Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Ökologischer Pflanzenbau

Ergebnisse der LSV Öko-Winterweizen 2020 & Empfehlungen

Wechselhafte Öko Weizenerträge in Hessen

Öko-Ackerbauern benötigen Sortenempfehlungen, die unter den Bedingungen des Ökologischen Landbaus erarbeitet wurden. Dr. Thorsten Haase vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen fasst die Ergebnisse der drei hessischen Landessortenversuche zu Öko-Winterweizen zusammen.

Die Wahl der Weizensorte bestimmt im Ökolandbau in erheblichem Maße, ob der Stickstoff vorrangig in Rohprotein und damit Qualität (Backfähigkeit), oder in Kornertrag umgesetzt wird. Der Landwirt stellt somit bei der Sortenwahl die Weichen für Back- oder Futterweizen. Neben der Sortenwahl beeinflussen aber auch Standort, Fruchtfolge, Düngung und die Witterung das Qualitätsniveau. Die Sortenergebnisse der letzten Jahre zeigen immer wieder, dass meist nur mit Sorten aus der Qualitätsgruppe E Backqualität erreicht wird. Aber selbst aus diesem Qualitätssegment gibt es Sorten, die nur unter sehr guten Wachstumsbedingungen Rohproteingehalte von 11,5% und Feuchtkleberwerte von 26% oder darüber erzielen.

Neben Alsfeld-Liederbach (VB; Vogelsbergkreis) und der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen (FH, Landkreis Kassel) steht seit 2013 mit dem Gladbacherhof (GLAD, Limburg-Weilburg) ein dritter Standort für den Landessortenversuch (LSV) Öko-Winterweizen zur Verfügung.

Auf den drei Standorten wurde 2020 jeweils dasselbe Sortiment von 25 Weizensorten geprüft. Von diesen wurden über die letzten drei Jahre (2018-2020) neun (4 E-, 3 A-, 2 B-) Weizensorten auf allen drei Standorten geprüft. Im dreijährigen Durchschnitt wurden im Mittel dieser neun Sorten gute Erträge (60 dt/ha) erzielt. Das mittlere Ertragsniveau des 2020 auf allen drei Standorten geprüften Sortiments lag im Durchschnitt bei 62 (dt/ha (Tabelle 1).

Allerdings fielen 2020 die Weizenerträge auf den drei hessischen Standorten sehr unterschiedlich aus. Während auf dem Gladbacher Hof und in Frankenhausen bei Kassel sehr gute Erträge erzielt wurden, lag der durchschnittliche Ertrag am Standort in Alsfeld deutlich niedriger. Das ist in anderen Versuchsjahren keineswegs so. Im Jahr 2020 war jedoch der Unterschied zwischen den Standorten bezüglich der Bodengüte besonders eklatant. Der Versuch in Alsfeld stand auf einem Schlag mit 38 Bodenpunkten, während die anderen zwei Versuche auf 75-80er Böden standen. Auch die Niederschlagsverteilung war am Standort Alsfeld ungünstiger als in Frankenhausen und am Gladbacherhof.

Neben der Ertragsleistung der Sorten in bis zu drei Prüfjahren wird in der Folge auf deren wichtigste agronomischen Eigenschaften und den Rohproteingehalt eingegangen.

Die geprüften Sorten im Kurzportrait

E-Weizen

Trebelir ist eine biologisch-dynamische Züchtung der Getreidezüchtungsforschung Darzau. Sie wurde nun auf allen drei Standorten drei Jahre lang geprüft. Der Ertrag lag im Mittel bei 93 %. Bei Rohproteingehalt schnitt die Sorte wie Aristaro ab. Trebelir ist lang im Wuchs, recht blattgesund. Sie kann für den Anbau empfohlen werden.

Aristaro ist eine steinbrandresistente Sorte mit Ährenbegrannung aus biologisch-dynamischer Züchtung. Die Sorte ist sehr lang und kann bei entsprechender N-Versorgung unter Umständen ins Lager gehen. Aristaro erzielte im Mittel der drei Prüfjahre 2018-2020 Erträge, die unter dem Mittel der Bezugsbasis lagen (95%), dafür aber hohe Rohproteingehalt. Die Jugendentwicklung und die Bodenbedeckung in Kombination mit der Pflanzenlänge lassen eine gute Unkrautunterdrückung erwarten. Die Sorte kann ebenfalls für den Anbau empfohlen werden.

Moschus ist eine sehr blattgesunde Sorte, die etwas höhere Erträge als Trebelir und Aristaro erwarten lässt, der Rohproteingehalt liegt unter dem der beiden genannten E-Sorten. Ihre geringe Gelbrostanfälligkeit ist erfreulich.

Thomaro ist für eine Sorte aus Ökozüchtung relativ kurz, aber dafür sehr halmstabil. Die Blattgesundheit überzeugt, besonders erfreulich ist die sehr geringe Anfälligkeit für Gelbrost. Ein weiteres Prüfjahr bleibt abzuwarten.

Alessio ist eine begrannte Sorte, die im Mittel der Jahre und Standorte wie Trebelir und Aristaro drosch. Auch vom Rohproteingehalt war sie vergleichbar.

Expo ist für eine konventionelle Züchtung recht lang und fiel in ihrem ersten Jahr nicht positiv auf. Sowohl beim Ertrag als auch beim Rohproteingehalt schnitt die recht blattgesunde Sorte unter dem Durchschnitt ab. Ein drittes Prüfjahr bleibt abzuwarten.

Gleiches gilt für Sorte Purino, die ebenfalls recht blattgesund ist.

Wendelin hatte ein gutes Ertragsniveau aufzuweisen und sehr erfreuliche Rohproteingehalte. Die gesunde Sorte mit geringer Anfälligkeit für Gelbrost macht neugierig auf das dritte Prüfjahr.

Effendi ist eine sehr lange, blattgesunde Sorte, die erst einjährig geprüft wurde, aber auf allen drei Standorten gut abschnitt. Wie bei Effendi liegen auch für Curier, Edelmann und Adamus erst einjährige Ergebnisse vor, die beim Kornertrag alle vergleichbar, etwas unter Effendi abschnitten. Adamus fiel durch den höchsten Rohproteingehalt des gesamten Sortiments positiv auf.

A-Weizen

Die hier vorgestellten A-Sorten erreichen unter ökologischen Anbaubedingungen in der Regel auf den hessischen Standorten keine ausreichenden Backqualitäten und sind daher wohl eher als Futterweizen zu sehen.

Rubisko ist schon eine etwas ältere (2011), begrannte EU-Sorte, mit gutem Ertragsniveau. Die sehr kurze Sorte überzeugte im dreijährigen Ertragsmittel (112%).

Die lange Wuchshöhe von Senaturo und das gute Ertragsergebnis im Mittel dreier Prüfjahre (107 %) lassen aufhorchen. Aber auch für diese sehr blattgesunde A-Sorte gilt das oben gesagte. Der hohe Kornertrag geht zu Lasten der Qualität. Als Futtersorte kann Senaturo dennoch empfohlen werden.

Tiliko vereinbart laut Getreidezüchtungsforschung Darzau Flugbrand-, Stinkbrand- und Zwergsteinbrandresistenz mit hoher Backqualität. Tatsächlich wies die sehr lange Sorte höhere Rohproteingehalte bei deutlich niedrigerem Ertrag (92%) auf.

Ebenfalls die Öko-Wertprüfung absolviert hat Roderik, ein begrannter A-Weizen mit durchschnittlichem Ertrag in den ersten beiden Prüfjahren.

KWS Essenz kommt aus der Öko-Wertprüfung und wurde 2019 zugelassen. Die mittellange und stabile Sorte ist recht blattgesund, vor allem aber wenig anfällig für Gelbrost. Im Ertrag konnte sie in den beiden Prüfjahren Roderik nicht das Wasser reichen.

Ebenfalls erstmalig geprüft wurde Turandot, der einen sehr hohen Ertrag bei sehr geringem Proteingehalt aufwies. Das dritte Prüfjahr wird zeigen, ob sich die Sorte als Futterweizen empfehlen lässt.

Asory ist eine sehr kurze, (bis auf DTR) blattgesunde Sorte mit sehr hohem Ertragspotenzial, das sie in ihrem ersten Prüfjahr auch unter Beweis stellte. Der Kornertrag lag im Durchschnitt der drei Standorte auf dem Niveau von Rubisko bei ähnlich geringem Rohproteingehalt.

Sarastro ist eine lange Sorte mit einer gewissen Lageranfälligkeit und mittlerer Blattgesundheit. In Sachen Kornertrag enttäuschte die Sorte in ihrem ersten Prüfjahr auf allen drei Standorten.

B-Weizen

RGT Sacramento ist eine sehr kurze B-Weizen-Sorte mit sehr guter Blattgesundheit und hohem Ertragspotenzial auf dem Niveau von Senaturo.

KWS Talent ist ebenfalls sehr blattgesund und hinsichtlich der Wuchslänge zwischen RGT Sacramento und Senaturo einzuordnen. Bezüglich Ertrag und Rohproteingehalt ist sie etwa auf deren Niveau. Sie kann für einen Probenanbau empfohlen werden.

Argument wurde erstmalig geprüft. Die lange und blattgesunde Sorte schwankte in ihrem Ertrag über die Standorte. Ein drittes Prüfjahr steht noch aus.

Informer ist mittellang und blattgesund mit der Bestnote bei äußerst geringer Gelbrostanfälligkeit In Abhängigkeit vom Standort erzielte die Sorte ein durch- bis weit überdurchschnittliches Resultat. Ähnlich – jedoch auf etwas niedrigerem Ertragsniveau -präsentierte sich die kurze Sorte Campesino, deren sehr hohes Ertragspotenzial neugierig macht auf weitere Prüfjahre.

Informationen über die Verfügbarkeit und Anbieter von Saatgut von Weizen in Öko-Qualität erhalten Sie auf der Internetseite www.organicxseeds.de

 

Tabelle 1: Kornertrag (relativ zum Mittel der Bezugsbasis) im Landessortenversuch Öko-Winterweizen 2018-2020 auf den drei Standorten Alsfeld-Liederbach (VB), Frankenhausen (FH) und Gladbacherhof (GLAD)

QualitätKornertrag (relativ zur BB)
2020202020192018
VBFHGLAD3 Orte3 Orte3 Orte
BB (dt/ha) 40,576,569,162,069,141,9
TrebelirE929399959194
Aristaro (Grannen)E91861009293100
MoschusE951021031019990
ThomaroE9697969694
Alessio  EU (Grannen)E949389929793
ExpoE104941009992 
PurinoE10078838591 
WendelinE9994929595 
EffendiE999710299  
CurierE96959896  
Edelmann EU (Grannen)E939210095  
Adamus (Grannen)E881029295  
Rubisko  EU  (Grannen)A107115120115105117
SenaturoA102101103102104114
TillikoA909087899591
Roderik (Grannen)A93921059799 
KWS EssenzA8995959494 
TurandotA115112103109106 
AsoryA113116114115  
SarastroA87858786  
RGT Sacramento (Grannen)B112111100107109101
KWS TalentB11610997106106100
ArgumentB1069210098104 
InformerB112117101110  
CampesinoB11611193105  
Grenzdifferenz 5 % (rel.)4,96,113,5

 

Tabelle 2: Rohproteingehalt (% in der TM) im Landessortenversuch Öko-Winterweizen 2018-2020 auf den drei Standorten Alsfeld-Liederbach (VB), Frankenhausen (FH) und Gladbacherhof (GLAD)

Bezugsbasis: Dreijährig geprüfte Sorten
QualitätRohprotein (% in der TM)
2020202020192018
VBFHGLAD3  Orte3 Orte3 Orte
BB (dt/ha) 9,88,510,39,510,39,6
TrebelirE10,49,111,110,211,211,2
Aristaro (Grannen)E10,99,811,010,511,210,6
MoschusE10,18,810,99,910,49,3
ThomaroE10,19,411,110,211,1
Alessio  EU (Grannen)E10,69,411,410,511,310,4
ExpoE8,98,39,89,010,4
PurinoE10,39,911,610,611,4
WendelinE10,510,011,410,611,2
EffendiE10,09,510,710,1
CurierE10,29,110,39,9
Edelmann EU (Grannen)E9,88,69,89,4
Adamus (Grannen)E11,69,812,011,1
Rubisko  EU  (Grannen)A8,97,78,88,59,88,7
SenaturoA9,78,110,19,39,68,8
TillikoA10,38,611,110,010,210,1
Roderik (Grannen)A10,69,310,810,210,9
KWS EssenzA10,68,911,010,211,2
TurandotA8,67,89,48,69,9
AsoryA9,17,89,48,8
SarastroA10,99,811,210,6
RGT Sacramento (Grannen)B9,17,89,08,69,38,9
KWS TalentB8,26,89,08,09,68,7
ArgumentB9,58,29,59,09,4
InformerB8,77,39,38,4
CampesinoB8,27,49,08,2

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