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LLH testet nachhaltige Produktion von Weihnachtssternen
Haben Sie auch schon einen Weihnachtsstern bei sich zuhause? Der Weihnachtsstern gehört zu den beliebtesten und meistverkauften Zimmerpflanzen in Deutschland. Seit den 50er Jahren erobert er unablässig Jahr für Jahr in der Vorweihnachtszeit unsere Wohnzimmer. In Deutschland wurden 2017 ca. 32 Mio. Exemplare verkauft – bei gut 40 Mio. Haushalten (presseportal.de). Was viele nicht wissen: die anschauliche Weihnachtsblume stammt ursprünglich aus Mittelamerika. Dort wächst das giftige Wolfsmilchgewächs in der Form eines ausdauernden, bis zu 5 m hohen Strauches. Durch Selektion in der Züchtung, spezielle Temperaturprogramme in der Anzucht und Wachstumsregulatoren werden die eher zierlichen Topfvarianten möglich. Aber auch die Größe des Topfes begrenzt das Wachstum auf „natürliche“ Weise.
Weihnachtssterne mögen es warm und hell
Weihnachtssterne werden unter möglichst optimalen Wachstumsbedingungen herangezogen. Die Pflanzen gedeihen am besten an hellen Standorten bei Temperaturen zwischen 18 und 20 °C. Sie reagieren empfindlich gegenüber Zugluft und Kälte. Die Produktion erfolgt daher meist kosten- und energieintensiv in Gewächshäusern. Als Kultursubstrat kommt sehr oft Torf zum Einsatz.
Die optimalen Produktionsbedingungen führen dazu, dass die Pflanzen unzureichend an die suboptimalen Umweltbedingungen in Verkaufsräumen (oft zu kalt), Innenräumen (zu dunkel) und das Verhalten der Verbraucher angepasst sind. Die Folge: die Freude an den Zierpflanzen währt meist nicht lange. Alles in allem sieht die Wertschöpfungskette von Weihnachtssternen also wenig nachhaltig aus.
Mehr Freude durch nachhaltige Produktion
Doch das soll sich ändern! Der Ruf der Verbraucher nach langlebigen, nachhaltig und regional erzeugten Produkten wächst. Unter Leitung der Hochschule Geisenheim University hatten sich Anfang 2019 5 Projektpartner (darunter der LLH als auch Erzeuger und Vermarkter) zusammengefunden und die Operationelle Gruppe (OG) „HessenStern“ ins Leben gerufen. Das Vorhaben, das durch die Europäische Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri) gefördert wird, läuft drei Jahre. Mit einem Budget von knapp 400.000 € wird in Südhessen eine umweltschonende Produktion und Vermarktung getestet. Im Fokus steht dabei der Aufbau einer regionalen Wertschöpfungskette, in der die Weihnachtssternproduktion auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt ist.
Das Projekt „HessenStern“ fußt auf dem vorangegangenen „ProkonZier“-Projekt, das die Hochschule Geisenheim mit mehreren Partnern aus dem Bundesgebiet und internationalen Züchtern durchgeführt hatte. Hier wurde sehr intensiv das Leben der Pflanzen in Verbraucherhaushalten untersucht und Kulturmaßnahmen entwickelt, die die Haltbarkeit verlängern können.
Seit August wurden insgesamt 6000 Pflanzen von der OG an 3 verschiedenen Standorten unter vergleichbaren Beleuchtungs- und Substratverhältnissen angezogen und das Wachstum evaluiert. Die Stecklinge für die Pflanzen stammten aus fairer Produktion in Afrika (Fair-Trade).
„Die Produktion lief an allen Standorten reibungslos. Wir haben insgesamt vier verschiedene, teilweise torffreie Substrate getestet. Unter anderem verwenden wir regional produzierte Holzfasern aus dem Spessart. Unabhängig vom Substrat können sich unsere Weihnachtssterne sehen lassen“, freut sich Wolfgang Schorn vom LLH Gartenbauzentrum Geisenheim.
Wie sich die drei getesteten Lichtregimes während der Anzucht auf die spätere Haltbarkeit der Pflanzen im Wohnzimmer des Kunden auswirken, muss sich noch zeigen. Dieser Aspekt wird aktuell noch im Haltbarkeitsuntersuchungsraum der Hochschule Geisenheim untersucht.
Nordhessen können HessenSterne „testen“
Ein weiteres Mitglied der OG HessenStern ist der Lorscher Gartenbaubetrieb Kasten. Günther Wilde vom LLH-Beratungsteam Gartenbau berät die Firma während der Projektlaufzeit. „Auch hier im Gartenbaubetrieb Kasten wurden die Weihnachts- bzw. HessenSterne unter vergleichbaren Bedingungen angezogen wie am LLH und an der Uni. Nur sind diese Pflanzen für den Endverkauf vorgesehen“, erklärt Wilde. Wie die in Hessen produzierten Pflanzen beim Verbraucher ankommen und welchen Preis diese zu zahlen bereit sind, wird sich noch erweisen.
Die HessenSterne werden ab der kommenden Woche in Nordhessen bei OG-Partner Gartencenter Meckelburg zum Verkauf angeboten. Begleitend untersuchen Studierende der Hochschule Geisenheim die Reaktionen der Kundinnen und Kunden. Die Beratung wird von Mechthild Borchert, LLH-Beraterin für Zierpflanzenbau in Kassel, gewährleistet.
Im nächsten Jahr sollen die HessenSterne noch nachhaltiger werden: dann kommen sie in Recycling-Töpfen zum Kunden.