Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Landessortenversuche

Ergebnisse der LSV Wintertriticale 2020/21 & Empfehlungen

Wintertriticale gilt im Vergleich zu Winterweizen als die etwas robustere Getreideart und ist gerade für Grenzstandorte prädestiniert. Dennoch hatte auch der Triticaleanbau unter den Bedingungen des außergewöhnlichen Anbaujahrs Schwierigkeiten.

Nach den extrem warmen Frühjahren der letzten Jahre gab es dieses Jahr eine nicht unbedingt erfreuliche erfrischende Abwechslung. Im Vergleich zur Referenzperiode 1991-2020 war der vergangene Frühling um 1,7 Grad kälter. Mit 176 mm Niederschlag (im Deutschlandmittel) gehörte dieser Frühling gleichzeitig zu den feuchteren Jahren und lag etwas über dem Mittel der trockenen Periode von 1991 bis 2020. Dieses kühle und feuchte Wetter spiegelte sich auch in der phänologischen Entwicklung der Getreidebestände wieder. Darauf folgte ein kalter April mit mehreren Nachtfrösten. Auch der anschließende Mai war deutlich zu kühl und zu niederschlagsreich. Jedoch war dadurch die Bodenfeuchte zum Sommerstart um einiges besser als in den letzten drei trockenen Jahren und die Bestände ließen zunächst eine gute Ernte erwarten. Jedoch stieg auch der Konkurrenzdruck durch Unkräuter und Ungräser deutlich an. Zusätzlich war die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln erschwert. Mancherorts machte die sich schnell entwickelte Hitze im Juni den Beständen Probleme in der Kornfüllung. Die unbeständige Witterung begünstigte Pilzkrankheiten, wodurch der Infektionsdruck stark anstieg. Wetterkapriolen kurz vor Ernte setzte den Beständen zu und diese gingen zum Teil ins Lager. Das wechselhafte Wetter mit kräftigen Schauern verzögerte die Ernte.

Anbaufläche gleichbleiben, aber Erntemengen steigend

Nach aktuellen Schätzungen des hessischen statistischen Landesamtes (HSL) beläuft sich die hessische Triticaleanbaufläche auf ähnlichen Niveau des vergangenen Jahres. Insgesamt nimmt der Triticaleanbau mit rund 19.400 ha nur 7,1 % der gesamten Getreidefläche in Hessen ein. Basierend auf den aktuellen Schätzungen der ersten Erntemeldung zum Stand 19.08.2021 wird in 2021 ein mittlerer Triticaleertrag von 72,4 dt/ha in Hessen erwartet. Damit ist das Ernteergebnis nicht schlechter als in den Vorjahren. Im Vergleich zum Durchschnitt seit 2015 sind es über 7 dt/ha Mehrertrag. Lag der erwartete Weizenertrag der letzten Jahre traditionell stets über dem Triticaleertrag, so ändert sich das Bild diesjährig: mit einem aktuell gesamthessisch geschätzten Ertrag von 71,1 dt/ha Winterweizen auf den Flächen wird dieser knapp niedriger eingeschätzt (HSL). Somit liegt auch die Erntemenge der Triticale oberhalb der Vorjahre, ein anderes Bild zeigt sich dementsprechend im Weizen.

Mehltaubefall, Wintertriticale
Mehltaubefall, Wintertriticale

Triticale gilt im Vergleich zu Weizen als die robustere Getreideart. Problemtisch in den letzten Jahren wurde jedoch der vermehrte Gelbrost- und Mehltaubefall, was standortabhängig einen höheren Einsatz von Fungiziden notwendig machte. Zudem konnte Rhynchosporium bei einigen Triticalesorten eine Bedeutung haben kann. Durch die sehr dichten Bestände gepaart mit den diesjährig sehr feuchten Witterungsbedingungen war daneben auch Mehltau bekämpfungswürdig. Bei ungünstiger Fruchtfolgestellung, z.B. nach Vorfrüchten wie Mais, kann ein Befall durch Ährenfusarium zu einer höheren Belastung mit Mykotoxinen führen. Bei ausreichenden Niederschlägen zum Zeitpunkt der Blüte und Temperaturen über 20°C zeigte sich diesjährig ein erhöhtes Infektionsrisiko. Gerade bei Veredelungsbetrieben ist Triticale aufgrund ihres Futterwerts beliebt. Die Verfütterung von mit Mykotoxin belastetem Getreide kann jedoch starke gesundheitliche Schäden mit sich bringen.  Daher müssen verdächtige Getreidepartien vor dem Einsatz unbedingt auf Mykotoxine analysiert werden. Der Einsatz von Fungiziden ist vor allem in warmfeuchten Jahren wie diesem für die Qualitätssicherung notwendig und auch wirtschaftlich sinnvoll. Daneben sind pflanzenbaulich vor allem die Fruchtfolgegestaltung sowie eine intensive Zerkleinerung der auf dem Boden verbleibenden Vorfruchterntereste als wichtige Maßnahmen zu nennen. Hinsichtlich der Anfälligkeit gegenüber Fusarium sind zudem gewisse Sortenunterschiede vorhanden. Diese werden mittlerweile auch durch die beschreibende Sortenliste des Bundessortenamts erfasst ( Tabelle 1 ) sowie in den Landessortenversuchen (LSV) berücksichtigt.

Landessortenversuche 2020/2021

Im Anbaujahr 2020/2021 wurde der LSV Wintertriticale an den drei hessischen Versuchsstandorten (Bad Hersfeld, Korbach und Marburg) mit jeweils zwei Intensitätsstufen angelegt. Ziel des LSV ist es dabei, die Leistungsfähigkeit neu zugelassener Sorten anhand der Leistung bewährter Sorten unter den hessischen Anbaubedingungen einzuschätzen. Die Prüfung findet mit Zielsetzung der Körnernutzung statt. Neben dem Korndrusch eignen sich einige Sorten auch zur GPS-Nutzung. Aus anderen Bundesländern ist bekannt, dass aktuell zugelassene Sorten mit hohen Ertragspotenzial auch hohe GPS-Erträge liefern können. In Hessen wird die GPS-Leistung der Triticalesorten jedoch nicht gesondert geprüft. Die Versuchsdurchführung der LSV basiert auf den Richtlinien des Bundessortenamts. Die Aussaat erfolgte in Abhängigkeit des Standorts zwischen 28.09 (Korbach) und 20.10. (Bad Hersfeld) mit 300 Körner/m². Die N-Düngung wurde mit einem Stickstoffbedarfswert nach DüVO von 190 kg/ha durchgeführt. In der extensiven, reduziert behandelten Stufe wurde kein Fungizid eingesetzt und nur eine reduzierte Aufwandmenge an Wachstumsregler ausgebracht. Damit ist es möglich die Standfestigkeit und Anfälligkeit für Pflanzenkrankheiten der einzelnen Sorten zu bewerten. In der optimierten Intensitätsstufe wurden Wachstumsregler und Fungizide standortüblich nach Bedarf eingesetzt. Dadurch ist es möglich das tatsächliche Leistungspotenzial der Sorten zu beschreiben. In festgelegten BBCH-Stadien wurden die einzelnen Sorten gemäß den Richtlinien des Bundessortenamtes auf die Blatt- und Ährenkrankheiten Mehltau, Septoriablattdürre, Fusarium, Gelb- und Braunrost neutral und unabhängig bonitiert. Das Ährenschieben fand im Zeitraum Ende Mai bis in die erste Junidekade hinein je nach Standort statt. Zur Ernte wurden je Sorte Trockenmasse und Ertrag sowie die die Qualitätsparameter Rohprotein, Stärkegehalt, Tausendkorngewicht und Fallzahl vom Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) bestimmt. Aufgrund der schwierigen Bedingungen der Ernte 2021, fand die Ernte der Versuche zwischen dem 31.07. (Marburg) und 21.08. (Korbach) statt.

Langstrohige Sorte (links) und kurzstrohige Sorte (rechts) im Vergleich

Insgesamt wurden zwölf Sorten im LSV geprüft, wovon sich sieben neue Sorten an bewährten Sorten messen mussten. Dafür wurde das Sortiment entsprechend der Pflanzenlänge in kurze und lange Sorten unterteilt. Diese Unterteilung ist vorrangig für das Versuchsdesign wichtig, um Randeffekte durch die Nachbarschaft von lang- und kurzstrohigen Sorten zu vermeiden. Daher wurden lang- und kurzstrohige Sorten durch entsprechende Randparzellen der gleichen Pflanzenlänge voneinander getrennt. Der überwiegende Teil der Sorten ist dem kurzstrohigen Sortiment zuzuordnen. In diesem Bereich befanden sich drei Sorten im zweiten Prüfjahr sowie zwei Sorten im ersten Prüfjahr. Abschließende Empfehlungen zum Anbau einer Sorte können jedoch erst nach mindestens drei Jahre Prüfung gegeben werden, um auf diese Weise die unterschiedlichen Jahreseffekte zu berücksichtigen. Im langstrohigen Sortiment befanden sich zwei Sorten im ersten Prüfjahr.

Auffällig in den LSV Triticale war diesjährig besonders die Standfestigkeit der Sorten. Gingen an einigen Standorten viele Bestände andere Kulturen ins Lager, konnte die Triticale länger stehen bleiben. Lediglich die langstrohigen Sorten gingen vor Ernte ins Lager über. Dieser Umstand hat sicherlich zu einer positiven Erntebilanz der Wintertriticale beigetragen. Gerade in dichten Beständen konnte der Befall mit Mehltau gefunden werden, auch Rhynchosporium und Blattseptoria wurden bonitiert. Daher wurden am Standort Bad Hersfeld deutliche Unterschiede zwischen den Sorten im Mehltaubefall gefunden werden, vor allem in der reduzierten Variante (Foto). Ausführliche Informationen zu den diesjährig geprüften Sorten sind in der beschreibenden Sortenliste durch das Bundessortenamt zu finden ( Tabelle 1 ). Generell zeigt sich hier auch die grundsätzliche Robustheit der Wintetriticale, da die Sorten vor allem hinsichtlich ihrer Anfälligkeiten für diverse Blattkrankheit als überwiegend niedrig (Note 3) oder sogar besser beschrieben werden. Nur vereinzelt zeigen sich Schwachpunkte in der Anfälligkeit gegenüber Mehltau oder Braunrost.

Vier Neuzulassungen in der Prüfung

Die kurzstrohige Neuzulassung Presley (IG Pflanzenzucht, Zulassung 2021) wird mit einer gering bis mittleren Neigung zu Lager eingestuft. Ausgenommen der Anfälligkeit gegenüber Mehltau, wird sie mit einer geringen bis hin zu sehr geringen Anfälligkeit eingestuft. Gegenüber Ährenfusarium liegt diese im mittleren Bereich. Bei einer etwas geringeren Bestandesdichte bildet sie vermehrt Körner je Ähre aus, was schlussendlich bei mittleren TKG zu einer Ertragseinstufung als hoch bis sehr hoch führt.

Die etwas später abreifende, kurzstrohige Sorte Charme (IG Pflanzenzucht, Zulassung 2021) verfügt über eine sehr gute gesundheitliche Ausstattung. Ihre Anfälligkeit gegenüber Blattkrankheiten wird als gering bis sehr gering eingestuft, Ährenfusarium als gering bis mittel. Gleichzeitig wird ihr Ertragspotential in der reduzierten Intensitätsstufe als hoch bis sehr hoch sowie in der optimierten Intensitätsstufe als hoch eingestuft. Diese Einstufung bestätigte sie sie auch im ersten Jahr der Prüfung unter hessischen Bedingungen.

Die langstrohige Sorte Lumaco (Syngenta, Zulassung 2021) ist früh bis mittel im Ährenschieben bei mittlere Reife. Hervorzuheben ist bei dieser Sorte die gesundheitliche Ausstattung, besonders die sehr geringe Anfälligkeit gegenüber Mehltau und Gelbrost (Note 1). Gleichzeitig wird ihr Ertragspotential in beiden Intensitätsstufen als hoch bis sehr hoch eingestuft. Aufgrund ihrer Frohwüchsigkeit ist Lumaco nicht frühsaatverträglich. Ergebnisse anderer Bundesländer zeigen, dass sie auch für die Nutzung als Ganzpflanzensilage interessant sein kann.

Brehat (DSV, EU-Zulassung 2017) ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vom Bundessortenamt eingestuft worden, ist aber in Frankreich zugelassen und daher über diese EU-Zulassung in Deutschland handelbar. Im LSV begann sie als erste der Sorten die Ähren zu schieben. Im ersten Prüfungsjahr zeigte sie Lager und Mehltaubefall, was die Ursache der Leistungseinbrüche im Ertrag an einigen Standorten sein könnte. Überregional vor allem in Höhenlagen zeigte sie in 2021 überdurchschnittliche Erträge.

Auch Ertragsniveau des LSV Wintertriticale hat in 2021 gelitten

Entsprechend der Ertragsergebnisse anderer Kulturen, zeigten sich auch erhebliche Ertragseinbußen im LSV Wintertriticale. Im Vergleich zum Vorjahr wurde über die behandelte Variante knapp 30 dt/ha weniger geerntet. In der unbehandelten Variante fiel dieser Unterschied mit knapp 25 dt/ha zwar geringer, aber dennoch nicht unerheblich, aus. Insgesamt beträgt das Mittel aller Sorten in der behandelten Variante 75,5 dt/ha, in der unbehandelten Variante 68,8 dt/ha. Unter anderen kann ein Grund hierfür die fehlende Sonneneinstrahlung während der Kornfüllung der dichtbestockten Bestände sein, sodass zur Kornfüllung nicht ausreichen Assimilate zur Einlagerung gebildet werden konnten. Das beste Ertragsergebnis im Mittel aller Sorten erzielte der Standort Marburg. Aber auch in Bad Hersfeld wurde ein ähnliches Ertragsniveau in der behandelten Variante erzielt, lediglich die unbehandelte Variante fiel im Vergleich niedriger aus. An dieser Stelle sei auch ein erhöhter Krankheitsdruck am Standort Bad Hersfeld zu nennen. Gleichzeitig zeigt die Grenzdifferenz aber auch, dass in Bad Hersfeld eine hohe Variabilität innerhalb der Sorten zu finden war.

LSV Wintertriticale am Standort Bad Hersfeld 2021

Das beste Ertragsergebnis in 2021 ( Tabelle 2 ) über alle Standorte in der behandelten Variante konnte die mehrjährig geprüfte Sorte Cedrico mit 80,6 dt/ha, in der unbehandelten die zweijährig geprüfte Sorte Rivolt mit 76,2 dt/ha erzielen. Beide Sorten zeigten sich in der reduzierten Stufe ebenfalls überdurchschnittlich. Des Weiteren hebte sich unter den langjährig geprüften Sorten Lombardo mit einem hohen Ertragsniveau in beiden Intensitätsstufen ab. Lombardo und Rivolt sind dabei die einzigen Sorten, welche an allen drei Einzelorten durchgängig in beiden Intensitätsstufen Erträge über den jeweiligen Versuchsdurchschnitt erzielen konnten. Unter den Neuzulassungen konnte die kurzstrohige Sorte Charme in beiden Varianten mit überdurchschnittlichen Erträgen aufwarten. Aber auch die Neuzulassung Presley zeigte in der unbehandelten Variante überdurchschnittliche sowie in der behandelten Variante durchschnittliche Ergebnisse. Bestes Ergebnis unter den langstrohigen Sorten erzielte die Neuzulassung Lumaco mit durchschnittlichen bis leicht überdurchschnittlichen Erträgen. Auffällig ist hier das besonders gute Ergebnis am Standort Korbach, welches sich auch überregional in den Mittel- und Höhenlagen bestätigte. Auch die Sorte Brehat konnte sowohl am Standort Korbach als auch überregional in den Höhenlagen ein überdurchschnittliches Ergebnis erzielen, jedoch konnte die Sorte ertraglich an den anderen beiden hessischen Standorten nicht überzeugen.

Mehrjährige Ergebnisse mit überregionalen Weitblick entscheidend

Die Ertragsstabilität, die ein entscheidendes Kriterium für die Sortenwahl darstellt, kann nur im mehrjährigen Vergleich sicher beurteilt werden. Die mehrjährige Betrachtung ( Tabelle 3 ) zeigt für die kurzstrohigen Sorten Lombardo und Cedrico sowie für die langstrohige Sorte Ramdam ein insgesamt überdurchschnittliches Ertragsergebnis in beiden Intensitätsstufe. Ertraglich stark in den ersten beiden Jahren, konnte Ramdam im dritten Jahr der Prüfung nur unterdurchschnittliche Erträge erzielen. Auch Cedrico hatte in einem Prüfjahr ein etwas schlechteres Ergebnis, Lombardo lag in der unbehandelten Variante in 2019 und 2020 leicht unterdurchschnittlich. An dieser Stelle sei nochmal die besondere Bedeutung der mehrjährigen Ertragsergebnisse hervorzuheben.

Der Blick in die südlichen Nachbarbundesländer bestätigen das Bild des mehrjährigen Ergebnisses. Die überregionale Auswertung wird in Zusammenarbeit der Bundesländer durchgeführt, da die Anbaubedingungen nicht von Landesgrenzen zu teilen sind. Alle Versuchsergebnisse aus LSV und auch Wertprüfungen werden für Gebiete mit ähnlichen Boden- und Klimabedingungen dafür gemeinsam verrechnet. Auf diese Weise erweitert sich die Datengrundlage und somit auch Aussagekräftigkeit der Versuchsergebnisse. Zur Beurteilung der Triticalesorten werden die Ergebnisse aus Marburg gemeinsam im Anbaugebiet Mittellagen Südwest, die Standorte Korbach und Bad Hersfeld dem Anbaugebiet Hügelland Mitte/West zugeordnet. In den Höhen- und Wärmelagen Südwest ist kein hessischer Versuchsstandort zugeordnet, jedoch fallen Teile Südhessens in diese Anbaugebiete. Wenn Sie gerne wissen möchten, in welches Anbauregion ihr Standort fällt, können sie diese für die verschiedenen Kulturarten unter http://geoportal.julius-kuehn.de abrufen.

Auch überregional zählen in den südlichen Anbaugebieten (Mittellagen Südwest und Höhenlagen Südwest) die Sorten Ramdam, Lombardo und Cedrico zu den ertragsstärksten Sorten im Auswertungszeitraum 2017 bis 2021. Das beste Ergebnis weist jedoch in beiden Gebieten die Sorte Rivolt auf, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Datengrundlage für diese Sorte noch geringer ist als für die anderen Sorten. Dennoch scheint dieses Ergebnis vielversprechend zu sein, vergleicht man dieses mit den bislang gezeigten Leistungen in Hessen. Überregional mit dem niedrigsten Ergebnis der im LSV geprüften Sorten schloss die Sorte Riparo ab, was sich ebenfalls mit den hessischen LSV Ergebnissen deckt.

Sortenwahl für den hessischen Triticaleanbau

Neben dem Kornertrag als wichtiges Kriterium für einen wirtschaftlichen Triticaleanbau, ist zur Absicherung des Ertrages eine ausreichende Winterhärte und Standfestigkeit wichtig, vor allem unter Einsatz von Wirtschaftsdünger viehhaltender Betriebe. Bei langstrohigen Sorten kann nicht auf Wachstumsregler verzichtet werden, weil sie oft eine geringere Standfestigkeit besitzen. Einige Praktiker schätzen jedoch die gute Unkraut- und Ungrasunterdrückung sowie die größere Massebildung von langstrohigen Sorten. Diese macht solche Sorten unter Umständen auch für eine GPS-Nutzung interessant. Ein weiteres wesentliches Kriterium zur Sortenwahl ist die Blattgesundheit. Gerade in Hinblick auf die wiederkehrenden Extremjahre und die Restriktionen im Pflanzenschutz, ist die grundsätzliche gesundheitliche Ausstattung einer Sorte immer bedeutsamer. Zudem kommen solche Sorten mit widrigen Bedingungen wie z.B. Trockenstress oder übermäßige Feuchte besser zurecht. Besonderes Augenmerk gilt bei der Triticale die Anfälligkeit gegenüber Gelb- und Braunrost, da diese Krankheiten in den letzten Jahren zu teilweise erheblichen Ertragseinbußen führten.

Aufgrund der gezeigten Leistungen, werden die beiden kurzstrohigen Sorten Cedrico und Lombardo sowie die sehr gesunde, langstrohige Sorte Ramdam für den Anbau empfohlen.

Cedrico (Syngenta, Zulassung 2016) zeigte in 2019 Erträge am bzw. leicht unter dem Durchschnitt, welche in den darauffolgenden Jahren schließlich überdurchschnittlich ausfielen. Auch überregional zeigt die Sorte gute Ertragsleistungen. Die Sorte ist etwas später im Ährenschieben, reift mittelfrüh ab und zeigt eine gute Standfestigkeit. Abgesehen von einer erhöhten Mehltauanfälligkeit verfügt Cedrico über eine gute Blattgesundheit und geringe Neigung zur DON-Bildung. Die Auswuchsneigung soll auf einem mittleren Level liegen, die Winterhärte kann nicht sicher eingeschätzt werden.

Die kurzstrohige Sorte Lombardo (Syngenta, Zulassung 2015) bestätigt im aktuellen Jahr erneut seine Leistung und beweist damit Ertragstreue. Auch überregional erweist sich Lombardo als ertragsstarke Sorte. Die Ertragsbildung erfolgt über eine hohe TKM bei mittlerer Kornzahl je Ähre. Die Sorte ist sowohl im Ährenschieben als auch in der Reife mittelfrüh und weist eine mittlere Standfestigkeit auf, die eine Absicherung über Wachs­tumsregler benötigt. Die Winterhärte ist als sehr gut eingestuft, wodurch sie sich für Höhenlagen eignet. Die Blattgesundheit liegt, mit Ausnahme einer stärkeren Anfälligkeit für Braunrost, auf einem mittleren Niveau. Eine Schwäche besteht in der erhöhten Anfälligkeit für Ährenfusarium und Blattseptoria.

Ramdam (Limagrain, Zulassung 2019) konnte mit Ausnahme 2021 in Hessen, aber auch überregional ihre hohe Einstufung in der Ertragsleistung unter Beweis stellen. Die Ertragsbildung erfolgt über die hohe Kornzahl pro Ähre in Verbindung mit hohen Tausendkorngewicht.  Ramdam ist eine langstrohige Sorte, welche früh die Ähren schiebt und mittelfrüh abreift. Sie zeigt eine mittlere Standfestigkeit. Die Sorte besitzt ein gutes gesundheitliches Portfolio mit fast durchweg geringen bis sehr geringer Anfälligkeit gegenüber Blattkrankheiten, besonders hinsichtlich Braunrost zeigt sie Vorteile. Die Neigung zum Befall mit Ährenfusarium liegt auf einem mittleren Niveau, sollte jedoch bei Maisfruchtfolgen berücksichtigt werden.

Auffällig und vielversprechend zeigt sich zudem die Sorte Rivolt (Secobra, Zulassung in Frankreich 2018), welche in Hessen jedoch erst zweijährig geprüft wurde und daher zunächst für einen Probeanbau in Betracht kommt. Ihre hohe bis sehr hohe Ertragseinstufung konnte sie bislang sowohl in Hessen als auch überregional unter Beweis stellen. Rivolt ist früh bis mittel im Ährenschieben und Reife, ihre Standfestigkeit ist mittel. Die Sorte verfügt über ein gutes Gesundheitsportfolio, vor allem gegenüber Mehltau und Braunrost. Lediglich die Anfälligkeit gegenüber Gelbrost und Blattseptoria ist erhöht, was sich auch in den LSV zeigte. Abschließende Empfehlungen zu Rivolt können im nächsten Jahr nach vollständiger dreijähriger Prüfung getroffen werden.


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