Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Zierpflanzenbau

Energie sparen im Gewächshaus – Was bringt eine Dacherneuerung?

Die vom Gartenbauzentrum (GBZ) Geisenheim für die Zierpflanzenbauversuche genutzten Gewächshausabteilungen wurden Ende der 1980er Jahre errichtet. Eine Dachsanierung war erforderlich, da die zur Abdichtung der Glasscheiben verwendeten Gummiprofile das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht hatten.

Das ursprüngliche „hortiplus“-Glas, mit einem Wärmedurchgangswert von 6,0 W/m²K (Standardglas hat 7,6 W/m²K), wurde durch Ethylentetrafluorethylen (ETFE)-Folie ersetzt. Der Wärmedurchgangswert ist vergleichbar mit „hortiplus“, die Lichtdurchlässigkeit der Folie ist – vor allem im UV- und Blaubereich – erheblich höher. Die Haltbarkeit dieser technischen Folie wird mit mehr als 30 Jahren angegeben. Im Zuge der Reparatur wurden Messungen zum Energieverbrauch der Gewächshäuser (Vergleich vorher/nachher) durchgeführt.

Den Wärmeverlusten eines Gewächshauses durch Abstrahlung und durch Wärmeübergang durch die Gewächshaushaut stehen Solargewinne durch die Sonneinstrahlung (das ist der „Treibhauseffekt“) gegenüber. Diese „Gewinne“ gibt es zwar nur am Tage, dennoch übertreffen sie in der Jahresbilanz die durch Heizen zuzuführende Energie um bis zu 100 %. Das heißt, dass in einem Gewächshaus mit 20°C Innentemperatur etwa 1/3 des Wärmebedarfes durch Heizen, 2/3 dagegen durch die Sonne gedeckt werden.

Folgende Annahmen wurden getroffen:

  • Da die Gewächshauskonstruktion sonst nicht verändert wurde, kann die Energiemessung durch die eingebauten Wärmemengenzähler als Datengrundlage herangezogen werden.
  • Für die Vergleiche zwischen „vorher“ und „nachher“ werden die Klimafaktoren des DWD genutzt, die den Unterscheid zwischen den Jahren berücksichtigen.

Die Versuchsfrage lautet daher: Wie entwickelt sich der Energieverbrauch eines bestehenden Gewächshauses, wenn das Bedachungsmaterial durch eines mit vergleichbarem Wärmedurchgang, höherer Dichtigkeit und höherer Lichtdurchlässigkeit ersetzt wird?

Versuchsaufbau

Die Dach- und Dachlüftungsflächen wurden ausgeglast und vorkonfektionierte Bahnen aus ETFE aufgebracht. Die Befestigung erfolgte durch ein Aluminiumprofil, das auf die Aluminiumsprossen aufgeschraubt wurde und für die erforderliche Spannung der Folien sorgte.

An den Stehwänden wurden die Gummiprofile durch solche mit breiterer Auflage erneuert.

Der Wärmeenergieverbrauch wurde durch Wärmemengenzähler dokumentiert, die Verläufe von Innen- und Außentemperatur dem Archiv des Klimacomputers entnommen.

Parallel dazu wurden ab September 2022 Energiesparmaßnahmen umgesetzt. Die maximale Tagesheiztemperatur wurde auf 12°C, die Nachttemperatur auf 15°C eingestellt.

Betrachtet und einander gegenübergestellt wurden die Monate September, Oktober, November und Dezember 2021 bzw. 2022. Für die drei Gewächshausabteilungen wurde der jeweilige Wärmeverbrauch und die durchschnittliche Innentemperatur im Untersuchungszeitraum ermittelt.

Die durchschnittliche Außentemperatur wurde von der Wetterstation des Klimacomputers geliefert; die Hüllfläche der Gewächshausabteilungen wurde nach Eingabe der Kenndaten von hortex mit je 374,34 m² ermittelt.

Die nutzbare Versuchsfläche in einer Abteilung beträgt 90 m² bzw. 108 m².

Ergebnisse und Diskussion

Die Auswertung der Wärmezähler und der Klimadaten zeigt Tab. 1. Der am Wärmemengenzähler gemessene Energieverbrauch wurde für 2021 mit 0,94, für 2022 mit 1,10 multipliziert. Diese Klimafaktoren werden vom Deutschen Wetterdienst DWD für Energieverbrauchsberechnungen zur Verfügung gestellt und berücksichtigen die Witterungsunterschiede von Jahr zu Jahr. 2022 war also 1,1 – 0,94 = 16 % wärmer als 2021. Daher sind diese 16 % bei der Betrachtung nicht berücksichtigt worden.

Durch Änderung des Versuchsprogramms wurde auf die Gaskrise 2022 reagiert und die Heiztemperaturen auf 12 C tagsüber und 15 C nachts abgesenkt.

Die letzte Tabellenzeile gibt Auskunft über die durch die Dacherneuerung erzielten Energieeinsparungen. Sie setzen sich zusammen aus geringeren Verlusten im Heizungsbetrieb durch Beseitigung der Undichtigkeiten – Literaturangaben liegen bei 15 % – und aus erhöhten Solargewinnen durch die bessere Lichtdurchlässigkeit des neuen Materials. Das Gewächshaus erwärmt sich morgens schneller und erreicht höhere Temperaturen. Außerdem wachsen die Pflanzen besser, weil ihnen mehr Licht zur Verfügung steht.

Die Dacherneuerung hat die Wirtschaftlichkeit verbessert und den CO2-Ausstoß reduziert. Für den betrachteten Zeitraum von 4 Monaten sind das 8,1 t CO2.

Tab. 1: Vergleich des Wärmeenergieverbrauches der Gewächshausabteilungen im LLH GBZ Geisenheim

20212022
[1]
Die Formel für den Transmissionswärmebedarf  mit A = Hüllfläche, U = Wärmedurchgangswert und Δt = Temperaturdifferenz Innen-Außen wurde umgestellt:
U= W/(A×Δt)
Gewächshaus2B3A3B2B3A3B
gemessene Wärmemenge in MWh (W)22,38725,099415,50427,78256,96778,1253
Stromverbrauch 2022 in kWh3.241,162.592,842.650,873608,79954,912522,12
Klimafaktor0,941,10
Wärmemenge x Klimafaktor in MWh21,0423,5914,578,567,668,94
Mittlere Innentemperatur21,220,018,017,717,017,9
Mittlere Außentemperatur10,110,4
Mittleres Δt (Innen – Außen)11,29,98,07,36,67,5
Mittlere Windgeschwindigkeit in m/s0,80,8
Strahlungssumme kWh195,227196,355
Tage121121
Hüllfläche in m² (A)374,34374,34
Wärmedurchgangswert U in W/m²K [1]5,06,44,93,13,13,2
Einsparung total65 %72 %48 %
Einsparung klimabereinigt
(2022 war wärmer)
59 %68 %39 %
davon Einsparung durch T-Absenkung35 %33 %6 %
davon durch techn. Maßnahmen25 %34 %33 %
CO2-Einsparung in kg/a (202 kg CO2/MWh aus Erdgas erzeugter Wärme)-2.950-3.663-1.491

Fazit

Die erzielten Energieeinsparungen haben die Erwartungen übertroffen. Die Betrachtung der einzelnen Faktoren zeigt, dass die Gesamteinsparung durch Maßnahmenkombinationen (Temperaturabsenkung und Abdichtung des Daches) am höchsten ist, da diese sich gegenseitig positiv beeinflussen.
Die Temperaturabsenkungen in den Gewächshäusern werden künftig als Standard weitergeführt. Zudem lässt die Dacherneuerung auf bessere Qualitäten bei den Kulturpflanzen und kürzere Versuchsdauern durch schnellere Pflanzenentwicklung hoffen.


Dieser Beitrag stammt aus dem LLH-Jahresversuchsbericht 2023. Die gesamte Broschüre finden Sie hier.

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