Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Ins Feld mit Sichel, Messrahmen und Sonnencreme

Die Besondere Ernte- und Qualitätsermittlung (BEE) läuft wieder an.

Auch in diesem Sommer versuchen sie wieder, den Mähdreschern zuvorzukommen: Die Erhebungsbeauftragten der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung (BEE). Noch bevor die Erntemaschinen reinen Tisch machen, gehen Probenehmer der hessischen Landwirtschaftsämter ins Feld und nehmen Schnittproben der wichtigsten Getreidearten. Ihre wertvollsten Verbündeten: Sichel, Messrahmen und Sonnencreme. Aber wozu die hochsommerliche Anstrengung im Acker? Für eine verlässliche und frühzeitig verfügbare Ernteschätzung! Denn das ist der Anspruch der BEE, die jedes Jahr in Hessen und 11 weiteren Bundesländern durchgeführt wird.

Verlässliche Ernteschätzungen: Heiß begehrt in 2018!

Wie wichtig frühzeitig verfügbare Ertragshochrechnungen sind, hat das Dürrejahr 2018 gezeigt. So erklärte Bundeslandwirtschaftsministerien Julia Klöckner (CDU) den auf BEE-Daten basierenden Erntebericht kurzerhand zur Entscheidungsgrundlage für Dürrehilfen. Die BEE-Beauftragten und die sie unterstützenden Landwirte leisten somit einen wertvollen Beitrag zur politischen Urteilsfindung. Aber nicht nur das: Die bereits im August verfügbaren Erntezahlen sorgen auch für Markttransparenz und stärken den Verbraucherschutz.

Alles wird dem Zufall überlassen

Die Wahl der zu beprobenden Betriebe überlassen die Statistiker ihrem liebsten Freund: Dem Zufall. Der ist schließlich unbestechlich. Aus allen landwirtschaftlichen Betrieben Hessens wird durch das Hessische Statistische Landesamt in Wiesbaden (HSL) über einen Zufallsgenerator eine repräsentative Stichprobe ermittelt. Diese über 500 ausgelosten Betriebe werden in den nächsten Tagen von ihrer jeweiligen Landkreisbehörde angeschrieben und gebeten, die Probennehmer bei der Planung der Ernteerhebungen zu unterstützten. Über den Sommer werden dann die Naturalerträge von Winterweizen, Winterroggen, Wintergerste und Winterraps stichprobenartig im Feld erfasst. Dazu werden kurz vor dem Erntetermin auf jedem ausgewählten Feldschlag jeweils an verschiedenen Stellen Probeschnitte von exakt einem Quadratmeter genommen und das Erntegut vollständig geborgen.

Nichts wird dem Zufall überlassen

Die BEE für Hessen wird durch den Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) koordiniert. In der Kasseler Zentrale werden die Probenahmen im Frühjahr in Abstimmung mit den Erhebungsbeauftragten vorbereitet. Dem Zufall überlässt man hier lieber nichts. Im Gegenteil: Insbesondere die Zuweisung der ausgelosten Flächen sowie die EDV-gestützte Erfassung der Daten erfordern ein zielgerichtetes und konzentriertes Vorgehen. Gleiches gilt für die Koordination der an Getreide und Raps vorgenommen Qualitätsuntersuchungen. Um eine Ernteerhebung auf höchstem wissenschaftlichen Niveau zu gewährleisten, unterstützt der LLH die Probenehmer weiterhin mit Fachinformationen und Schulungsangeboten.

Wenn im Sommer die Schnittproben vom Feld eintreffen, werden sie umgehend am LLH-Versuchsstandort Kassel-Harleshausen ausgedroschen. Die Wiegeergebnisse gehen dann nach erfolgter Vorprüfung dem HSL in Wiesbaden zu, welches aus den Rohdaten aussagekräftige Ertragshochrechnungen erstellt.

Die Hochrechnungen aller Bundesländer werden abschließend beim Statistischen Bundesamt in Berlin gebündelt und im August in Form des Ernteberichts vom Bundeslandwirtschaftsministerium veröffentlicht. Da im August noch nicht alle Ernteproben vorliegen oder statistisch erfasst sind, handelt sich um ein vorläufiges Ergebnis. Es kann also noch zu Veränderungen kommen. Erfahrungsgemäß sind die Prognosen im August aber bereits sehr verlässlich. Das Bundeslandwirtschaftsministerium stellt den Erntebericht jährlich in der zweiten Augusthälfte auf seiner Internetseite zur Verfügung. Er kann unter dem Link https://www.bmel-statistik.de/de/landwirtschaft/ernte-und-qualitaet/ abgerufen werden. An gleicher Stelle kann auch das abschließende Ergebnis der BEE nach Beendigung sämtlicher Auswertungen eingesehen werden. Für 2018 ist die Datei mit der Bezeichnung „Besondere Ernte- und Qualitätsermittlung 2018“ seit Anfang Mai abrufbar.

Schätzung und Wahrheit

Die Ableitung von Hektarerträgen aus Probeschnitten führt zu einer Überschätzung der tatsächlichen Ernteleistung. Denn in der Hochrechnung verborgen bleiben die Druschverluste, die bei der Ernte mit dem Mähdrescher anfallen würden. Folgerichtig wird auf ausgewählten Feldern zusätzlich zu den Probeschnitten auch die tatsächliche Erntemenge, der sogenannte Volldrusch, erfasst. Die Differenzen zwischen Probeschnitt und Volldrusch dienen den Statistikern als Korrekturfaktor.

Rapserträge werden in der hessischen BEE ausschließlich im Volldruschverfahren erfasst. Probeschnitte wie beim Getreide sind für die Ölfrucht nicht vorgesehen.

Ein Beitrag zum vorsorgenden Verbraucherschutz

In der BEE genommene Getreide- und Rapsproben werden vom Detmolder Max-Rubner-Institut (MRI) auf zahlreiche Qualitätsmerkmale untersucht. Insbesondere die Backeigenschaften des Getreides sind hier von großem Interesse. Die Ergebnisse werden im Erntebericht sowie im Abschlussbericht zur BEE detailliert dargelegt.

Weiterhin untersucht das MRI die Proben auf gesundheitlich nicht erwünschte Stoffe. Vor allem die mögliche Belastung mit Mykotoxinen steht im Fokus. Somit ist die BEE auch ein wichtiger Baustein des vorsorgenden Verbraucherschutzes in Deutschland.

Die Durchführung der BEE unterliegt den strengen Datenschutzvorgaben des Agrarstatistikgesetzes. Alle im Feld ermittelten Zahlen werden ausschließlich pseudonymisiert weitergegeben. Die Zuordnung einzelner Ergebnisse zu einem Landwirt ist somit ausgeschlossen.


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