Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Eiweißinitiative

Die Kichererbse in Hessen: Eine Kultur mit vielen Facetten

Kichererbsen sind gesund und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit in der Küche. Doch eignet sich die Kichererbse auch für einen Anbau in Hessen?

Kichererbsenpflanze mit Fruchtstand in der Vegetation

Seit 2022 beschäftigt sich der LLH mit der Kichererbse als „neue Kultur“ in den potentiellen Anbaugebieten. So wird am LLH-Standort Friedberg ein bundesweit vernetzter Exaktversuch durchgeführt. Ergänzend dazu wird der Anbau der Kultur unter Praxisbedingungen seit dem vergangenen Jahr im Rahmen eines Demonstrationsvorhabens begleitet.

Klimaveränderung erfordert Anpassung

Kichererbsenpflanze zur Abreife

In den letzten Jahren haben die Temperaturentwicklungen einen drastischen Anstieg gezeigt. Es sind deutlich heißere und trockenere Sommermonate mit geringeren Niederschlägen während der Vegetationsperiode festzustellen. Der vergangene Sommer 2023 hebt sich mit seinem Niederschlagsniveau über dem Mittel der Referenzperiode von 1961 bis 1990 damit deutlich von den vergangenen fünf Jahren ab. Die zunehmenden Wetterextreme bekräftigen die Notwendigkeit, mit geeigneten Kulturen die Anpassung an den Klimawandel voranzubringen und zu unterstützen. Die Kichererbse kann mit einer erforderlichen Wärmesumme[1] im Bereich von etwa 1745 °C, vergleichbar mit einer Soja-00-Sorte, dahingehend überzeugen.

Tendenziell werden die Sommer heißer und trockener. Hier kann die Kichererbse insbesondere durch ihre Pfahlwurzel im Vergleich mit anderen Körnerleguminosen punkten. Auch hat sie, verglichen mit Soja, geringere Ansprüche an die Bodenfeuchte. Die Kichererbse bietet auch in anderer Hinsicht Vorteile: Als Leguminose bindet sie Luftstickstoff. Dies spart mineralische Düngemittel und leistet einen Beitrag zum Klimaschutz. Weiterhin erfreut sich die aus Indien und dem mittleren Osten stammende, und damit an trockene und warme Gegenden angepasste Kultur, zunehmender Beliebtheit in heimischen Küchen.

Fokus liegt auf Humanernährung

Bei regionaler Erzeugung stellt die Kultur, die durch den guten Gesundheitswert gern in der Humanernährung verwendet wird, zudem eine Alternative zu Importware dar. Landwirtinnen und Landwirte können zudem durch die Erweiterung der eigenen Fruchtfolge profitieren und die eigene und regionalen Wertschöpfung stärken.

Doch eignet sich die Kichererbse auch für einen Anbau in Hessen? Dieser Frage ist das Projekt „100 nachhaltige Bauernhöfe“ zusammen mit der Klimaberatung des LLH nachgegangen. Zwei südhessische Projektbetriebe in der Region Biblis und Ober-Ramstadt nahmen an einem Demovorhaben im Frühjahr und Sommer 2023 teil.

Anbauerfahrungen aus dem Demovorhaben 2023

Der Anbau erfolgte auf überwiegend schwach-lehmigen Sandböden mit einem neutralen pH-Wert im Bereich bis 7,5.

Es wurden die Sorten Cicerone und Flamenco auf jeweils ¼ ha Ackerfläche ausgesät, wobei im Zuge der Aussaat 50 – 60 keimfähige Körner je Quadratmeter angestrebt wurden. Die Keimfähigkeit der beiden Sorten lag mit 76 % und 97 % auf einem für Kichererbsensaatgut hohen Niveau. Das Saatgut wurde am 05. bzw. 22. Mai im Breitsaatverfahren mit einem Reihenabstand von 12,5 cm ausgesät und kurz vor der Aussaat mittels speziell angepasster Rhizobien beimpft, um die N-Fixierungsleistung zu verbessern.

Während der Hauptvegetationsperiode zwischen Anfang Mai und Mitte August fielen in der Region etwa 150 mm Niederschlag. Der Wasserbedarf der Kichererbse als liegt grundsätzlich ebenfalls in diesem Bereich. Da es zu Beginn der Pflanzenentwicklung und Bestandsetablierung eine längere Trockenphase gab, wurde zur Zeit der Blüte als ertragskritische Phase zweimal beregnet.

Die erforderliche Wärmesumme[1], die bei der Kichererbse im Bereich von etwa 1745 °C liegen sollte, wurde an der nahegelegenen Wetterstation Worms im gleichen Zeitraum mit einem Wert von 2028 °C deutlich überschritten.

Herausfordernde Witterung während der Ernteperiode

Durch die späte Ernte der Kultur, für die herkömmliche Druschtechnik verwendet wird, lassen sich Arbeitsspitzen häufig entzerren. Die feuchte und unbeständige Witterung im Anbaujahr 2023 mit wiederkehrenden Niederschlägen zur Abreife und der anschließenden Ernteperiode war jedoch herausfordernd. Pflanzen trieben wieder aus, sodass teilweise abgereifte sowie unreife Früchten und grüne Pflanzenteile vorlagen. Letztlich konnte keine Ernte stattfinden. Die Ertragssicherheit zu steigern, ist daher ein zentrales Züchtungsziel.

Zudem war der Beikrautdruck (insbesondere Quecke, Distel und Ausfallgetreide der Vorfrucht) schon früh sehr hoch. Hier zeigte sich die Bedeutung von Striegel und Hacke bei der Kulturführung deutlich.

Positiv stellt sich hingegen der gute Vorfruchtwert für die Folgekultur dar.

Fortsetzung folgt

Bei einer gemeinsamen Feldbegehung Mitte August 2023 wurde gemeinsam mit Praktiker und Praktikerinnen über die Chancen und möglichen Anpassungen im Kichererbsenanbau diskutiert. Um die Ideen und Vorschläge der Teilnehmenden, z.B. Anpassung Aussaatstärke und -termin unter Praxisbedingungen umzusetzen bzw. auszuprobieren, ist ein Folgedemovorhaben in diesem Jahr geplant. Dafür findet ein stetiger Austausch mit Kolleginnen und Kollegen der Fachinformation Pflanzenbau und dem Regionalmanagement/Hessen des Leguminosen-Netzwerks statt. Gemeinsam werden die Ergebnisse der Landessortenversuche und die Erfahrungen aus dem bundesweiten Leguminosen-Netzwerk genutzt, um die gewonnenen Erkenntnisse für die Praxis bereitzustellen. Informationen zum Anbau und Verwendung von Kichererbsen und weiterer Körnerleguminosen finden Sie auf der LeguNet-Website.

Fazit

Mit Blick auf den Klimawandel und den verbundenen Herausforderungen kann die Kichererbse als Leguminose mit geringem Wasserbedarf, einem positiven Vorfruchtwert, einer guten Durchwurzelung und humusmehrenden Eigenschaften die betriebsindividuellen Fruchtfolgen erweitern und somit ein Baustein zur Klimaanpassung sein.

[1] Wärmesumme: Summe von Temperaturen, in der Regel der Tagesmittel der Lufttemperaturen. Die Summe kann ab einem bestimmten Termin und/oder einer bestimmten Temperaturschwelle gebildet werden. Die Methode der Wärmesummen wird überwiegend in der Agrarmeteorologie verwendet. Quelle: DWD Wetter- und Klimalexikon


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