Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Biorohstoffnutzung

Strohbau: Land-, Forst- und Bauwirtschaft Hand in Hand für die Zukunft

Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind in aller Munde. Fast drohend werden diese Themen auf den persönlichen Verzicht oder auf eine steigende CO2-Abgabe reduziert. Doch Klimaschutz ist viel mehr! Ein ganz besonderes Potential liegt im Bauen.

Das „konventionelle“ Bauen ist ein echter „Klimakiller“, denn die Zement-, Stahl- und Ziegelherstellung sind sehr energieintensiv; Sand ist weltweit knapp. Beim Abriss werden schlussendlich alle mineralischen Baustoffe zu minderwertigem Material verarbeitet – also kein Recycling, sondern ein Downcycling. Deshalb sollte hierzulande zum Schutz der Umwelt mehr Wert auf sinnvollen Erhalt des Bestandes und auf Einsatz nachwachsender Rohstoffe gelegt werden.

KIimabewusst und nachhaltig Bauen und Wohnen, auf einem zeitgemäßen Niveau – das geht! Der Holzbau oder die energetischen Sanierungen mit Naturfaserdämmstoffen machen es vor. Der Strohbau dagegen ist in Deutschland noch wenig bekannt. Dabei wächst Stroh jährlich nach und es bleibt, neben der Strohnutzung zur Bodenverbesserung oder als Einstreu, in vielen Regionen jährlich genug Stroh übrig, um Gebäude zu errichten.

Klein, aber fein: Modell-Strohgebäude im Tiny-House-Format

Im letzten Jahr hat das Fachgebiet 36 „Biorohstoffnutzung“ mit Mitteln des Integrierten Klimaschutzplans (IKSP) Hessen ein mobiles Strohgebäude auf einem großen PKW-Anhänger errichten lassen. Anhand des Modells können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des FG 36 Fachleute und Bauinteressierte herstellerneutral über die Potentiale des Strohbaus informieren. Corona-bedingt kam die Neuanschaffung erst kürzlich erstmalig zum Einsatz.

Das Gebäude hat die Größe eines Tiny House (6 m x 2,5 m) und kann auf Anfrage am LLH-HeRo Standort Witzenhausen oder auf Veranstaltungen (wie z.B. auf dem Hessentag) besichtigt werden. Es zeigt innen und außen den Aufbau, wie er auch in einem „echten“ Strohgebäude aussehen könnte. Dabei ist der Strohbau keineswegs nur für kleine Gebäude geeignet. Auch Mehrfamilienhäuser und große öffentliche Gebäude können in Strohbauweise realisiert werden, wie beeindruckende Beispiele in Deutschland und Europa zeigen.

Rundgang

Das Strohmobil wurde aus Strohfertigteilen mit 24 cm Dicke errichtet, aus technischen Gründen ergänzt mit kleinen, naturfasergedämmten Holztafelbauelementen. Im Inneren zeigt das Mobil den Aufbau eines Strohgebäudes in verschiedenen Varianten, z.B. mit Wandheizung oder mit weißem Lehm-Deckputz.

Die Decke kann bei Gebäuden ebenfalls mit Stroh gedämmt werden. Hier wird eine Innendämmung aus Hanf und Jute sowie aus Holzfaserdämmplatten gezeigt. Da Hanf und Jute nicht per se zugluftdicht sind, wurde eine Dampfsperre eingebaut. Man könnte diese Dämmstoffe auch ohne Dampfsperre mit einer Holzfaserdämmplatte deckeln (Bild 7).

Die Wanddicke erreicht mit einer an Gebäuden üblichen Strohdämmdicke von 36 cm i.d.R. ein Maß von 40-45 cm (mit Putz), das entspricht etwa einer Altbauwand der Gründerzeit, hat aber eine wesentlich bessere Wärmedämmung, einen hohen sommerlichen Hitzeschutz und sehr guten Schallschutz.

Um den manuellen Aufwand auf der Baustelle zu reduzieren, werden heute oft ganze Wände in einer Zimmerei mit der Strohballenfüllung vorgefertigt und zur Baustelle transportiert. Auf beiden Seiten ist das Stroh sichtbar und direkt verputzbar. Das Aufstellen eines zweigeschossigen Einfamilienhauses mit Fenstern, Türen und strohgedämmtem Dach erfolgt üblicherweise in einem Tag inkl. Montage der regensicheren Abdeckung.

Um den manuellen Aufwand auf der Baustelle zu reduzieren, werden heute oft ganze Wände in einer Zimmerei mit der Strohballenfüllung vorgefertigt und zur Baustelle transportiert. Auf beiden Seiten ist das Stroh sichtbar und direkt verputzbar. Das Aufstellen eines zweigeschossigen Einfamilienhauses mit Fenstern, Türen und strohgedämmtem Dach erfolgt üblicherweise in einem Tag inkl. Montage der regensicheren Abdeckung.

Ökologie und Ökonomie

Bild 11: Mehrfamilienhaus aus Strohfertigteilen in Ziegenhagen
Bild 12: Strohballenhaus „Libelle“ im Öko-Dorf Siebenlinden

Der Strohbau zeigt, wie moderner Holzbau mit ökologischen Dämmstoffen möglich ist. Die Wände sind innen mit Lehm verputzt, der Wetterschutz außen wird i.d.R. mit Kalkputz oder Holzverkleidung realisiert. Der Lehmputz ist diffusionsoffen und sichert gleichzeitig die Luftdichtigkeit des Gebäudes sowie die Brandsicherheit. Der Baustoff Lehm ist leicht zu verarbeiten, schadstoffabsorbierend und im Bedarfsfall gut reparabel. Nach Ende der Nutzung sind Stroh, Holz und Lehm wiederverwendbar.

Und auch die Ökobilanz kann sich sehen lassen: für den energetischen Herstellungsaufwand eines konventionellen Massivbaus (Ziegelbau mit konventioneller Dämmung) kann man ein gleich großes Strohgebäude errichten und 69 Jahre lang betreiben. Erst dann wurde – inklusive Heizen – so viel Energie verbraucht, wie allein der Bau eines konventionellen Hauses benötigt.

Grundsätzlich gilt: Holzbau, Strohbau und Naturfaserdämmung müssen nicht teurer sein als konventionelles Bauen und Sanieren. Es muss nur von Anfang an durchgeplant sein. Erst das Gesamtsystem ist preislich bewertbar. Auch muss ein Strohbaugebäude kein „Selbstbauprojekt“ für die ganze Familie sein. Man kann einen Strohbau wie ein Fertighaus nach eigenen Wünschen schlüsselfertig bestellen.


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