Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Landesgartenschauen

Landesgartenschau in Fulda: „Garten – Stadt – Schule“ oder doch „Garten – statt – Schule“?

In wenigen Wochen, am 27. April, öffnet in Fulda die 7. hessische Landesgartenschau für 165 Tage ihre Pforten. Damit richtet die Stadt Fulda nach 1994 zum zweiten Mal eine hessische Gartenschau aus.

Wie bereits bei den vorangegangenen Gartenschauen, wird es auch hier wieder einen „Garten des Landes Hessen“ geben, in dem sich Garteninteressierte produktneutral zu Fragen rund um das nachhaltige Gärtnern informieren können.

Während auf dem Ausstellungsgelände die Arbeiten auf Hochtouren laufen, erklären wir Ihnen an dieser Stelle, was Sie in Fulda im Beratungsgarten erwartet und warum!

„Garten – Stadtt – Schule“ – das Motto des Beratungsgartens 2023

Die Planung des Gartens und die Organisation dieses unabhängigen Beratungsangebotes obliegt der Hessischen Gartenakademie (HGA), die eng mit den Verbänden des hessischen Freizeitgartenbaus zusammenarbeitet.

Zu Planungsbeginn war man sich einig: das erfolgreiche Konzept des Beratungsgartens der Landesgartenschau 2018 in Bad Schwalbach „Stadt – Land – Garten“ mit seinem Strauß an über 60 Einzelthemen sollte auch in Fulda wieder aufgegriffen und weitergeführt werden.

Auf ca. 1500 qm konnten sich damals Interessierte im „Garten des Landes Hessen“ über das Gärtnern im urbanen Bereich, über landwirtschaftliche und obst- und gemüsegärtnerische Themen informieren.

Als sich im Laufe der weiteren Planungsphase herauskristallisierte, dass im Umfeld des geplanten Beratungsgartens eine eigene landwirtschaftliche Schaufläche entstehen würde, strich die Planungsgruppe – um Dopplungen zu vermeiden – die landwirtschaftlichen Themen und stellte auf der vorgesehenen Fläche stattdessen Bildungsthemen in einen gärtnerischen Kontext, womit das ursprüngliche Motto letztlich in „Garten – Stadt – Schule“ abgewandelt wurde.

Mit Blick auf den Bildungsgedanken wurden zudem erstmalig drei gärtnerische Grundschulangebote für das „Grüne Klassenzimmer“ formuliert, die sich derzeit in der Ausarbeitung befinden.

Was letztlich wie ein Schülerstreich aussehen soll, ist, dass aus dem Motto, bzw. den drei Leitbegriffen „Garten“ – „Stadt“ – „Schule“ heimlich (quasi in einer guerillagärtnerischen Aktion) ein Postulat für den Garten als idealer Lernort wird: „Garten – Stadtt – Schule“.

Die Grundidee

Der Begriff „Schule“ steht dabei als Synonym für das Lernen allgemein und greift somit zunächst einmal das zentrale Anliegen der HGA auf: die Vermittlung von gärtnerischem Fachwissen im Bereich der Erwachsenenbildung. Darüber hinaus geht es aber auch tatsächlich um den Schulgarten an sich, der allerdings – anders als üblich – thematisch als ganzheitlicher, fächerübergreifender Bildungsort für Nachhaltige Entwicklung (BNE) aufgestellt sein soll.

So wird an verschiedenen Stellen im Beratungsgarten Bezug auf die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG´s) genommen, um zu zeigen, welch breites Nachhaltigkeitspotenzial mit dem Gärtnern verknüpft sein kann.

Im Bereich „Garten“ steht der Gedanke der Selbstversorgung mit Obst und Gemüse in seinen vielfältigen Facetten im Vordergrund, also vom klassischen Anbau im Haus- und Kleingarten bis hin zu mietbaren Saisongarten-Parzellen.

Der Bereich „Stadt“ fokussiert sich auf die nachhaltige Begrünung innerörtlicher Flächen, insbesondere unter den Aspekten des Klimaschutzes und der Klimaanpassung sowie der Artenvielfalt. Hier geht es u.a. darum, dem Besucherpublikum mittels attraktiver, artenreicher und trotzdem pflegeleichter Pflanzungen Alternativen zur zunehmenden Monotonie und Verschotterung der Gärten – und damit auch der Gartenkultur – aufzuzeigen.

Die Gartenarchitektur – Inhalte in Form gepackt

Varianten in der Vorentwurfsplanung
Der „Garten des Landes Hessen“ ist im Bereich des „Sonnengartens“ entlang des Blütenbandeszwischen Fulda und dem Stadtteil Galerie angesiedelt. Den zentralen und optischen Mittelpunkt des ca. 1.500 m2 großen Gartens bildet der Bereich „Stadt“ mit einem Mauerwerkskomplex in Form eines hälftigen Oktagons (Achteck).

Die wohl erste dokumentierte architektonische Anwendung eines Achtecks in der Antike war der Grundriss des Athener Turms der Winde aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. mit der Funktion einer frühen Wetterstation. Damit lässt sich hier, im Haupteingang zum Garten, gestalterisch eine Überleitung zum Themenkomplex Stadtklima, Klimaanpassung und dem Wert städtischer Grünflächen herstellen. Zwei naturnahe und trockenheitsverträgliche Staudenmischpflanzungen sollen das Publikum in den Garten einladen.

Im frühen Mittelalter erfuhr das Oktagon weiterhin eine hohe symbolische Bedeutung, weshalb die Form seitdem, insbesondere während der Romanik, der Gotik und auch bisweilen in späteren Epochen immer wieder im sakralen Bereich aufgegriffen wurde. So beispielsweise auch beim Zentralbau des Aachener Kaiserdom durch Karl den Großen, auf den hinsichtlich des Pflanzkonzeptes im äußeren Gemäuer-Zirkel Bezug genommen wird. Mit seiner Reichsgüterverordnung „Capitulare de villis“, einer bedeutenden Quelle des frühen Gartenbaus im Mittelalter, verfolgte Karl der Große nach dem vollständigen Zusammenbruch des römischen Reiches die Idee einer unabhängigen Selbstversorgung sämtlicher Krongüter im riesigen Frankenreich mit Nahrungs-, Nutz- und Medizinalpflanzen.

Mit Blick auf den Klimawandel wurde bei der Bepflanzung ein Augenmerk auf die, in der Verordnung gelisteten Arten gelegt, die seinerzeit für die südlichen, mediterranen Gefilde oder ausschließliche Gunstlagen des riesigen Frankenreiches gedacht waren – und die nunmehr auch hierzulande für Gegenden infrage kommen, in denen man bis vor wenigen Jahren einen Anbau ausgeschlossen hätte. Im Capitulare-Garten finden wir folglich neben dem Wein auch Pinie, Feige, Rosmarin, Lorbeer, Maulbeere und Esskastanie.

Vom zentralen Teil des Capitulare-Gartens wird der Gedanke der „Selbstversorgung“ links und rechts entlang des Rundweges in die Moderne weitergeführt, und zwar in Form von zwei „essbaren“ Zaunkonzepten. D. h. jeweils einer Grenzbepflanzung, bestehend aus niedrig wachsenden Obstgehölzen, Kräutern, Dauergemüse und essbaren Blütenpflanzen. Diese symmetrisch angeordneten Mischpflanzungen sollen Anregungen bieten, sowohl für Essbare-Stadt-Konzepte als auch für Außenbereiche von Kindergärten, Schulen, Kleingartenanlagen oder ggf. alternative Wohnformen.

Im linken Gartenbereich befindet sich der Nutzgartenkomplex, in dem sowohl der Anbau von Obst, Beeren- und Wildobst thematisiert als auch unterschiedliche Gemüsegartenkonzepte vorgestellt werden. Auch hier werden die Gedanken der Selbstversorgung und der gärtnerischen Anpassung an die Herausforderungen des Klimawandels aufgegriffen.

Rechtsseitig ist der Schulgarten (im weiteren Sinne) angelegt. Gesunde Ernährung, Vielfalt, Labor, Werkstatt, Bionik, Umweltschutz, Nachwachsende Rohstoffe, Fotografie, Kunst & Poesie – dies ist nur eine Auswahl dessen, was hier gezeigt und u. a. bei Aktionen im Rahmen des Grünen Klassenzimmers vermittelt werden soll.

„Was passiert mit dem Beratungsgarten am Ende der Landesgartenschau?“

Auf den vergangenen Landesgartenschauen war dies eine wiederkehrende und berechtigte Frage des Besucherpublikums. Und bis dato war es so, dass der Beratungsgarten des Landes nur eine temporäre Anlage war, die nach Abschluss einer jeden Gartenschau wieder zurückgebaut werden musste. Die Bestrebungen, dies künftig mittels eines Nachnutzungskonzeptes zu vermeiden, waren in Fulda mit der Wahl der Fläche innerhalb des Blütenbandes erfolgreich. So wird die Gartenstruktur nicht nur bestehen bleiben, sondern es soll darüber hinaus die Fläche auch tatsächlich weiterhin gärtnerisch genutzt werden, nämlich in Form eines Saisongarten-Konzeptes. An der Selbstversorgung Interessierte können dann im Folgejahr vorbepflanzte Teilflächen pachten, pflegen und beernten.

Hintergrundinfo

Als Ausrichter der Landesgartenschau erhält die Stadt Fulda für die Realisierung investiver Maßnahmen Fördermittel des Landes Hessen. Gemäß der „Richtlinie des Landes Hessen zur Durchführung sowie zur Förderung von Landesgartenschauen in Hessen“ ist die Förderung an Auflagen gebunden. Dazu gehört u. a. die Herrichtung eines „Gartens des Landes Hessen“ als Beratungs- und Informationsplattform für die Verbände des hessischen Freizeitgartenbaus.

Die Planung des Gartens und Organisation des Beratungsangebotes obliegt der innerhalb des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) angesiedelten Hessischen Gartenakademie. Sie fungiert hier als Netzwerkknoten des hessischen Freizeitgartenbaus. Folglich werden konzeptionelle Überlegungen und das Beratungsangebot in enger Zusammenarbeit u.a. mit Vertretern des LOGL Hessen e. V., dem Landesverband Hessen der Kleingärtner e. V., dem Verband Wohneigentum Hessen e.V., dem Bahn-Landwirtschaft Bezirk Frankfurt/M e.V. und dem LandFrauenverband Hessen e.V. entwickelt.


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