Erwerbskombinationen
Mehrwegpflicht für Gastronomen ab 01.01.2023
Auch für bäuerliche Gastronomen wurden im Zuge der Einführung des Verpackungsgesetzes Maßnahmen zur Reduktion von vor allem Einwegkunststoffen erarbeitet. Gastronomen müssen ab Januar 2023 neben Einweg-to-go-Verpackungen auch Mehrwegbehältnisse anbieten. Zwar steht bei den meisten Hofcafébesuchen das Erlebnis Bauernhof mit Verweilzeiten auf dem Betrieb im Vordergrund, dennoch werden einige Hofgastronomen von der neuen Regelung betroffen sein.
Die Gesetzesänderung
Für Direktvermarkter, welche eine bäuerliche Gastronomie betreiben, tritt ab 01.01.2023 die Pflicht in Kraft, neben Einweg-to-go-Verpackungen Mehrweg-to-go-Lösungen anzubieten. Dabei darf die Mehrwegvariante für den Kunden der Gastronomie nicht teurer sein als die Einweg-Variante. Die Änderungen gelten jedoch nicht nur für Restaurants, sondern z.B. auch für Eis-Theken oder Selbstbedienungsstationen.
Das Gesetz weist jedoch Lücken auf: So sind von dieser Pflicht nur Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und Einweggetränkebecher betroffen, aber auch Pappverpackungen, welche mit einer dünnen Kunststoffschicht überzogen sind.
Für besonders kleinstrukturierte Unternehmen, worunter viele Hofgastronomien und -Cafés fallen werden, gelten Ausnahmen: Zum Beispiel für Betriebe mit einer Verkaufsfläche – dazu zählen auch frei zugängliche Flächen wie Aufenthalts- oder Sitzbereiche – von weniger als 80 m². Sollte darüber hinaus z.B. ein Lieferservice bestehen, zählen auch Versand- und Lagerräume dazu. Zusätzlich dürfen für das Greifen der Ausnahmeregelung maximal 5 Mitarbeiter beschäftigt sein. Wobei zu beachten ist, dass die Beschäftigtenzahl im Gesamtunternehmen zählt und Teilzeitangestellte mit einem entsprechenden Faktor angerechnet werden.
Abgesehen davon muss jeder Betrieb – ob er unter die Gesetzesauflage fällt oder nicht – Kunden die Möglichkeit bieten, eigens mitgebrachte Behältnisse zu befüllen. Auf diese Möglichkeit muss auch in den Kundenbereichen hingewiesen werden.
Die gesetzlichen Änderungen für Hofgastronomen im Überblick:
- Wann: ab 01.01.2023
- Was: Angebotspflicht für Letztvertreiber von Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und Einweggetränkebechern in der Gastronomie und Außer Haus-Verpflegung
- Ausnahmen: Betriebe < 80 m² & < 5 Mitarbeiter*innen
Unterschiedliche Anbieter
In den letzten Jahren und Monaten haben sich auf dem Markt viele Anbieter von Mehrweglösungen etabliert. Diese können wie folgt unterschieden werden:
Pfand-Pool-System offline | Pfand-Pool-System App basiert | Eigenes System/ Insellösung | Verbundsystem | |
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Am Bsp. RECUP & REBOWL | Am Bsp. Vytal | Am Bsp. Nette GmbH | Am Bsl. MainBecher | |
Funktion |
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Eigentümer Gefäße | Recup | Vytal |
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Rückgabegewähr | Pfand | Verknüpfung Behältnis (QR-Code-Scan) mit Konto des Kunden |
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Rücknahmeort | Alle teilnehmenden Betriebe | Alle teilnehmenden Betriebe | Hofcafe/Hofwirtschaft | – |
Vorteile |
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Nachteile |
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Anfallende Mehrkosten & Kostenersparnis
Bei der Einführung eines Mehrwegsystems fallen je nach System und Anbieter andere Kosten im Vergleich zu Einwegverpackungen an. Darunter zählt die Anschaffung einer Spülmaschine zum Reinigen der Behältnisse und die Entlohnung der dafür aufgewendeten Arbeitszeit und Reinigungsmittel/ -kosten. Bei der Einführung eines betriebseigenen Mehrwegsystems kommt noch die anfängliche Investition der Behältnisse dazu. Auch im Lager sollte – wo noch nicht vorhanden – ein Regal zur hygienischen Lagerung der Boxen und Becher angeschafft werden. Je nach Anbieter kommen dann noch monatliche Gebühren oder Befüllungsgebühren hinzu. Zusätzlich kann die Anschaffung eines Tablettes anfallen, auf welchem kundeneigene Behältnisse entgegengenommen und befüllt werden müssen, da der Landwirt für die Sauberkeit dieser Behältnisse nicht garantieren kann.
Die meisten Anbieter werben mit einer Kostenersparnis gegenüber der Nutzung von Einweg-Verpackungen. Das kann erreicht werden, wenn anhand des eigenen Umsatzes und der eigenen Betriebs- und Kostenstruktur das zum Betrieb passende System ausgewählt wird. Dazu sollten Angebote von unterschiedlichen Anbietern eingeholt und miteinander verglichen werden. Wichtig ist dabei, möglichst reale to-go-Umsätze anzunehmen.
Sollten höhere Kosten als bei der Einweg-Variante anfallen, ist noch zu klären, ob und wie diese Mehrkosten umgelegt werden können. Eine Möglichkeit wäre, diese auf die Produktpreise umzulegen. Dann zahlen auch Kunden „mit“, welche vor Ort im Restaurant oder Café ihre Bestellungen genießen.
Hygiene bei Mehrwegsystemen
Grundsätzlich trägt der Gastronom für die Sicherheit der von ihm in Verkehr gebrachten Lebensmittel die Verantwortung. Für die einwandfreie hygienische Sauberkeit von eigens mitgebrachten Kundenbehältnissen kann der Landwirt jedoch nicht garantieren und ist in diesem Falle nur für die Beschaffenheit des Lebensmittels bis zum Einfüllen verantwortlich. Zur Übergabe dieser kundeneigenen Behältnisse bieten sich die bereits genannten Tabletts an, oder auch die Gestaltung der Theke in einen extra Bereich für den Umgang mit mitgebrachten Kundenbehältnissen.
Bei Mehrwegbehältnissen externer Anbieter sollte im Betrieb eine extra Rückgabeecke eingerichtet werden, welche kreuzungsfrei zu Lebensmitteln funktioniert, um Kontaminationen zu vermeiden. Laut Anbieterangaben kann die Reinigung neben der Nutzung einer Haushaltsspülmaschine in Einzelfällen auch per Handwäsche erfolgen. Nicht immer wird eine Industriespülmaschine vorausgesetzt. Leere und gereinigte Behältnisse müssen sorgfältig gelagert werden. Der Reinigungs- und Lagerprozess sollte jedoch in jedem Fall mit der zuständigen Lebensmittelüberwachung abgestimmt werden.
Detaillierte Informationen zur Hygiene bei Mehrweg hält unter anderem der Lebensmittelverband Deutschland e.V. in Form von Merkblättern bereit.
Das passende System für sich finden
Welches System das passende für bäuerliche Gastronomiebetriebe ist, ist von mehreren Faktoren abhängig. Grundsätzlich ist zu empfehlen, nur ein Mehrwegsystem im Betrieb einzuführen und darauf zu achten, dass die Behältnisse ineinander stapelbar, mikrowellen- und gefriergeeignet und auslaufsicher sind. Wo möglich, sollte verkaufspsychologisch darauf geachtet werden, die Farben der Behältnisse optisch an den Farbstrukturen der verkauften Lebensmittel zu orientieren – denn das Auge isst bekanntlich mit. Eine betriebseigene Mehrweglösung bietet sich bei einem großen Anteil von Stammkunden an, da der Kunde häufiger einkauft und für die Rückgabe keine Extrawege zurücklegen muss. Solch eine Insellösung kann auch dann von Vorteil sein, wenn spezielle Produkte spezielle Behältnisse erfordern, welche von externen Anbietern nicht angeboten werden. So z.B. Eisbecher oder Kuchenboxen. Im Gegensatz dazu kann eine Beteiligung bei externen Anbietern Sinn machen, wenn der Betrieb in einer Urlaubsregion, an einem stark befahrenen Fernradweg oder in der Nähe von Autobahn oder Bundesstraße liegt und mehr Laufkundschaft zur Zielgruppe zählt. Dann empfiehlt es sich, zu schauen, welche Anbieter in der eigenen Region bereits am stärksten verbreitet sind. Je nach Anzahl benötigter Behältnisse, dem Umsatz, der über Mehrweg generiert wird und der Durchlaufanzahl der Behältnisse kann eine externe Lösung günstiger als eine Individuallösung sein. Daher sollte sich jeder Betrieb gut überlegen, welches System zur eigenen Betriebsstruktur, zu den Mitarbeitern und zu den Gästen passt und Angebote einholen und diese mit den eigenen Zahlen durchrechnen.
Fazit
Viele Anbieter werben mit einer Kostenersparnis bei der Nutzung von Mehrwegsystemen gegenüber der Nutzung von Einwegsystemen. Zwar kann in den meisten Fällen kein Profit generiert werden, es ist jedoch meistens auch kein großer zeitlicher Mehraufwand zu leisten. Eine Kosteneinsparung hingegen ist möglich, jedoch sollten unterschiedliche Mehrweglösungen miteinander verglichen werden.
Grundsätzlich wird Einkaufsverhalten immer von Verbrauchertrends beeinflusst. Auch das Mehrweggeschäft kann zum Trend werden und die Verbrauchernachfrage steigen lassen. Wer diesem Trend nachkommt, kann unter Umständen Neukunden gewinnen. Hierzu ist es wichtig, sich intensiv mit seiner Zielgruppe auseinander zu setzen: Berufstätige und Touristen z.B. wünschen sich andere Mehrwegsysteme als technisch affine Bürger*innen aus der Region. Vom Nachhaltigkeitsgedanken der Mehrwegbehältnisse werden hingegen vor allem umweltbewusste Verbraucher angesprochen. Mehrwegboxen und -becher können aber auch eine Möglichkeit darstellen, um Kunden zu binden – denn mal ehrlich: wer kehrt in einer Gastronomie ein und kommt nur zurück, um die Behältnisse zurückzugeben und nicht den nächsten Kuchen für die Kaffeerunde mitzunehmen?