoffsenke aktiv zum Klimaschutz beitragen.

Zusammengefasst

Der Grundrentenvergleich verdeutlicht, dass der Erhalt der Stilllegung in Verbindung mit der Nutzung der Ausnahme für GLÖZ 8 in 2024 eine wirtschaftlich interessante Alternative sein kann. Die Beantragung der vorhandenen Stilllegung als Öko-Reglung 1a führt zu einer ordentlichen Entlohnung der Fläche. Wichtig ist, dass jede Betriebsleitung für seine / ihre Situation die ökonomisch sinnvollste Variante sucht.

Darüber hinaus kann durch die Berechnungen gezeigt werden, dass eine langfristige, nachhaltige und in der Praxis akzeptierte Biodiversitätsförderung nur mit einer für den Betrieb auskömmlichen Förderung erreicht werden kann. Denn wenn mit einer auskömmlichen Förderung planungssicher und langfristig gerechnet werden kann, können entsprechende Maßnahmen dauerhaft Einzug und Akzeptanz in gängigen Fruchtfolgen der landwirtschaftlichen Praxis erhalten.


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