Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Bieneninstitut Kirchhain

Biogasfruchtfolgen mit Hirsen – insektenfreundliche Alternativen zu Mais?

Im Anbaujahr 2017 wurden in Deutschland auf etwa 1,374 Mio. ha Substrate für Biogasanlagen angebaut. Mais stellte mit einem Anbauumfang von 913.000 ha das wichtigste Substrat dar, gefolgt – mit großen Abstand – von Getreide, Zuckerrüben und alternativen Energiepflanzen.

An Sorghumblüten sind häufig pollensammelnde Honigbienen zu beobachten
Hessen hat im Bundesvergleich eine deutlich niedrigere Anlagendichte, folglich betrug der Energiepflanzenanbau für NawaRo-Vergärungsanlagen im gleichen Zeitraum in Hessen nur ca. 26.850 ha. Mais stellte mit etwa 21.400 ha den Hauptanteil dar.

Mais ist wegen seines hervorragenden Gasertragspotentials und der problemlosen Vergärung im Fermenter die wichtigste Frucht. Dies kann zu hohen Maisanteilen in Biogasfruchtfolgen führen. Enge, maislastige Fruchtfolgen stehen in der Kritik. Sie können zu Problemen mit Fruchtfolgeschädlingen oder auch mit Nährstoffverlagerungen in das Grundwasser beitragen. Während insbesondere große Maisschläge ideale Rückzugsmöglichkeiten und ein reichhaltiges Futterangebot für Wildschweine bieten, sind Maisflächen für die Insektenwelt geringwertig. Um die agrarökologische Wertigkeit klassischer Biogasfruchtfolgen zu erhöhen, bedarf es alternativer Energiepflanzen, die ertraglich mit dem Mais mithalten können und gute Ernte-, Silier- und Vergäreigenschaften mit sich bringen.

Sorghumhirse – vielversprechende Alternative!?

Sorghumhirsen (Sorghum bicolor L.) scheinen geeignete Kandidaten zu sein. Denn: Sorghum ist kein Wirt des Maiswurzelbohrers und auch der Maiszünsler richtet bei Sorghum kaum Schaden an. Sorghum hat einen geringen Stickstoffbedarf und ein weitverzweigtes, tiefreichendes Wurzelsystem. Dies kann aus Sicht des Boden- und Grundwasserschutzes von Vorteil sein. Während Mais eine negative Humusbilanz aufweist, hat Sorghum eine mit Leguminosen vergleichbare Humusreproduktionsleistung. Der vermutlich wichtigste Vorteil von Sorghum gegenüber Mais ist aber seine bessere Trockentoleranz, die beispielsweise im Jahr 2018 voll zum Tragen kam.

Sorghum als Trachtpflanze?

Moderne Sorghumzüchtungen für die Biogaserzeugung: Kornbetonte, frühblühende „Dualtypen“. Im Hintergrund: klassische, lange Biomassentypen (Foto: Windpassinger)
An Sorghumblüten sind häufig pollensammelnde Honigbienen zu beobachten. Es ist zu vermuten, dass Sorghumpollen für Insekten eine wertvolle Eiweißquelle darstellt. Um das Potential von Sorghum zu prüfen, haben sich Pflanzenzüchter und Bienenkundler in dem „SoNaBi“ Projekt („Sorghum bicolor als Nahrungsquelle für Bienen“) zusammengeschlossen. Das Vorhaben wird von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e. V.(fnr) gefördert (https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=22008816).

Wissenschaftler der Norddeutschen Pflanzenzucht (NPZ), der Deutschen Saatveredelung (DSV) und der Professur für Pflanzenzüchtung der Justus-Liebig-Universität Gießen züchten bereits seit mehreren Jahren Sorghumhybriden, die unter mitteleuropäischen Klimabedingungen hohe Gaserträge liefern. Angestrebt werden Dualtypen, die einen wesentlichen Anteil der Energie im Korn enthalten. Die Pflanzen erreichen eine Höhe von nur ca. 2,50 m, so dass diese einfacher als herkömmliche, lange Energiesorghumsorten zu beernten sind. Die Neigung, ins Lager zu gehen, ist vergleichsweise gering. Ein bedeutendes Selektionskriterium ist insbesondere eine gute Kältetoleranz, um den Kornansatz nicht durch niedrige Nachttemperaturen zu beeinträchtigen.

Insektenbesuche und Brutverhalten evaluiert

In sog. Flugzeltexperimenten wurden im Jahr 2018 zunächst die Trachtwerte einer Sorghumlinie, einer Sorghum-F1-hybride, einer Maissorte und der hochattraktiven Bienentrachtpflanze Phacelia miteinander verglichen. Die Brutleistung der Bienen in den Sorghumzelten war etwas besser als die der Bienen in den Maiszelten; die Unterschiede jedoch statistisch nicht signifikant. Sorghum und Mais blühen rasch ab. Mit dem Ende der Mais- bzw. Sorghumblüte – ungefähr vier Wochen nach Versuchsbeginn – bricht auch die Brutaktivität ein. Die in Form von Bienenbrot eingespeicherten Pollen waren dann zu diesem Zeitpunkt bereits verbraucht. Die Völkchen in den Phaceliazelten waren erwartungsgemäß am produktivsten. Phacelia blüte wochenlang bis zum Ende des Versuches. Die Phaceliavölkchen brüteten kontinuierlich durch. Inwiefern die Unterschiede zwischen Mais / Sorghum und Phacelia durch die Menge des Pollenangebotes oder durch deren Qualität verursacht sind, müssen weitere Untersuchungen klären.

Tab. 1: Brutleistung (Anzahl Brutwaben mit gedeckelter Brut [ged. BW]) der Versuchsvölkchen in Abhängigkeit der Trachtpflanzen

Ged. BW
Sorghum-F1-hybride40
Sorghumlinie38
Mais30
Phacelia102
Nullkontrolle7

Flugzelt mit Sorghum
Flugzelt mit Phacelia
Die Anzahl der gedeckelten Waben gibt Auskunft über die Brutaktivität

Anschließend wurde unter Praxisbedingungen überprüft, ob Sorghum für Bienen eine attraktive Pollenpflanze darstellt. Hierzu wurde am Landwirtschaftszentrum Eichhof in Bad Hersfeld, eine ca. 1 ha Demonstrationsfläche angelegt. Sorghum wurde hier als Deckfrucht für die Aussaat der durchwachsenen Silphie (Silphium perfoliatum) angebaut. Um die Blühdauer des Bestandes zu verlängern, wurde ein Gemisch aus drei Sorghumhybriden ausgesät. Die Aussaat erfolgte nach dem Anbauverfahren der Donau-Silphie durch die Metzler & Brodmann Saaten GmbH. Der Schlag liegt am Rand eines Waldes und wird erfahrungsgemäß stark von Wildschweinen besucht. Deswegen wurde anstelle der praxisüblichen Maisdeckfrucht Sorghum gewählt. In unmittelbarer Nachbarschaft steht ein bereits mehrjährig etablierter Silphiebestand, der üppig blühte. Die Bienenkundler stellten im Sorghumschlag sechs Bienenvölker auf. Der Bestand wurde wöchentlich abgeschritten und die Anzahl blütenbesuchender Bienen und Insekten gezählt. Als Vergleichswert wurde zeitgleich der Insektenbesuch in der nahe gelegenen Silphieparzelle erfasst.

Mehr Insekten, weniger Schwarzwildschäden

An den Sorghumblüten wurden viele pollensammelnde Honigbienen beobachtet (Tab. 2). Außerdem traten einige andere Hautflügler und Fliegen auf. Die zahlreichen, gold-gelben Silphieblüten lockten noch mehr Insekten an. Darunter waren auch viele Hummeln, Schwebfliegen und Schmetterlinge. Somit belegen die Beobachtungen, dass Sorghum auch unter Praxisbedingungen von Bienen als Proteinlieferant genutzt wird, ganz offensichtlich in Ergänzung verfügbarer, hochattraktiver nektar- und pollenliefernder Blütenpflanzen.

Tab. 2: Anzahl Blütenbesuche von Insekten in der Silphiebeobachtungsparzelle und dem Sorghumschlag

SorghumSilphie
16.08.20183133
23.08.201813,5109
30.08.20183657
03.09.201860,53
06.09.201840,5152
13.09.201827149
20.09.201836,559,5
Mittel3195

Die Ernte der Fläche erfolgte mit einem selbstfahrenden Feldhäcksler
Trotz des massiven Wildschweinvorkommens am Standort waren keine nennenswerten Schäden im Sorghumbestand feststellbar. Die Tiere kreuzten den Bestand bzw. hielten sich in der Kultur auf. Dies zeigten die zahlreichen Trittspuren am Boden. Die Ernte der Fläche erfolgte mit einem selbstfahrenden Feldhäcksler. Das Erntematerial wurde für anschließende Vergärungsversuche in Rundballen siliert.

Die Anlage weiterer Demonstrationsflächen mit Sorghum in Verbindung mit anderen Kulturpflanzen ist in den Folgejahren geplant, um Anbauerfahrungen für die Bereitstellung von Fachinformationen und Beratungsempfehlungen zu gewinnen

Fazit

Bienen nutzten sowohl im Experiment als auch unter Praxisbedingungen Sorghum als Pollentrachtpflanze. Sorghum in Biogasfruchtfolgen bereichert das Pollenangebot für Insekten. Eine Fruchtfolgeerweiterung ist aus pflanzenbaulicher und aus ökologischer Sicht zu begrüßen. Die Kombination Sorghum mit Silphie kann langfristig das Nahrungsangebot für Insekten aufwerten.


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