Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Freizeitgartenbau/Gartenakademie

Warum blühen manche Pflanzen im Winter?

In den Wintermonaten ist es in unseren Gärten, wenn nicht gerade Schnee liegt, meist trist und grau. Bäume und Sträucher haben ihre Blätter verloren. Die vielen bunten Gartenblumen aus dem Sommer und dem Herbst sind verwelkt.

Von Bienen und Schmetterlingen keine Spur. Nur an den Vogelhäuschen können wir Vögel beobachten – und ab und zu sehen wir ein Eichhörnchen, welches, hungrig aus der Winterruhe erwacht, nach einer im Herbst vergrabenen Nuss sucht.

Mitunter kann es aber passieren, dass wir im Dezember oder Januar den einen oder anderen Farbtupfer im Garten entdecken, der sich erstaunlicher Weise tatsächlich als Blüte herausstellt.

Haben sich die Pflanzen in der Jahreszeit geirrt?

Eine Blüte im Winter macht doch keinen Sinn? Schließlich scheint es keine Insekten zu geben, die sie bestäuben könnten!? Ob sich da wohl eine Blume oder ein Strauch in der Jahreszeit geirrt hat?

Nein, in der Regel nicht. Doch warum blühen Pflanzen im Winter, wenn gar keine Bestäubungsinsekten fliegen, die sie anlocken könnten?

Wer genau schaut, entdeckt im Winter, der ja auch warme, sonnige Tage haben kann, fliegende Insekten: Zum Beispiel Mücken, Hummeln, Pelzbienen oder auch den relativ frostunempfindlichen Zitronenfalter. Und weil zwischen Pflanzen und Insekten eine enge Bindung besteht, gibt es tatsächlich Arten, die im Winter blühen und diese hungrigen Insekten mit Nahrung versorgen. Und manche Pflanzen bieten noch einen netten Zusatzservice: eine willkommene Aufwärmmöglichkeit.

Wie das? Das warme Plätzchen am gedeckten Tisch erzeugen die Pflanzen auf unterschiedliche Weise. Sie richten beispielsweise ihre Blüten nach der Sonne aus. Die bei uns heimische Stinkende Nieswurz hat eine besondere Strategie zur Wärmeerzeugung: Sie verfügt über Hefepilze in ihrem Nektar, die den darin enthaltenden Zucker zur Gärung bringen und damit Wärme produzieren. In ihren glockenförmigen Blüten – aber auch in linsenförmigen Blüten (z. B. Schneeglöckchen) – hält sich Wärme besonders gut und lange.

Die Pflanze ist mit ihrer Blüte aber nicht nur ein guter Gastgeber. Sie profitiert auch selbst von dem Besuch: Sie wird bestäubt und kann so Samen bilden und sich fortpflanzen. Im Winter muss sie nicht mit vielen anderen Blütenpflanzen um die Insekten konkurrieren – ein Vorteil.

Blüten – vom Winde bestäubt …

Im Winter bis hin zum zeitigen Frühjahr blühen neben den paar wenigen Pflanzen mit sichtbar farbigen Blüten auch Pflanzen mit eher unscheinbaren Blüten. Wenn du unter Heuschnupfen leidest, hast du vielleicht schon den Begriff „Frühblüher“ gehört und weißt, dass dazu Bäume wie Haselnuss, Erle und Birke gehören. Diese Pflanzen benötigen keine attraktiven Blüten, da sie vom Wind bestäubt werden und nicht auf Insekten angewiesen sind. Deren Pollen sind es, die dann deinen Heuschnupfen verursachen. Für diese Bäume ist es besonders sinnvoll im Winter zu blühen, wenn die Winde stärker wehen und die Pollen freie Bahn haben. Weil der Pollen nicht durch belaubte Bäume und Hecken gebremst wird, können Blüten in einem viel größeren Umkreis bestäubt werden.

Doppelt gemoppelt hält besser!

Manche Pflanzen fahren zweigleisig und gehen bei der Bestäubung auf Nummer sicher. Gerade während einer Zeit, in der eine Insektenbestäubung nicht gesichert ist, setzen sie weiterhin auf Selbstbestäubung oder Windbestäubung. Für Insekten gibt es dort auch ein wenig Nahrung und an schönen Tagen sind sie gerne willkommen – aber ihr Besuch ist nicht unbedingt erforderlich.

Warum sind Winter- und andere Frühblüher im Garten so wichtig?

Wie ihr sicherlich aus den Medien mitbekommen habt, geht der Bestand unserer Insekten seit Jahren stark zurück. Sie stehen am Anfang der Nahrungskette und sind somit wichtig für unsere Vögel, für Amphibien, Eidechsen und unsere insektenfressenden Säugetiere wie Igel, Spitzmäuse, Gartenschläfer, Maulwürfe oder Fledermäuse. Aber auch für uns Menschen sind die Insekten wegen ihrer Bestäubungsleistung wichtig. Weil: ohne Bestäubung zum Beispiel kein Obst!

Ein Grund für das Verschwinden der Insekten ist die Verwendung von Insektenvernichtungsmitteln. Ein weiterer Grund ist, dass in unserer Landschaft und in unseren Gärten immer weniger Blühpflanzen zu finden sind. Hier können wir aktiv gegensteuern, indem wir Insektennahrungspflanzen in unseren Gärten pflanzen oder einfach wachsen lassen.

Den Früh- und Winterblühern kommt eine besondere Bedeutung zu, denn sie bieten den ersten Insekten des Jahres Nahrung. Daher sollten sie im Garten nicht fehlen! Zudem sieht es doch auch hübsch aus, wenn während der tristen Jahreszeit im Garten ein paar Pflanzen blühen.

Wir empfehlen für den Garten folgende Winter- und Frühjahrsblüher:

Sträucher: Kornelkirsche, Kätzchenweiden, Winter-Jasmin, Winterblüte, Winter-Schneeball, Zaubernuss, Winterkirsche, Winterheckenkirsche

Kleingehölze und Stauden: Winter-Heide, Christrosen, Nieswurz sowie Blumenzwiebeln, wie Schneeglöckchen, Krokusse, Winterlinge, Märzenbecher, Blaustern, Narzissen, u.a.


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