Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Bieneninstitut Kirchhain

Mit einer induzierten Winterbrutpause dem Klimawandel begegnen?

Bis vor wenigen Jahren gingen Honigbienenvölker in unseren Breiten über den Winter in eine Brutpause; erst im zeitigen Frühjahr legten sie wieder Brutnester an. Seit einigen Jahren brüten viele Bienenvölker ohne Unterbrechung in den Wintermonaten durch – eine Beobachtung, die auch das Bieneninstitut Kirchhain (BIK) in seinen jährlichen institutseigenen Leistungsprüfungen (LP) machte: Die Mehrzahl der 60 untersuchten Versuchsbienenvölker hatte in den Jahren 2016 bis 2021 Ende November / Anfang Dezember noch Brut. Je wärmer der Winter war, desto mehr Bienenvölker brüteten (Abb.1).

Abb. 1: Seit 2016 werden im Rahmen der institutseigenen Leistungsprüfung Ende November/Anfang Dezember jeweils 60 Bienenvölker geöffnet und auf Brutaktivität überprüft
Zusammen mit dem Fachzentrum Bienen und Imkerei in Mayen führte das BIK in 2020 eine deutschlandweite Umfrage unter Imkerinnen und Imkern zur Winterbrutpause durch. Knapp 2.000 Umfrageteilnehmende gaben Auskunft zur Winterbrutaktivität ihrer Völker: Die meisten Imker stellten eine Brutaktivität bei ihren Völkern fest, 18 % sogar bei allen Bienenvölkern. Nur 20 % verzeichneten brutfreie Völker.

Arbeiten Winterbienen im Herbst und Winter zu viel, beispielsweise in der Brutpflege oder Nahrungsbeschaffung, kann das möglicherweise ihre Lebenszeit verkürzen. Wie sich eine künstlich herbeigeführte (induzierte) Winterbrutpause auf die Bienenvölker auswirkt, hat das BIK im Projekt „Anpassung der Imkerei an den Klimawandel“ über mehrere Winter hinweg untersucht. Das dreijährige Projekt endete im Dezember 2022. Es wurde von der Europäischen Union und dem Land Hessen gefördert.

Auswirkungen einer induzierten Brutpause

Abb. 2: Die Winterkäfige sind durchlässig für Arbeiterinnen, aber nicht für Königinnen
Abb. 3: Zum Freilassen der Königin können die Käfighälften getrennt werden

Anfang Oktober wurde ein Teil der Königinnen der Versuchsbienenvölker in große Winterkäfige gesetzt. Der Winterkäfig ist so groß, dass die Königin mit den Bienen in der Wintertraube mitziehen kann – zumindest in einer Ebene (Abb. 2). Nach 74 Tagen (Dezember-Gruppe, 38 Völker) bzw. 117 Tagen (Februar-Gruppe, 21 Völker) wurden die Königinnen wieder freigelassen (Abb. 3). Bei allen Versuchsvölkern wurde auf eine Winterbehandlung zur Bekämpfung der Varroamilbe mit Oxalsäure verzichtet.

Abb. 4: Die meisten Königinnen haben die Käfigphase gut überlebt und sind wieder in Eilage gegangen
Die meisten Königinnen haben das Käfigen gut überstanden und sind nach dem Freilassen wieder in Eilage gegangen (Abb. 4). Die 38 Kontrollvölker mit freilaufender Königin als auch die Völker mit gekäfigter Königin hatten bei der Auswinterung Mitte März annähernd gleich viele Bienen, wobei die zeitweise gekäfigten Bienenvölker tendenziell größere Brutflächen aufwiesen.

Auch auf den Varroa-Befall hatte das Käfigen einen Effekt: Die gekäfigten Völker hatten ohne Oxalsäure-Behandlung weniger Milben. Die Anzahl der tot herabgefallenen Varroamilben war in den Völkern mit gekäfigten Königinnen niedriger. Ein Käfigen wirkt sich also nicht negativ auf die Bienenvölker aus und schützt gegen die Varroamilbe.

Winterfutter konnte durch das Käfigen jedoch nicht gespart werden. Zwar verbrauchen die Bienenvölker in der Käfigphase etwas weniger Futter, aber der Verbrauch erhöht sich wieder nach dem Freilassen und der Gesamtverbrauch über den Winter unterscheidet sich nur marginal zwischen den Versuchsgruppen.

Künstliche Winterbrutpause – Eine Antwort auf den Klimawandel?

Die beschriebenen Versuche sind ausdrücklich keine Empfehlungen. Der Versuch diente vorrangig Forschungszwecken, um die Auswirkungen der Brutaktivität und der Brutpausen im Winter besser zu verstehen. Mit der langen Käfigdauer der Februar-Gruppe wurde eine extreme Variante getestet, um die Grenzen des Verfahrens auszuloten.

Die Brutfreiheit kann bei Bedarf auch sehr gut mit einer effizienten Winterbehandlung gegen die Varroamilbe kombiniert werden. Hierfür ist es dann notwendig, die Königin vor Jahresende zu befreien, bevor man die garantiert brutfreien Völker einfach und effizient mit Oxalsäure behandeln kann.

Das Experiment unterstreicht die Bedeutung der Brutfreiheit im Winter und verdeutlicht, wie sich die Klimaveränderung auf die Honigbienenhaltung auswirkt. Möglicherweise kann die Methode des Käfigens zukünftig eine sinnvolle Anpassungsstrategie an die Klimaveränderung sein.

Zurzeit untersucht das BIK in Zusammenarbeit mit der Universität Marburg die Genexpression und den Fettkörpergehalt der Winterbienen, um physiologische Unterschiede zwischen den Winterbienen zu identifizieren.


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