Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Geflügel

EU-Öko-VO: Ökologische Geflügelhaltung (außer Gallus gallus)

Diese Anforderungen stellen eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte der EU-Öko-Verordnung inkl. Durchführungsbestimmungen (VO (EG) 2018/848 u. weitere Ergänzungen) dar. Sie sollen Ihnen einen ersten Überblick ermöglichen.

Allgemeine Anforderungen an den ökologischen Landbau

  • Verbot gentechnisch veränderter Organismen (GVO) und von Stoffen,
    die aus oder durch GVO erzeugt wurden (v. a. Futtermittel, Saatgut, Dünger, Tiere)
  • Vorsorgekonzept zur Wahrung der Bio-Integrität – siehe dazu die Checkliste-Vorsorgekonzept
  • Flächengebundene Tierhaltung (z. B. max. 230 Legehennen oder 580 Masthühner / ha)
  • Für Betriebsmittel gelten Positiv-Listen, d. h. nur die darauf aufgeführten (konventionellen) Futter-, Dünge-, Pflanzenschutz-, Reinigungsmittel usw. sind unter bestimmten Voraus­setzungen zugelassen
  • 24 Monate Umstellungszeit gelten bei gleichzeitiger Umstellung von Tierhaltung und Pflanzenbau, andere Varianten sind möglich

Zusätzliche Anforderungen nach den HALM 2-Richtlinien (B.1)

  • Ein Kontroll-Vertrag mit einer zugelassenen Öko-Kontrollstelle muss spätestens zum 30.11. vor Beginn der Förderungslaufzeit (HALM 2), vorliegen. Eine Übersicht der Kontrollstellen erhalten Sie bei den Öko-Beratern und -Beraterinnen, den Ämtern für den ländlichen Raum (zuständiger Landkreis) und beim Regierungspräsidium Gießen, Dezernat 51.2
  • Die HALM2-Richtlinien fordern eine Umstellung des gesamten Betriebes, d.h. alle Betriebszweige (z.B. Ackerbau, Geflügelhaltung) müssen der Öko-VO entsprechen
  • Öko-Prämien: z. B. Acker: 300/350 €/ha für Beibehalter/Neueinsteiger, Dauergrünland: 200/220 €/ha für Beibehalter/Neueinsteiger (HALM 2 B.1.)
  • Jährliche Vorlage der Original-Öko-Kontrollbescheinigung bis zum 31.01. des Folgejahres

Pflanzenbau

  • Für Futter-Anbauflächen gelten mindestens 24 Monate Umstellungszeit nach der letzten konventionellen Maßnahme (frühestmöglicher Umstellungsbeginn ist der Tag des Vertrags­abschlusses mit der Kontrollstelle)

Tabelle 1: Umstellungsdauer nach Flächenart

FlächenartUmstellungsdauerStatus nach Ablauf
Grünland12 Monate vor der ErnteUmstellungsfutter
Grünland24 Monate vor der ErnteÖko-Futter
Ackerfutter (mehrjährig)12 Monate vor der ErnteUmstellungsfutter
Ackerfutter (mehrjährig)24 Monate vor der ErnteÖko-Futter
Getreide, Körnerleguminosen12 Monate vor der ErnteUmstellungsfutter
Getreide, Körnerleguminosen24 Monate vor der AussaatÖko-Futter, Öko-Ware

Saat- und Pflanzgut

  • Grundsätzlich aus Öko-Vermehrung oder aus Umstellung (1. und 2. U.-Jahr)
  • Hybridsaatgut ist zulässig (wird jedoch nicht von jedem Öko-Verband erlaubt)
  • Der ausnahmsweise Einsatz von konventionellem Saatgut (ungebeizt) ist möglich, wenn
    • kein Öko-Saatgut am Markt erhältlich ist,
    • eine Ausnahmegenehmigung der Kontrollstelle vorliegt,
    • für die jeweilige Sorte in der Internet-Datenbank OrganicXSeeds ( OrganicXSeeds.de) eine allgemeine Ausnahmegenehmigung gilt, oder
    • die Nichtverfügbarkeit von Ökologischen Sorten in der Datenbank OrganicXSeeds festgestellt wurde (durch Ausdruck dokumentieren)

Fruchtfolge, Düngung und Pflanzenschutz

  • Weitgestellte Fruchtfolgen mit Leguminosen, Gründüngungspflanzen bzw. Tiefwurzlern sind Grundlage einer ausgeglichenen Pflanzenernährung und des Pflanzenschutzes
  • Vorbeugender Pflanzenschutz durch geeignete Arten- und Sortenwahl, mechanische Bodenbearbeitung sowie Schutz von Nützlingen
  • Chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel sind nicht zulässig
  • Bei Bedarf (z. B. Bodenuntersuchung) können Düngemittel und Bodenverbesserer gemäß DVO 2021/1165 Anhang II wie z. B. kohlensaurer Kalk, Kalisulfate und weicherdige Rohphosphate, sowie Wirtschaftsdünger eingesetzt werden. Die Dokumentation der Maßnahme inklusive Begründung ist für eine spätere Kontrolle durch die Kontrollstelle erforderlich. Dabei ist die Gesamtmenge des Wirtschaftsdüngers (tierischer Herkunft) auf maximal 170 kg N / ha begrenzt, der Einsatz muss dokumentiert u. die Notwendigkeit begründet werden
  • Bei Bedarf dürfen die im DVO 2021/1165 Anhang I genannten Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, der Einsatz muss dokumentiert u. die Notwendigkeit begründet werden

Allgemeine Anforderungen an Geflügelställe (andere als Gallus gallus)

  • Freier Zugang zu Futtertrögen und Tränken sind Voraussetzung
  • im Stall 1/3 der Bodenfläche fest, nicht perforiert (keine Gitter- oder Spaltenkonstruktionen); von Einstreu wie Stroh, Holzspäne, Sand oder Torf bedeckt
  • Einfall von natürlichem Licht darf durch künstliche Beleuchtung ergänzt werden (max. 16 h Lichtphase erlaubt; ununterbrochene Nachtruhe von min. 8 h)
  • Einfacher & direkter Zugang zum Freigelände, wofür die Außenbegrenzungen der Ställe über Ein- und Ausflugklappen verfügen müssen, in den Tieren angemessener Größe.
    Die Länge der Ausflugklappen beträgt mind. 4 m je 100 m² der nutzbaren Mindeststallfläche
    Erhöhte Ein- und Ausflugklappen sind mit geeigneten Rampen zu versehen
  • Die Länge von Ein- und Ausflugklappen zwischen dem Innenbereich und einer Veranda muss zusammen mind. 2 m je 100 m² der nutzbaren Mindeststallfläche betragen
  • Verfügt der Geflügelstall über eine Veranda, zählt diese nicht zur nutzbaren Stallfläche. Dagegen ist zusätzlicher überdachter Außenbereich (ZüA), rund um die Uhr zugänglich und isoliert (kein Außenklima) zur nutzbaren Stallfläche anrechenbar.
  • Pro Stallabteil eines Geflügelstalls dürfen bestimmte maximale Herdengrößen und Besatzdichten nicht überschritten werden (siehe Tabelle 2)
  • Anders als für Hühner müssen die Stallabteile durch feste Trennwände getrennt sein (geschlossene Wand, im oberen Bereich lichtdurchlässig). Dabei ist bei durchlaufenden Versorgungseinrichtungen eine vollständige Abtrennung zu gewährleisten.
  • Die Gesamtnutzfläche der Geflügelställe je Produktionseinheit (PE) für die Fleischerzeugung beträgt max. 1.600 m², bei ausreichender Trennung sind mehrere PE pro Betrieb möglich
  • Geflügelställe müssen mit Sitzstangen und/oder erhöhten Sitzebenen ausgestattet sein (siehe Tabelle 2).
  • Mobile Geflügelställe dürfen für Geflügel verwendet werden, wenn diese während des Produktionszyklus regelmäßig und jedenfalls zwischen einzelnen Geflügelpartien versetzt werden.

Tabelle 2: Herdengrößen, Sitzstangen/erhöhte Ebenen und Besatzdichten nach Geflügelart

Mast-GeflügelBesatzdichte und Sitzstangen/erhöhte EbenenMax. Herdengröße
(je Stallabteil eines Geflügelstalls)
 Besatzdichte

kg / m²

Sitzstangen (oder erhöhte Ebenen)
cm / Tier (cm² / Tier)
Anzahl Tiere
Mastgeflügel max.
21 kg LG je m²
min.
5 cm (25 cm²)
Perlhühner: 5.200
Truthühnermax.  = Anzahl
21 kg LG je m²
Min. 10 cm

(100 cm²)

2.500
Gänse max.
21 kg LG je m²
2.500
Pekingenten, Barbarieenten, Mulard-Entenmax.
21 kg LG je m²
weibliche Tiere: 4.000

männliche Tiere: 3.200

 

Anforderung an Freigelände

Tabelle 3: Mindestaußenfläche je Tier & Tierart (Freigelände)

GeflügelMindestaußenfläche in m² pro Tier(***)GeflügelMindestaußenfläche in m² pro Tier(***)
(***) sofern die Obergrenze von 170 kg/N/ha nicht überschritten wird
Truthühner10Pekingenten, Barbarieenten und Mulard-Enten4,5
Gänse15Perlhühner4

 

  • Freigelände muss für Geflügel attraktiv und uneingeschränkt zugänglich sein
  • Geflügel muss mindestens während eines Drittels der Lebensdauer und ab frühestmöglichen Alter ganzjährig Zugang zu Freigelände gewährt werden, wann immer die physiologischen und physischen Bedingungen dies gestatten (außer ggf. extremen Witterungs-bedingungen).
  • Bei Aufteilung von Geflügelställen in getrennte Stallabteile, muss das zu den einzelnen Stallabteilen zugeordnete Freiland ebenfalls getrennt sein.
  • Ausläufe müssen überwiegend aus einer Vegetationsdecke bestehen und mit ausreichend Schutzvorrichtungen versehen sein (Unterschlupfe, Unterstände, Sträucher oder Bäume).
  • Das Freigelände darf einen Radius von 150 m zur nächsten Ein- /Ausflugklappe nicht überschreiten. Ausnahme: 350 m Radius ist zulässig, wenn mindestens vier Unterstände je Hektar vorhanden sind
  • Freigelände darf unterteilt und im Wechsel genutzt werden, dabei muss stets die in der Tabelle 3 aufgeführte Mindestgröße pro Tier eingehalten werden:
  • Auslaufjournale sind zu führen
  • Wassergeflügel (Enten u. Gänse) muss Zugang zu Wasserflächen haben. Mindestens sind Wasserbecken erforderlich, worin die Enten schwimmen können müssen, und Gänse ihren Kopf bis über die Augen eintauchen

Fütterung

  • 100 % Öko-Futter, davon über 30 % vom eigenen bzw. einem Betrieb aus der Region
  • Bis zu 100 % Umstellungs-Futter vom eigenen Betrieb oder max. 25 % zugekauftes Umstellungs-Futter können eingesetzt werden
    Maximal 20 % Futter von den ersten zwölf Umstellungsmonaten (mehrjähriges Gras- bzw. Ackerfutter, Körnerleguminosen, nur vom eigenen Betrieb) (jeweils Trockenmasse pro Jahr)
  • 5 % konv. Eiweiß-Futtermittel für Junggeflügel gemäß Positivliste dürfen bis 12.26 – eingesetzt werden, wenn das Futtermittel aus ökologischer Herkunft nicht verfügbar ist (bezogen auf Trockenmasse pro Jahr). Der Einsatz muss dokumentiert u. die Notwendigkeit begründet werden. Manche Vermarkter fordern bereits jetzt 100 % Öko-Fütterung.
  • Der Tagesration ist frisches, getrocknetes oder siliertes Raufutter beizugeben
  • Erlaubte Zusatzstoffe sind z. B. Mineralstoffe, Spurenelemente, Vitamine, (Öko-zertifizierte Mineralfutter)
  • Verboten sind Futter-Antibiotika, Leistungs- u. Wachstumsförderer, synthet. Aminosäuren

Herkunft der Tiere bei Zukauf

  • Grundsätzlich nur von Öko-Betrieben
  • wenn Ökotiere nicht verfügbar sind – dafür erforderlich Recherche in der Verfügbarkeits-datenbank für Tiere: organicXlivestock.de, ist der Zukauf von konv. Küken möglich (max. 3 Tage alt.(Antrag ebenfalls über www.organicXlivestock.de)

Tiergesundheit

  • Krankheitsvorsorge, pflanzliche bzw. homöopathische Medikamente sind vorzuziehen.
  • Die vorbeugende Anwendung chemisch-synthetischer Arzneimittel oder Antibiotika, sowie von Hormonen (z. B. Brunst-Einleitung) ist verboten (ausgenommen Impfungen).
    Der therapeutische Einsatz dieser Medikamente ist auf tierärztliche Anordnung möglich, dabei ist stets die doppelte Wartezeit, mindestens jedoch 48 Stunden einzuhalten.
  • Bei mehr als 3 „konventionellen“ Behandlungen / Jahr, bzw. mehr als einer Behandlung bei Lebenszyklen < 1 Jahr muss ein Tier bzw. seine Erzeugnisse in der Regel konventionell vermarktet werden (ausgenommen Impfungen und Parasitenbehandlungen).

Tierhaltungspraktiken

  • Schnäbel und oder Flügel dürfen nicht routinemäßig gestutzt werden. (Ausnahmen nur mit vorheriger Genehmigung der Kontrollbehörde im begründeten Einzelfall).
  • Mastgeflügel muss entweder von langsam wachsenden Rassen/Linien stammen oder bis zum Erreichen eines Mindestalters aufgezogen werden (siehe Tabelle 4).

Tabelle 4: Mindestschlachtalter bei Geflügel (in Tagen)

TierartAlter in TagenTierartAlter in Tagen
Peking-Enten49Perlhühner94
weibl. Barbarie-Enten70Truthähne/Bratgänse140
männl. Barbarie-Enten84Truthennen100
Mulard-Enten92 

 

Unter anderem aufgrund der Vermarktungsmöglichkeiten kann es sinnvoll sein, sich einem der Öko-Verbände anzuschließen. Dabei sind die zum Teil weitergehenden Vorschriften des jeweiligen Verbandes zusätzlich zur Öko-Verordnung anzuwenden.
Neben den aufgeführten Anforderungen der EU-ÖKO-Verordnung sind die Auslegungshinweise der Länderarbeitsgruppe (LÖK) zu beachten und die geltenden Anforderungen der Tieschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) zu berücksichtigen.


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