Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Digitalisierung

Digital gesteuerte Arbeitsmaschinen ermöglichen exakten Pflanzenbau und Reduzierung des Betriebsmitteleinsatzes

Der Landesbetrieb Landwirtschaft richtete am Landwirtschaftszentrum Eichhof in Bad Hersfeld am 24.05.2023 den Feldtag „Digitalisierung Pflanzenproduktion“ aus.

In Fachvorträgen am Vormittag wurden zunächst die rasanten Entwicklungen der Automatisierung und Digitalisierung der Planungs-, Arbeits- und Dokumentationsverfahren im Pflanzenbau erläutert. GPS-gesteuerte Lenksysteme und automatische Teilbreitenschaltungen von Sämaschine, Düngerstreuer und Pflanzenschutzspritze sind heute bereits in vielen Betrieben etabliert. Komplette Farm-Management-Systeme inklusive umfassender Planung und anschließender Dokumentation aller durchgeführten Maßnahmen und Pachtflächenverwaltung finden immer größere Aufmerksamkeit.

Eike Hunze von der Georg-August-Universität Göttingen stellte Ergebnisse aus ihrem Projekt „Experimentierfeld Farmerspace – digitaler Pflanzenschutz“ vor. Hier werden z. B. Unkrautnester mit Hilfe vorgeschalteter Drohnenbefliegung und anschließend erstellter Applikationskarten oder auch durch direkte Kameraerfassung an den Ausbringgeräten erfasst und teilflächenspezifisch oder sogar einzelpflanzenbezogen bekämpft. Dafür ist jedoch eine sehr enge Düsenanordnung an den Spritzgestängen erforderlich. Diese Technik ist zwar noch sehr teuer und zum Teil auch noch im Entwicklungsstadium, aber mit ihrer Hilfe können die Pflanzenschutzmittelaufwendungen je nach Stärke des Unkrautbesatzes perspektivisch um bis zu 80 % gesenkt werden.

Andreas Dörr aus Ostheim in der Rhön erläutert seine digitale Strategie im Ackerbau

Landwirt Andreas Dörr aus Ostheim in der Rhön bewirtschaftet zusammen mit seinem Vater in der Dörr-Agrar GbR 1400 ha in der thüringischen Rhön und setzt seit Jahren konsequent auf die Digitalisierung im Ackerbau. Als einer von drei Praxisbetrieben im EIP-Projekt „Deep Farming“ testet er die teilflächen­spezifisch optimierte N-Düngung in seinem Betrieb durch den Einsatz von NIRS-Sensoren, Gülleverschlauchung und Inhaltsstoffanalyse der Gülle während der Ausbringung.

Bereits seit vielen Jahren hat er die Fahrspurplanung auf seinen Schlägen durch Controlled Traffic Farming optimiert, was sich besonders für nasse Bodenverhältnisse wie in diesem Frühjahr sehr bewährt hat. Dörr arbeitet kontinuierlich darauf hin, seinen gesamten Betrieb als digitalen Zwilling abzubilden, so dass er, aber auch seine Mitarbeiter alle relevanten Informationen über Erträge, Aufwendungen, Bewirtschaftungsauflagen, Lagerbestände usw. stets aktuell online auf dem Tablet in der Schlepperkabine oder dem Handy verfügbar haben.

Maschinenvorführung

Im Nachmittagsblock auf den Versuchsflächen des Eichhofes wurden dann verschiedene weitgehend digital gesteuerte Arbeitsgeräte im Einsatz gezeigt. Der ROBOTTI, ein autonom fahrendes, GPS-gesteuertes Arbeitsgerät vom dänischem Startup-Unternehmen Agrointelli entwickelt, kann mit entsprechendem Anbaugerät säen, pflanzen, hacken, spritzen und leichte Bodenbearbeitung ausführen. Am Eichhof wurde er im Einsatz mit einer Reihenhacke im Maisschlag gezeigt.

Der Robocrop InRow Weeder der Fa. Garford ist ein mit kreiselnden Hackscharen ausgestattetes kameragesteuertes Hackgerät, welches auch in der Reihe zwischen den Einzelpflanzen das Unkraut bekämpfen kann. Die Technik setzt derzeit noch einen Mindestabstand der Einzelpflanzen von 19 cm voraus, wird aber stetig weiterentwickelt und optimiert. Am Eichhof wurde er im Frontanbau in Sonnen­blumen vorgeführt.

Ein bereits seit vielen Jahrzehnten im Grundsatz bekanntes, aber technisch wesentlich weiterentwickeltes Hacksystem stellte die Fa. Schmotzer mit der Bandspritzen-Reihenhackkombination VENTERRA 2K vor. Die Hackkörper sind auf einem hydraulischen Verschieberahmen montiert, der kameragesteuert in Sekundenbruchteilen reagiert und sehr hohe Fahrgeschwindigkeiten und Flächenleistungen ermöglicht, ohne dass die Kultur in der Reihe selbst geschädigt wird. Die Unkräuter in der Reihe werden mit einem variabel einstellbaren engen Spritzband bekämpft, was in dieser Kombination ebenfalls Pflanzenschutzmittel­einsparungen bis zu 80 % ermöglicht.

Auch mit rein chemischer Unkrautbekämpfung sind zukünftig erhebliche Aufwandseinsparungen möglich. Die Fa. Amazone führte ihre gezogene Pflanzenschutzspritze UX 7601 Super mit der AmaSelect Spot-Applikationstechnik vor. Hierbei findet vorab eine Drohnenbefliegung mit einer hochauflösenden Farbkamera der Fa. SAM-Dimension statt, die einzelne Unkrautpflanzen bereits im ersten Laubblattstadium erkennen kann und daraus eine Applikationskarte erstellt. Diese wird auf das Bordsystem übertragen und anschließend wird der Schlag mit Hilfe von Einzeldüsenschaltungen in einem feingliedrigen Rastersystem nur dort behandelt, wo dies der Unkrautdruck erfordert. Auf diese Weise lassen sich bis zu 80 % Mittelaufwand einsparen.

Zum Abschluss der Vorführungen kam eine größere Applikationsdrohne der Fa. Schmidt-Solutions zum Einsatz. Sie kann ca. 30 kg Last transportieren. Mit ihr wurde eine Untersaat im Maisschlag ausgebracht. Das dauert gerade mal 8 min pro ha und kostet ca. 30 € pro ha. Auch die Ausbringung von Trichogramma-Schlupfwespen wird in der Praxis stark nachgefragt. Weltweit werden diese Drohnen auch bereits vielfach in der Pflanzenschutzmittelausbringung eingesetzt, vor allem im asiatischen Raum. Sie würden eine noch schnellere, bodenschonende und auch kostengünstigere Teilflächen­behandlung ermöglichen. In Deutschland ist eine Pflanzen­schutzmittelausbringung mit Drohnen bisher aber nur in Weinbau-Steillagen rechtlich erlaubt.

 

Über die Maschinenvorführungen am Nachmittag wurde eine Videodokumentation erstellt, die Sie nachstehend ansehen können:


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