Unternehmensführung

Gewinnsituation der hessischen Haupterwerbsbetriebe WJ 2022/23, konventionell

Alle Betriebsformen mit Rekordgewinnen

Die in der hessischen Regionalstatistik ausgewerteten 298 konventionell wirtschaftenden Haupterwerbsbetriebe erzielen im WJ 2022/23 ein bisher nie dagewesenes Rekordergebnis und erwirtschaften einen durchschnittlichen Unternehmensgewinn von 130.340 €. Das ist gegenüber dem Vorjahr eine Gewinnsteigerung von knapp 77 %. Das um Investitionszulagen sowie zeitraumfremde Einflüsse bereinigte „ordentliche Ergebnis“ springt um 93,9 % von 65.793 € auf 127.603 €. Der aktuelle Gewinn liegt damit um 65 % über dem 5-Jahresdurchschnitt in Höhe von 79.130 €.

Der Gewinn je nichtentlohnter Arbeitskraft (in der Regel also die familieneigenen Arbeitskräfte) steigt um 71 % von 50.720 € auf 86.765 €. Wie im Vorjahr liegt er nun weit über dem gewerblichen Vergleichslohn, der für das WJ 2022/23 mit 40.509 € angegeben wird.

Eine wichtige Kennzahl für die Leistungsfähigkeit der Betriebe ist die zeitraumechte und bereinigte Eigenkapitalbildung. Mussten die Betriebe in den Wirtschaftsjahren 2014/15 und 2015/16 noch Eigenkapitalverluste hinnehmen, konnten sie in den letzten fünf WJ wieder Eigenkapital bilden. Im WJ 2022/23 steigt die Eigenkapitalbildung um 303 % von 13.981 € auf 42.367 €. Aufgrund der erfreulichen Gewinnsituation wird auch wieder mehr investiert, wenngleich bei weitem nicht in dem Maße, wie die Gewinne gestiegen sind. Die Bruttoinvestitionen erhöhen sich von 74.354 € auf 86.034 € um 16 % und die Nettoinvestitionen von 22.624 € auf 30.281 € um 31 %. Ca.3/4 aller Investitionen werden für Maschinen und technische Anlagen getätigt.

Die bewirtschaftete Fläche (ha LF) der ausgewerteten Betriebe beträgt 129,96 ha und ist 2,86 ha größer als im Vorjahr. Dagegen ist der Viehbesatz mit 109,8 VE/100 ha gegenüber dem Vorjahreswert nochmals um 2,1 % gesunken. Angesichts der sehr guten Milch- und Schweinepreise werden allerdings die Milchkuh- und Zuchtsauenbestände wieder leicht erhöht. Zudem kann die Milchleistung ggü. dem Vorjahr um 3,8 % gesteigert werden.

Erträge steigen deutlich stärker als die Aufwendungen

Die betrieblichen Erträge verbessern sich um 115.807 € auf 555.319 €. Dies beruht zum einen auf Mehreinnahmen im Bereich der Pflanzenproduktion von 34.491 €, in erster Linie aufgrund der beachtlichen Erlössteigerungen bei Getreide (+47,8 %) und Raps (+53,0 %). Der sechsprozentige Ertragsrückgang bei den Zuckerrüben wird durch einen 40%igen Preisanstieg auf 4,76 €/dt mehr als ausgeglichen. Noch stärker fällt der Ertragsrückgang bei den Kartoffeln aus (-16,7 %) aus, der aber ebenfalls durch einen 43 % höheren Marktpreis mit 18,42 €/dt überkompensiert wird.

Die Umsatzerlöse in der Tierhaltung steigen um 84.768 €, was einmal mehr belegt, dass sich in guten Jahren die Veredlung besonders lohnt. Hier rangiert der Milcherlös mit 45.609 € Steigerung noch vor den Mehrerlösen im Bereich der Schweinehaltung (+ 34.933 €). Entscheidend für die Erlössteigerung bei der Milch ist in erster Linie der um fast ein Drittel höhere Milchpreis mit 56,43 Cent/kg, wobei zusätzlich noch eine Mengensteigerung von 3,8 % auf 8.726 Milchleistung/Kuh realisiert wird. Der Mastschweinepreis mit 211,49 €/St liegt 38 % über Vorjahresniveau und auch die Zuchtsauen haltenden Betriebe erzielen mit einem Ferkelpreis von 72,49 €/St Höchstpreise.

Gestiegene betriebliche Aufwendungen um insgesamt 59.295 € auf 418.861 € werden im Bereich Pflanzenproduktion hauptsächlich verursacht durch fast 45 % höhere Düngemittelausgaben gegenüber dem Vorjahr. Im Bereich der Erzeugung tierischer Lebensmittel schlagen die Summen für Tierarzt, Tierzukäufen und damit einhergehenden Futtermittelkosten von insgesamt 138.797 € zu Buche, was einem Anteil von 33 % an den gesamten betrieblichen Aufwendungen entspricht. Treib- und Schmierstoffe liegen um 11,3 % über dem Vorjahr. Die Kosten für Betriebsversicherungen erreichen tendenziell einen immer größer werdenden Anteil an den gesamten betrieblichen Aufwendungen mit 3,6 %.

Futterbaubetriebe erneut vorne

Der Gewinn der 115 ausgewerteten Futterbaubetriebe klettert um 92 % auf 158.679 €. Sie liegen damit bereits im zweiten Jahr hintereinander an der Spitze der Betriebsformen.  Dicht dahinter folgen die Veredlungsbetriebe mit 152.510 € Unternehmensgewinn.

Bei den Ackerbaubetrieben setzt sich die Tendenz einer kontinuierlichen Gewinnsteigerung fort. Im WJ 2022/23 konnten sie ihren Gewinn ggü. dem Vorjahr erneut um 36 % auf 89.909 € erhöhen, liegen aber dennoch hinter den Verbundbetrieben mit 115.595 €.

Zulagen und Zuschüsse diesmal gesunken

Bei leicht gestiegener LF auf ca. 130 ha haben die Zulagen und Zuschüsse mit insgesamt 48.475 € gegenüber dem Vorjahreswert von 53.128 € nicht zugenommen. Die EU-Direktzahlungen bleiben mit 34.050 € je Betrieb fast unverändert. Bezogen auf die betrieblichen Erträge insg. haben die Zuschüsse einen Anteil von 8,7 %, bezogen auf den Gewinn einen Anteil von 37,2 %.

Einkommensdisparität weiterhin enorm

Bei den „erfolgreichen Betrieben“ (oberstes Viertel) steigt der Gewinn um 97.142 € auf 258.214 €. Er beträgt damit weiterhin das 1,98-fache des Durchschnitts aller Betriebe. Dagegen erzielen die „weniger erfolgreichen Betrieben“ (unterstes Viertel) einen Gewinn von 18.529 €, was lediglich 14 % des durchschnittlichen Gewinns bedeutet.

Mit 164,69 ha bewirtschaften die 25 % erfolgreichen Betriebe nicht nur deutlich mehr LF (+ 27 %) als der Durchschnitt. Auch ihr Viehbesatz liegt mit 133,7 VE/ 100 ha LF um ca. 22 % höher.

Entwicklungstendenzen im laufenden WJ 2023/24

Auf breiter Linie sind seit dem Frühjahr 2023 deutliche Preissenkungen am Markt zu beobachten. Das betrifft die Getreide- und Ölsaatenpreise genauso wie die Milchpreise. Wenngleich auf der Aufwandsseite auch die Produktionsmittelpreise (Dünger, Futtermittel) wieder zurückgehen, werden unterm Strich keinesfalls mehr die herausragenden Ergebnisse des letzten Wirtschaftsjahres erreicht werden können. Es ist also mit einer deutlichen Gewinnreduzierung zu rechnen. Die Betriebe sind gut beraten, besonders auch auf die Sicherstellung ihrer Liquidität zu achten. Denn aus den herausragenden Gewinnen des abgelaufenen Wirtschaftsjahres werden mit einer Zeitverzögerung erhebliche Steuernach- und auch Steuervorauszahlungen resultieren.

Gewinnsituation der hessischen Haupterwerbsbetriebe (konventionell) im WJ 2021/22 und 2022/2023
(Ergebnisse der hessischen Regionalstatistik)

1) nAK – nichtentlohnte Arbeitskräfte – nur die nichtentlohnten Familienarbeitskräfte plus evtl. nichtentlohnte Fremdarbeitskräfte Quelle: Buchführungsergebnisse landwirtschaftlicher Betriebe in Hessen – WJ 2021/22 und 2022/23
	Gewinn in €						EK-Veränderung in € je Einzelunternehmen (bereinigt um priv. Vermögensumschichtung)
	je ha LF		je nAK 1)		je Unternehmen
	2021/22	2022/23	2021/22	2022/23	2021/22	2022/23	2021/22	2022/23
Ackerbau E	722	1022	119.582	143.091	142.765	182.158	52.968	62.748
Ackerbau M	482	658	53.342	70.311	66.107	89.909	13.163	26.936
Ackerbau W	118	119	14.596	10.309	13.073	12.226	-20.200	2.777
Futterbau E	1.068	1.615	103.311	202.063	167.361	305.126	62.222	123.964
Futterbau M	647	1206	51.795	99.958	82.515	158.679	19.644	62.627
Futterbau W	41	297	6.114	16.055	4.131	25.377	-17.233	-5.978
Veredlung E	1.636	2.075	106.957	194.452	177.445	279.982	41.439	85.153
Veredlung M	751	1.487	46.923	96.922	76.557	152.510	3.875	32.512
Veredlung W	-116	244	-7.037	6.541	-9.095	17.970	-36.882	-18.010
Verbund E	866	1.319	115.465	159.498	151.595	226.217	46.211	81.115
Verbund M	503	859	48.382	77.482	65.118	115.595	10.347	30.666
Verbund W	-3	210	22	13492	-295	19662	-15.079	-1.968
Insgesamt E	959	1.568	111.498	179.862	161.072	258.214	56.092	103.590
Insgesamt M	580	1.003	50.720	86.765	73.708	130.340	13.981	42.367
Insgesamt W	32	192	5.309	12.701	3.280	18.529	-21.473	-2.604

Diagramm: 5-Jahres-Gewinnverlauf der hessischen Haupterwerbsbetriebe (konventionell)