Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Marktfruchtbau

Getreide-GPS, frühe Gerstenernte oder Hagelschaden: Wie kann man früh geräumte Flächen nutzen?

Werden Ackerflächen früh geräumt/frei, so stellt sich die Frage, wie kann man die Fläche noch gezielt vor der nächsten Herbst- oder Frühjahrsaussaat effektiv nutzen.

Hier gibt es vier verschiedene Ansätze:

1. Zweitfruchtanbau mit Druschkulturen

Sommergerste

Die Sommergerste hat von dem gesamten Sommergetreide die kürzeste Vegetationszeit. Je nach Standortbedingungen, Wetter und Sorte benötigt die Sommergerste zwischen 110 bis 130 Tage von der Aussaat bis zur Ernte. Bei der Aussaat sind die Saatstärken nicht zu hoch zu wählen. Idealerweise 350 Körner pro m². Saatstärken mit 400 Körnern pro m² können sich bei knapperer Wasserversorgung negativ auf die Kornausbildung auswirken. Auch steigen das Lagerrisiko und die Krankheitsgefahr. Beim Anbau von Sommergerste nach Wintergerste ist eine Pflugfurche empfehlenswert, um den stärker zu erwartenden Krankheitsdruck in den Griff zu bekommen. Bei Gerstenvorfrucht ist das Thema der Ausfallkörner bei einer Pfluglosenbestellung nicht zu unterschätzen.

Pflanzenschutz ist nur in geringem Umfang notwendig. Es wird eine ruduzierte Fungizid und Wachstumsreglermenge benötigt. Als Herbizidmaßnahme reicht eine Unkrautbehandlung im frühen Nachauflauf. Die Stickstoffdüngung liegt auf Braugersten-Niveau. Eine Düngebedarfsermittlung ist durchzuführen!

Unter günstigen Bedingungen kann eine Ernte im Oktober möglich sein. Es kann aber auch erst November oder im ungünstigsten Fall, wenn das Wetter nicht mitspielt, Dezember werden. Das Ertragsniveau liegt unter guten Bedingungen bei 30 bis 40 dt/ha

Erbsen

Werden Futtererbsen als Hauptfrucht angebaut, benötigen sie etwa 55 Tage von der Aussaat bis zur Blüte. Ca. 105 Tage sind es von der Aussaat bis zur Ernte. Erfolgt die Aussaat Mitte / Ende Juni, so muss man mit mindestens 14 Tage längerem Wachstum kalkulieren. Entscheidend dabei ist der Monat September. Ist er warm, kann die Ernte im günstigsten Fall Anfang bis Mitte Oktober erfolgen; bei einem kühleren September erst Mitte bis Ende Oktober, oder auch im ungünstigsten Fall im November.

Bei diesen sehr späten Saatterminen darf die die Saatstärke nicht erhöht werden! Zielgröße sollte ca. 70 bis 80 Körner pro m² sein.

Der Hülsenansatz und die Einkörnung sind meist vergleichbar mit dem der Hauptfruchterbse. Eine Begründung könnte darin liegen, dass durch die Verschiebung der Blüte in den August es zu weniger Blüten und Hülsenabwürfen kommt. Tendenziell kann die Blüte und Samenbildung etwas ungestörter ablaufen. 10 Hülsen pro Pflanze bei vier bis fünf Körnern pro Hülse sind dann durchaus möglich. Bei Bestandesdichten von 70 Pflanzen je m² zur Ernte sind dann rein rechnerisch 40 dt/ha zu erwarten.

Realistisch sind Erträge zwischen 20 und 30 dt/ha.

Fazit: Grundsätzlich ist der Anbau von Erbse und Sommergerste als Zweitfrucht zum Drusch möglich. Das Risiko einer späten Ernte ist hoch. Meist muss die Ware getrocknet werden. Die Wasserversorgung ist eine sehr große Unbekannte. Auch die Ernte ist schwer kalkulierbar. Bei realistischer Betrachtung der Kosten und des Ertrages ist es meist sehr schwer schwarze Zahlen zu schreiben.

2. GPS-Anbau

Nach Wintergerste, Wintertriticale-GPS oder Roggen-GPS, bietet es sich an, Sommergetreide zur GPS-Nutzung anzubauen.

Je nach Standort und Getreideart sind 6 bis 8 t/ha TM durchaus möglich. Entscheidend für hohe Erträge der Zweitfrucht ist vor allem das Wasserangebot. Dabei sollte beachtet werde:

  • Wie hoch ist die nFk am Standort?
  • Wie sieht die Großwetterlage aus?

Ist es Anfang Juli kühl-feucht und sind noch Bodenwasservorräte vorhanden, stehen die Chancen gut, dass der Anbau gelingt.

Bei frühen Aussaatterminen eignet sich vor allem Sommertriticale und Hafer.

Für später Termine ist die Sommergerste ideal.

Aussaat bis zum

  • 10.07.: Sommertriticale
  • 15.07.: Sommerhafer
  • 31.07.: Sommergerste

Idealerweise sollte die Aussaat zwischen dem 10. und 15.07. erfolgen, um:

  • sichere TS-Gehalt von 30 bis 36 % zu erzielen.
  • nicht zu späte Erntetermine zu bekommen.

Den Saattermin sollte man nicht unterschätzen. Besonders Triticale als auch Hafer reagieren sehr stark auf den Saatzeitpunkt. Erfolgt die Aussaat bei diesen beiden Kulturen erst Ende Juli, wird Anfang bis Mitte Oktober nur noch 20 bis 25 % TS erzielt. Auch die Ertragsbildung ist durch die kürzere Vegetation begrenzt. Bei späten Aussaatterminen, die auch bis zum 25 Juli erfolgen können, sind bei Sommergerste auch noch recht annehmbare Erträge möglich. Ähnlich flexibel in den Aussaatterminen wie die Sommergerste ist der Rauhafer. Er ist jedoch deutlich lageranfälliger und ist begrenzt in den TS-Gehalten zur Ernte.

Unabhängig von der Getreideart und Saatzeit sollte die Aussaatstärke bei 350 Körnern pro m2 liegen. Empfehlungen mit 400 Körner pro m2 bringen in der Regel keinen Ertragsvorteil, sondern erhöhen Saatgutkosten und das Lager- sowie Krankheitsrisiko steigt. Pflanzenschutz findet in einem überschaubaren Umfang statt. Ca. 3 bis 6 Wochen nach der Saat sollte eine Herbizidmaßnahme gegen keimende Unkräuter erfolgen. Z.B. 1,0 l/ha Ariane C. Der Fungizideinsatz muss situativ erfolgen. In den meisten Fällen ist für eine gute Futterqualität eine Maßnahme empfehlenswert. Man kann feststellen, dass die Silierfähigkeit und Methanausbeute bei starkem Pilzbefall abnimmt.
In Jahren mit gutem Massenwachstum hat sich auch der Einsatz eines Wachstumsreglers bewährt. Z.B. mit 0,3 bis 0,5 l/ha Moddus.

Mais

Mais als Zweitfrucht sollte für gute Erträge und eine möglichst sichere Abreife spätestens bis zur zweiten Junidekade zur Aussaat gebracht werden. Als Faustformel kann man sagen: Je Woche Saatzeitverzögerung nach dem 1. Mai ist mit einem Minderertrag von ca. 5 Prozentpunkten gegenüber dem optimalen Saattermin zu rechnen.

Wenn ein später Zweitfrucht-Mais angebaut werden soll sind, sind sehr frühe Sorten zu favorisieren. Zu nennen sind hier beispielsweise

  • S110/ ca. K130 Flynt (DSV)
  • S120/ ca. K130 Ambient (DSV)
  • S150/ ca. K160 Joy (DSV)
  • S160/ ca. K170 Avitus (KWS)
  • S170 Perez (KWS)

Erfolgt die Aussaat ab Ende Juni oder sogar erst im Juli, kann man davon ausgehen, dass selbst unter optimalen Bedingungen kaum noch akzeptable Erträge und Qualitäten zu erzielen sind.

Vielfach wird in diesem Zusammenhang auf sehr früher Sorten verwiesen, z.B. mit S150 oder S160. Meist ist dieses Saatgut deutlich teurer als „klassische Reifeklassen“ Teilweise kann man beobachten, dass die erwartete, deutlich frühere Reife nicht immer gegeben ist. Entscheidend ist, dass der Mais nicht zu spät in die Blüte geht, da sonst keine nennenswerte Einlagerung in die Körner bzw. Kolben stattfindet. Diesen Qualitäts- und Ertragsprognosen muss man die vollen Anwendungen bei Saatgut und Pflanzenschutz mit entsprechenden Arbeitserledigungskosten gegenüberstellen.
In den meisten Fällen werden bei dem späten Zweitfruchtmaisanbau keine schwarzen Zahlen geschrieben.

Sorghum

Sorghum eignet sich, ähnlich wie Mais, nur bedingt für einen späten Zweitfruchtbau. Grundsätzlich sollte der Saatzeitpunkt nicht nach dem 20. Juni liegen. Einzig in Gunstlagen ist eine Aussaat Ende Juni mit ausgesprochen frühe Sorten möglich. Nur so kann bei entsprechend später Ernte noch ausreichend hohe Trockensubstanzgehalte für eine sichere Silierung erreicht werden.

Eine sehr fühe Sorte ist z.B. LUSSI. Die frühe Sudangrashybride (Sorghum bicolor x Sorghum sudanese) erreicht eine Abreife nach ca. 90 bis 115 Tagen.

Die Saatmenge ist abhängig von der Sorghumart und dem Verwendungszweck. Zur Biomasseproduktion sollte S. bicolor mit einer Saatstärke von 20 bis 25 keimfähigen Körnern pro m² ausgebracht werden. Für S. bicolor x S. sudanense und S. sudanense empfiehlt sich eine Saatstärke von 30 bis 40 keimfähigen Körnern pro m²

Fazit: Getreide-GPS zeigt vielfach ein stabiles und vergleichbar hohes Ertragsvermögen. Sorghum und Mais unterliegen im Vergleich einem deutlich höheren Anbaurisik

3. Ackerfutterbau mit Gräsern und Leguminosen

Auch bei den Futtergräsern und Leguminosen gilt: Je trockener die Ausgangslage, umso schwieriger wird es bei kurzer Standdauer gute Futtererträge zu erwirtschaften.

Hier muss man unterscheiden zwischen einer Sommerzwischenfrucht, einer Winterzwischenfrucht mit Nutzung vor Mais und dem mehrjährigen Anbau.

Sommerzwischen-fruchtWinterzwischen-frucht mit Nutzung vor MaisMehrjähriger Anbau
Futterwert++++++
Ertragssicherheit(+)+++
Ertragspotential(+)+++
Fruchtfolgeplanung+++
Vorfruchtwert+++++

++ sehr gut, + gut, (+) bedingt, – nachteilig

Einjährige Kulturen, wie Einjähriges Weidelgras, Perser- oder Alexandrinerklee liefern einen starken ersten Aufwuchs und sind daher besonders für den Sommerzwischenfruchtanbau zu empfehlen. Überjährige Mischungen aus Welschem -, Bastardweidelgras und/oder Rotklee bieten eine höhere Ertragssicherheit und damit auch ein höheres Nährstoff-/Gülle-Umsetzungsvermögen. Der Düngebedarf orientiert sich zudem an Leguminosenanteil, Aussaatzeitpunkt, Reststickstoffgehalt etc.

Welche Mischung, welche Sorten?

Im Vergleich zu reinen Grasbeständen liefern Leguminosengemenge proteinreicheres Grundfutter (XP >19 %).

Für den Sommerzwischenfruchtanbau z.B. Mischung A2.2: 15 kg/ha Persischer Klee, 10 kg/ha Einjähriges Weidelgras. Zudem zeichnen sich Gemenge durch ein geringeres Ertragsrisiko aus (etwa 30 bis 60 dt TM/ha, je nach Standort, Nutzungsdauer und Witterung).

Bei guter Wasser- und Nährstoffversorgung bieten reine Gräserbestände (einjähriges Weidelgras) jedoch das höherer Ertragspotential, bei sehr guten Energiegehalten (>7 MJ).

Überjähriger Anbau (ein Schnitt im Herbst und eine Vornutzung vor Silomais): Hier wurden in den letzten Jahren mit milden Wintern besonders gute Erfahrungen mit der A2 Mischung gemacht (15 kg/ha Einjähriges und 30 kg/ha Welsches Weidelgras). Das Einjährige liefert einen schnellen 1. Aufwuchs im Herbst und das Welsche Weidelgras einen weiteren Schnitt vor der Maisaussaat.

Für den mehrjährigen Anbau eignen sich besonders Mischungen mit ausdauernden Arten, wie Bastard- und deutsches Weidelgras (A3), Rotklee (A 3.3) oder Luzerne (A4.4).

Einen Überblick zu den empfohlenen Sorten und Mischungen, Anbaueignung, Aussaatstärke und Hinweise zur Bestandsführung bietet die Sorten- und Mischungsempfehlung des LLH.

4. Anbau von Zwischenfrüchten ohne Futternutzung

Ist keine Futternutzung vorgesehen, kann ein früher Zwischenfruchtanbau eine weitere interessante Alternative darstellen.
Um üppige Zwischenfruchtbestände zu etablieren, die Unkraut unterdrücken, den Boden intensiv durchwurzeln und viel Stickstoff aufnehmen/speichern können, ist eine frühe Saat unumgänglich.

Ein an die Fruchtfolge gut angepasster Zwischenfruchtanbau kann zudem die Gesundheit, den Ertrag und die Qualität der Hauptfrucht fördern. So können resistente Gelbsenf- oder Ölrettichsorten schädliche Zuckerrübennematoden in ihrer Entwicklung hemmen. Andere Zwischenfrüchte können Bodennährstoffe aufschließen, die sonst nicht pflanzenverfügbar wären (z.B. Phacelia und Ackerbohne à Phosphoraufschluss), oder können leichte Bodenverdichtungen durch ihre Wurzeln aufbrechen (z.B. Ackerbohne und Tiefenrettich).

Weiterführende Informationen können unserem Zwischenfruchtleitfaden entnommen werden.


Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag