Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Dauergrünland

Biodiversität im Grünland fördern und erhalten

Dauergrünland macht in Hessen etwa 37 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche aus. Neben Wald ist Grünland damit eine der wichtigsten Flächennutzungen in den Mittelgebirgslagen. Zum Dauergrünland zählen Wiesen und Mähweiden, Weiden, Hutungen und Streuwiesen sowie aus der Erzeugung genommenes Dauergrünland mit Beihilfe-/Prämienanspruch. Wiesen und Weiden sind dabei die häufigsten Nutzungsformen.

Die Bestandzusammensetzung im Grünland wird maßgeblich von der Nutzungsintensität bestimmt

Das Grünland hat dabei die unterschiedlichsten Funktionen. Häufig dient es bspw. der Futterproduktion, ob als Weide oder als Winterfutter im Stall, in Form von Heu oder Silage. Gleichzeitig erfüllt es auch einige wichtige Schutzfunktionen. So dient es z.B. dem Wasserrückhalt und verhindert Bodenerosion. Als CO2-Senke leistet es einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, und mit seiner Vielzahl an Arten und durch zeitlich gestaffelte Blühabfolgen bietet es Lebensraum für zahlreiche Tiere und Insekten.

Grünland in Mitteleuropa ist dabei immer an die Nutzung gebunden. Das heißt, sobald die regelmäßigen Eingriffe durch Mahd oder Beweidung wegfallen, setzt eine Verbuschung ein. Aber Grünland ist nicht gleich Grünland, denn die Nutzung und der Standort prägen die Grünlandvegetation so stark, dass daraus unterschiedliche pflanzensoziologische Gesellschaften entstehen. Die Mähwiesen, Kalkmagerrasen und Borstgrasrasen sind bspw. das Ergebnis einer aus heutigeren Sicht wenig intensiven Bewirtschaftung, mit langen Mahdintervallen und geringer oder gar keiner Düngung. Sie zählen zu den artenreichsten Biotopen im weltweiten Vergleich. Die jeweilige Pflanzenzusammensetzung eines Grünlandbestands ist dabei kein Zufall, denn sie ist immer das Ergebnis der regionalen Standortbedingungen und der jeweiligen Bewirtschaftung. Nur durch die Weiterführung der meist extensiven Bewirtschaftungsweise können die jeweiligen Pflanzengesellschaften auch weiterhin erhalten werden.

Artenvielfalt erhalten durch Bewirtschaftung im extensiven Grünland

Dass allein kleinere Unterschiede bei Pflegemaßnahme schon einen immensen Einfluss auf die Bestandszusammensetzung haben können, zeigt beispielhaft auch ein Langzeitversuch zur „Bestandsentwicklung auf einer Glatthaferwiese bei Brache, Schnitt und Mulchen“ (Abb. 1 und 2) auf dem Landwirtschaftszentrum Eichhof. Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die Entwicklung der Ertragsanteile der Hauptbestandsbildner bei ein- oder zweimaligem Mulchen und Liegenlassen des Mähgutes und bei ein- oder zweimaligem Schnitt mit Abfahren des Mähgutes. Das Mulchen gilt bei der Grünlandpflege häufig als Alternative, wenn das Schnittgut aus unterschiedlichen Gründen nicht genutzt werden kann. Durch den Verbleib des Mulchmaterials auf der Fläche, stehen dem Boden diese Nährstoffe langfristig wieder zur Verfügung. Dies führt dazu, dass die Fläche weniger aushagert als es beim Mähen und Abfahren der Fall sein würde. Auf vielen Flächen, die als Zielsetzung den Erhalt oder die Pflege einer artenreichen Pflanzengesellschaft haben, ist ein Nährstoffabbau allerdings oft erwünscht, um die entsprechende Bestandszusammensetzung zu erhalten. Dies wird auch in dem Langzeitversuch am Eichhof deutlich. So ist in den Mulchvarianten (Abb. 1) ein obergrasreicher Bestand mit einem höheren Anteil stickstoffdankbarer Arten zu finden. Beim Mähen und Abfahren des Erntegutes sind die Bestände hingegen deutlich artenreicher mit weniger Obergräsern und auch der Anteil anderer stickstoffdankbarer Arten nimmt ab. Dieser Effekt ist bei zweimal jährlichem Mähen deutlich höher. Die Ausprägung dieser Effekte ist aber immer auch abhängig vom Standort und nicht auf jede Fläche übertragbar.

Abbildung 1: Bestandsentwicklung auf einer Glatthaferwiese bei Mulchen (links: 1x jährlich, rechts: 2x jährlich). Dargestellt ist der Ertragsanteil der Bestandsbildner in %
Abbildung 2: Bestandsentwicklung auf einer Glatthaferwiese bei Mähen (links: 1x jährlich, rechts: 2x jährlich). Dargestellt ist der Ertragsanteil der Bestandsbildner in %

Biodiversität im häufig genutzten Grünland steigern

Durch Nutzungsaufgabe, Nutzungsänderung oder Intensivierung von Grünlandflächen kam es seit Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer Veränderung der Grünlandvegetation und in Folge dessen häufig zu einer Artenverarmung der Flächen. Durch eine steigende Nutzungsfrequenz nehmen die Artenzahlen im Grundsatz zwar leicht ab, gleichzeitig führt die Intensivierung der Grünlandwirtschaft (in Bezug auf Nutzung und Düngung) zu deutlich besseren Erträgen und Futterqualitäten. Eine hohe Artenvielfalt auch in intensiv genutztem Wirtschaftsgrünland zu erhalten, ist in der Regel nicht möglich. Dennoch ist es meist keine Option, zu einer extensiveren Nutzung zurückzukehren, denn, um als Grundfutter für Milchvieh geeignet zu sein, muss der Aufwuchs a) frühzeitig genutzt werden und b) gut mit Nährstoffen versorgt sein. Eine gute Futterqualität und ein möglichst rentabler Einsatz im Stall setzen somit eine angepasste Nutzungshäufigkeit voraus.

Biodversitätsfördernde Maßnahmen, die im Extensivgrünland weit verbreitet sind, werden im intensiv genutzten Grünland deutlich seltener durchgeführt. Seit einigen Jahren gibt es allerdings das Bestreben, mit biodiversitätsfördernden Maßnahmen intensiv bewirtschaftetes Grünland artenreicher zu gestalten. Einige dieser Maßnahmen zur Erhaltung bzw. Verbesserung der Biodiversität setzen bei der Nutzung und/oder der Düngung an. Sie lassen sich bspw. als Streifenanlage in Randbereichen oder innerhalb von intensiv bewirtschafteten Grünlandflächen integrieren. Die Maßnahmen lassen sich zwei Verfahrensweisen zuordnen:

  1. Reduktion des Düngeraufwandes
  2. Einschränkung der Nutzungshäufigkeit

Diese beiden Maßnahmenbündel haben einen direkten Einfluss auf die Entwicklung von Pflanzenbeständen. Durch eine unterschiedliche Kombination dieser leicht umsetzbaren Maßnahmen ist mit ihnen häufig eine Förderung der Biodiversität zu erreichen.

  1. Reduktion des Düngeraufwandes und Beibehaltung der bisherigen Nutzungsweise
  1. Entlang der Schlaggrenze: Bspw. letzte Arbeitsbreite bei Düngung mit Mineraldüngern oder Gülle aussparen. Keine Nachsaat in diesem Bereich. Als Folge ist eine Förderung der botanischen Vielfalt möglich.
  2. Auf Stickstoffdüngung bei ausgewogener P-K-Versorgung verzichten: Bei ausgewogener P-K-Versorgung und N-Verzicht werden insbesondere die Leguminosen gefördert. Auch Kräuter können
  3. Bei einem Verzicht auf jegliche Düngung sind die Effekte abhängig von der Ausgangssituation. Auf gut versorgten, grasreichen Standorten sind die Effekte kleiner, als in krautreicheren Höhenlagen. Die Ertragsverluste sind bei dieser Maßnahme am größten.
  1. Verzögerte oder unterlassene Nutzung

Durch verzögerte oder unterlassene Nutzung auf Teilflächen kommt es in diesem Bereich zur Blüten- und Samenbildung. Eine Pflege und Düngung des nicht genutzten Aufwuchses unterbleibt. Als Folge nimmt der Krautanteil im Erntegut zu, die Energiekonzentration und Verdaulichkeit des Futters nehmen in diesem Bereich ab. Bei Anlage von Streifen im Randbereich oder innerhalb der Fläche sollte dieser nach Möglichkeit ein bis zwei Arbeitsbreiten umfassen. Im Zeitraum der Mahd der Rest­fläche stellen die Altgrasstreifen wichtige Rückzugsräume für zahlreiche Tiere dar.

Grasstreifen vorrübergehend stehen lassen Insektenfreundlich mähen - geht das?

So profitieren u.a. viele Insekten und Gliederfüßer, aber auch für Kleinsäuger, Vögel, Reptilien und Amphibien stellen Altgrasstreifen eine zusätzliche Deckung dar und verbessern die Nahrungsgrundlage. Man unterscheidet bei der Durchführung:

    • Jährlich auf demselben Streifen: Unterlassen der ersten oder zweiten Nutzung. Die positiven Effekte stellen sich nach und nach ein. Unterschiedliche Arten profitieren – abhängig, ob der erste, zweite oder dritte Aufwuchs stehen gelassen wird. Bei regelmäßig verspätet geerntetem ersten Aufwuchs entsteht bspw. ein obergrasbetonter Heuwiesenbestand.
    • Jährlich auf wechselnden Streifen: Aussetzen der ersten oder folgenden Nutzungen. Hier besteht das Risiko einseitiger Förderung einzelner Arten. Bspw. früh blühende Gräser wie Wolliges Honiggras.

Teilweise ist eine Steigerung der Artenvielfalt durch eine derartige Maßnahmenkombination dennoch schwierig oder scheitert gar daran, dass kein Samenpotenzial mehr im Boden vorhanden ist. In einem solchen Fall ist eine Mahdgutübertragung oder eine Ansaat/Nachsaat zu überlegen.

Artenanreicherung durch Mahdgutübertragung oder Saatgut – Rechtliche Vorgaben beachten

Die Mahdgutübertragung ist eine Möglichkeit, um typische Wiesenarten wieder auf einer artenarmen Fläche anzusiedeln. Dabei wird frisches Schnittgut einer artenreichen Spenderfläche aus der Region auf eine Teilfläche oder einen Streifen verteilt. Die enthaltenen Samen fallen dann dort aus und keimen. Auf diese Weise können sich neue Arten auf der Empfängerfläche ansiedeln. Auch eine Ansaat mit regional produziertem Saatgut ist auf diese Weise denkbar. Die so angesiedelten Arten sollen bestenfalls in den Folgejahren aus den Streifen in die restliche Fläche einwandern. Vor einer solchen Maßnahme sollte immer mit der zuständigen Naturschutzbehörde geklärt werden, ob eine Saatgutübertragung von frischem Mähgut einer artenreichen Wiese aus der Umgebung bzw. die Ansaat von speziellen Saatgutmischungen möglich ist. Die Erfolgsaussichten für das Einbringen von Arten steigen dabei, umso geringer der Konkurrenzdruck der Altnarbe ist. Dabei ist zu beachten, dass jegliche Bearbeitung der Altnarbe als Grünlandumbruch gilt und hier eine entsprechende Genehmigung eingeholt werden muss. Zudem ist auch die Grünlanderneuerung genehmigungspflichtig. Im Vorfeld solcher Maßnahmen ist das Vorliegen von Schutzzielen mit den zuständigen Verwaltungsstellen zu prüfen.

Um die Artenvielfalt nach gelungener Nachsaat/Ansaat zu erhalten, muss sich die Nutzung in diesen Teilbereichen vom Intensivgrünland unterscheiden. Die Nutzungsintensität muss an den entsprechenden Vegetationstyp angepasst werden, und das geht meistens mit einer verminderten Schnitthäufigkeit und Düngung einher. Bestenfalls kann die Nutzung von Streifen oder Teilflächen in die normalen Arbeitsabläufe des Betriebes integriert werden. So könnte bspw. der erste Schnitt der Streifen zusammen mit dem zweiten Schnitt des intensiv bewirtschafteten Grünlandes erfolgen und ein zweiter dann im Spätsommer oder Herbst.

Grünland mit unterschiedlicher Zielsetzung kombinieren

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Wert des Grünlandes immer auch an seiner Zielsetzung zu bemessen ist. Artenreiches Grünland hat einen besonders hohen ökologischen Wert und so gehören bspw. spezielle Grünlandtypen, wie artenreiche Kalkmagerrasen, zu wertvollen Biotoptypen in Mitteleuropa. Für die Verwertung als Viehfutter ist aber bei artenreichen Beständen mit Einschränkungen zu rechnen, denn Hochleistungskühe haben höhere Ansprüche an Energie- und Eiweißgehalte im Futter als viele artenreiche Bestände leisten können. Bei der Futterproduktion ist also die Zielsetzung an das Grünland eine andere. Hier wird der Wert der Bestände anders bemessen.

Wünschenswert wäre, ein Nebeneinander von artenarmen (intensiven) und artenreichen (extensiven) Grünlandvegetationen im Betrieb zu realisieren, sodass durch die gestaffelten Blühabfolgen eine größere Vielfalt entstehen kann. Zudem besteht die Möglichkeit, durch biodiversitätsfördernde Maßnahmen in Teilbereichen des intensiv bewirtschafteten Grünland die Artenvielfalt zu erhöhen.


Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag