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Nachlese Feldtag: Digitalisierte Ampfer-Einzelpflanzenbekämpfung

Am 21. September fand im Rahmen des Projekts „DigiNetz“ in Guxhagen-Grebenau der Feldtag „Digitalisierte Ampfer-Einzelpflanzenbekämpfung“ statt. Auf einer Mähwiese des Milchviehalters Thorsten Siebert wurden drei innovative Maschinen vorgestellt.

Die Maschinen im Vergleich

In den Begrüßungsworten wies Martin Himmelmann (Projekt DigiNetz, LLH) auf die Nachteile der bisher üblichen Verfahren in der Ampferbekämpfung hin. Eine ganzflächige Herbizidmaßnahme ist mit hohen Kosten verbunden und wirkt auf Gräser oftmals deutlich ertragsmindernd. Die herkömmliche Einzelpflanzenbekämpfung mit Ampferstecher, Rückenspritze oder Dochtstab ist zwar günstig, aber sehr zeit- und arbeitsintensiv.

Einen neuen Weg gehen die drei zu diesem Feldtag eingeladenen Firmen. Sie haben Maschinen entwickelt, die während der Überfahrt einzelne Ampferpflanzen mittels Bilderkennung identifizieren. Nahezu zeitgleich wird auf die detektierten Pflanzen das Herbizid zentimetergenau appliziert. Dabei sind je nach Ampferbesatz im Durchschnitt PSM-Einsparungen von ca. 90 bis 95 % zu erwarten.

Auf dem Feldtag konnten sich die Teilnehmenden von der Praxistauglichkeit und Applikationsgenauigkeit der einzelnen Geräte überzeugen.

Die Einzelpflanzenbekämpfung sollte jedoch niemals als isolierte Maßnahme erfolgen, sondern immer als Teil eines nachhaltigen Grünlandmanagements begriffen werden, denn: eine dichte und gesunde Grasnarbe macht dem Ampfer das Leben schwer.

Bevor die Maschinen vorgestellt wurden, erläuterte Katharina Weihrauch (Grünlandberatung, LLH) in einem kurzweiligen Vortrag, warum der Ampfer so eine überaus erfolgreiche Problempflanze ist und mit welcher Strategie der konkurrenzstarke Platzräuber dauerhaft reduziert werden kann.

Ampfer: Bedeutung und Bekämpfungsstrategien im Grünland

Im Dauergrünland kann der Stumpfblättrige Ampfer zu einem echten Generationenproblem werden. Er vermehrt sich sowohl über Wurzelausläufer als auch über die Samen, von denen jährlich etwa 7000 Stück pro Pflanze gebildet werden. Diese bleiben im Boden rund 70 Jahre keimfähig. Auch über das Futter aufgenommene Samen können mit dem Wirtschaftsdünger wieder den Weg auf die Fläche finden und dort keimen – vor allem dann, wenn der Bestand aufgrund von Wild- und Maschinenschäden oder Bewirtschaftungsfehlern Lücken aufweist.

Gerade auf stickstoffreichen Böden fühlt sich der unliebsame N-Zehrer wohl. Durch die große Blattrosette überwuchert der Ampfer schnell wertvolle Gräser und Leguminosen. Das mindert nicht nur den Ertrag, sondern auch die Futterqualität. Ist zudem aufgrund mangelnder Düngung oder niedriger pH-Werte die Phosphat- und Kaliumverfügbarkeit reduziert, verschwindet auch der als Lückenfüller bekannte Weißklee. Der Ampfer hat leichtes Spiel.

Der „Aulendorfer Lückentest“ hilft bei der Ermittlung der Nachsaatmenge

Abhilfe schafft neben der Einzelpflanzenbekämpfung eine dichte Grasnarbe mittels Nachsaat. Als Voraussetzung dafür gilt es, zunächst die Kalkversorgung, aber auch die Grunddüngung, unter die Lupe zu nehmen. Erst wenn der Boden gut versorgt ist, kann sich eine in der Aussaatmenge am Lückenanteil orientierte Nachsaat erfolgreich etablieren. Diese ist besonders auf intensiv genutztem Grünland essenziell, da die Wirtschaftsgräser bei häufigem Schnitt oft nicht zur Samenbildung kommen. Die Folge ist ein überalterter und zur Lückenbildung neigender Bestand.

Ziel erreicht: Benetzte Ampferblätter und trockene Gräser

Der optimale Behandlungszeitpunkt für Ampfer ist etwa 3 Wochen nach dem zweitem oder einem darauffolgenden Schnitt. Die Blattoberfläche ist dann groß genug, um systemisch wirkenden Herbizide effektiv aufzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt hat die Pflanze noch keine Samen gebildet. Die Wartezeiten der Pflanzenschutzmittel (bis zu 2 Wochen) setzen insbesondere bei engen Schnittregimen (4 Wochen) eine gute Planung voraus. Auf die Ampferbehandlung folgt eine Woche später die dringend durchzuführende Nachsaat mit der aus verschiedenen Dt. Weidelgrassorten bestehenden Qualitätsstandardmischung GV (G = Grünland, V = römisch 5). Diese kann bei sehr lückigen Beständen mit bis zu 5 % Weißklee ergänzt werden (GVk). Die Kombination aus Ampferbekämpfung und Nachsaat kann auch bis in den späten Herbst erfolgen. Voraussetzung: die Flächen sollten befahrbar und der Ampfer in einem bekämpfungswürdigen Wachstumsstadium sein.

Augen auf beim Saatgutkauf

Entscheidend für den Erfolg einer Nachsaat ist nicht zuletzt der Einsatz offiziell empfohlener Sorten. Ob die ausgewählte Mischung Grassorten gemäß der offiziellen Empfehlung enthält, lässt sich vor dem Kauf über den Sackanhänger oder die Mischungsbeschreibung kontrollieren. Achtung: weder ein „rotes Etikett“ noch die Kennzeichnung als „QSM“ (Qualitäts-Standard-Mischung) garantieren, dass die enthaltenen Sorten/Sortenanteile und Mischungen der offiziellen Empfehlung entsprechen. Aufschluss gibt ein Abgleich mit der aktuellen Sortenempfehlung, die Sie hier finden: Mischungs- und Sortenempfehlungen

Digitalisierte Ampfer-Einzelpflanzenbekämpfung

Dass die neuen Geräte aus Süddeutschland und der Schweiz kommen, ist kein Zufall. Zum einen hat die Grünlandbewirtschaftung in diesen Regionen einen hohen Stellenwert und zum anderen ist in Bayern seit dem 1. Januar 2022 der flächenhafte Einsatz von PSM im Grünland verboten. Weitere Bundesländer könnten folgen. Einschränkungen durch Auflagen in FFH- und Wasserschutzgebieten, sowie in einigen Agrarumweltprogrammen, sind bundesweit schon jetzt vorhanden – Tendenz steigend.

Das haben die Maschinen gemeinsam

Die Funktionsweise der drei Vorführmaschinen ist grundsätzlich bei allen Herstellern ähnlich: Kameras erkennen zuverlässig in Echtzeit den stumpfblättrigen Ampfer. Mit dieser Information steuern die verbauten Jobrechner fast zeitgleich die über der Zielpflanze platzierten Düsen an. In Abhängigkeit der Fahrtgeschwindigkeit öffnen und schließen die angesteuerten Düsen einzeln und punktgenau, so dass nur die Zielpflanze mit PSM benetzt wird. Die Einstellung und Kontrolle der Maschinen erfolgt kabellos über ein Tablet, das in der Kabine mitgeführt wird und über W-LAN mit dem Arbeitsgerät verbunden ist. Die Stütz- und Tasträder an den Außenbereichen der dreigliedrigen Maschinen sorgen bei Unebenheiten für eine gleichmäßige Arbeitshöhe und fungieren gleichzeitig als „Spuranreißer“ im Grünland – so gelingen präzise Anschlussfahrten auch ohne GPS.

RumboJet 880: Präzise Technik unter roter Plane

Der RumboJet 880 von AllgäuAutomation wird im Zugmaul angehängt und rollt sowohl auf dem Feld als auch auf der Straße auf eigener Achse. Der Name ist eine Wortschöpfung aus der lateinischen Ampferbezeichnung Rumex und dem bekannten Großraumflugzeug Jumbojet. Mit Transportmaßen am Grenzbereich der Straßenverkehrsordnung und einer Arbeitsbreite von 8,80 m ist der Name Programm. Je nach Terrain sind an der Zugmaschine 70 bis 90 PS ausreichend. Die Weitwinkel-Gelenkwelle treibt die Pumpe an und ermöglicht enge Kurvenfahrten. Zwei doppelwirkende Steuergeräte sind für die unabhängige Klappung der Seitenteile von Nöten. Über einen 3-pol Stecker wird die Bordbatterie des Geräts permanent geladen und versorgt Jobrechner, Kameras und LED-Beleuchtung mit Strom. Bei der Ampferdetektion setzen die Allgäuer auf konventionelle Bilderkennung, wie sie seit Jahrzehnten auch im industriellen Bereich eingesetzt wird. Unter der roten Plane des RumboJets, die eine gleichmäßige Ausleuchtung ermöglicht und vor Windeinflüssen schützen soll, arbeitet die Kameratechnik auch bei widrigen Lichtverhältnissen sehr zuverlässig und stellt geringe Ansprüche an die Rechenleistung. Die Möglichkeit weitere Problempflanzen im Grünland wie z. B. Kreuzkräuter zu bekämpfen ist in der Entwicklung.

RXF600: Beste Sicht dank kompaktem Frontanbau

Der RXF600 der Firma Rumex ist ein kompaktes Frontanbaugerät mit 6 m Arbeitsbreite. Mit einem Frontkraftheber und einer Frontzapfwelle sind die Anforderungen an die Zugmaschine überschaubar. Über die Zapfwelle wird neben der Pumpe auch eine Lichtmaschine zur Stromerzeugung und ein Hydraulikaggregat zur Klappung der Seitenteile angetrieben. Das Spritzgestänge ist im Gegensatz zu den Mitbewerbern nicht eingehaust. In Kombination mit dem Frontanbau ergibt sich so die Möglichkeit einer direkten Sichtkontrolle während des Einsatzes mit einem Schlepper im niedrigen Leistungssegment. Zudem erfolgt die PSM-Applikation bevor der Ampfer mit dem Schlepperrad überfahren wird. Durch die hohen Spritzdrücke und die geringe Höhe der Düsen über der Zielpflanze sind Windeinflüsse zu vernachlässigen. Um den Ampfer zuverlässig bei verschiedensten Lichtverhältnissen zu erkennen, kommt bei dem ebenfalls aus dem Allgäu stammenden Startup Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. Die leistungsstarken Rechner greifen auf zehntausende Ampferfotos zurück und entscheiden im Millisekundenbereich darüber, ob es sich um eine Ampferpflanze handelt oder nicht. Die KI lernt stetig dazu und stellt außerdem die Weichen für eine Zukunft, in der nicht nur weitere Unkräuter ins Portfolio aufgenommen werden können, sondern auch der Einsatz in Ackerkulturen möglich sein könnte.

ARA: In vielen Kulturen einsetzbar

Bei der ebenfalls KI-gestützten Präzisionsspritze ARA des Schweizer Herstellers Ecorobotix ist dies schon Realität. Während die beiden Allgäuer Startups ihre Kernkompetenz in der Ampferbekämpfung haben, wird die ARA-Spritze hauptsächlich im Feldgemüse- und Zuckerrübenanbau eingesetzt. Sie kann zwischen zahlreichen Kulturpflanzen und Unkräutern unterscheiden und je nach Einstellung und Mitteleinsatz das eine behandeln oder das andere bekämpfen. Im Grünland sind dies vor allem der Ampfer und die Distel. Auch beim Anbau an den Schlepper geht der Hersteller einen anderen Weg: Der Spritzbrühen- und Frischwassertank wird auf einem Gestell im Frontanbau getragen, während sich das eigentliche Arbeitsgerät in der 3-Punkt-Aufhängung im Heck befindet. Über die Heckzapfwelle wird eine Lichtmaschine angetrieben, die die Pumpe im Fronttank mit Strom versorgt. Ein eigenes Hydraulikaggregat sorgt für die Klappung der Seitensegmente.

 

 

Allgäu Automation
RumboJet 880
Rumex GmbH
RXF 600
Ecorobotix
ARA
EinsatzbereichGrünlandGrünlandFeldgemüse, Ackerbau, Grünland
Arbeitsbreite8,80 m6,00 m6,00 m
Fahrtgeschwindigkeit5-10 km/h5-12 km/h7 km/h
AnbauartGezogen3-Punkt FrontTank: 3-Punkt Front
Gerät: 3-Punkt Heck
Leergewicht1.500 kg800 kg320 kg (Front)
1.160 kg (Heck)
Gewicht inkl. Flüssigkeit (ca.)2.200 kg1.000 kg Front1.020 kg (Front)
1.160 kg (Heck)
Anzahl Düsen8890156
Preis (ca. netto)47.000 €57.000 €110.000 €

Überzeugende Vorführung

Kontrolle der Applikationsgenauigkeit nach der Überfahrt

Im Rahmen der praktischen Vorführung der drei Geräte fuhren diese nacheinander jeweils zwei Spuren nebeneinander auf der Mähwiese. Die Geräte haben dabei die Erwartungen hinsichtlich Praxistauglichkeit und Applikationsgenauigkeit überwiegend erfüllt. RumboJet 880 und RXF600 arbeiteten hervorragend jeweils beide Spuren ab und besprühten dabei alle Ampferpflanzen zuverlässig und zielgenau. Fehlspritzungen konnten die Teilnehmenden nicht entdecken. Lediglich die Feldspritze ARA konnte aufgrund des Ausfalls einer Kamera nicht vollständig überzeugen. Bei der zweiten Spur wurden augenscheinlich keine Pflanzen benetzt, sodass die Qualität der Applikationsgenauigkeit von ARA nicht beurteilt werden konnte. Laut Aussage des Händlers habe sich die Feldspritze allerdings bereits in vielen Einsätzen bewährt und der Ausfall der Kamera stelle eine Ausnahme dar.

Ohne Zweifel sind alle Geräte praxistauglich und können zur digitalisierten Ampfer-Einzelpflanzenbekämpfung eingesetzt werden. Aufgrund des hohen Investitionsbedarfes der Geräte und der eher kurzzeitigen Nutzung während einer Vegetationsperiode, ist ein überbetrieblicher Maschineneinsatz sinnvoll. Darüber hinaus können Fördermittel in Anspruch genommen werden.

Fördermöglichkeit in Hessen

Lena Jakobi, LLH-Beraterin im Projekt DigiNetz, wies darauf hin, dass alle drei Geräte im Rahmen der hessischen Digitalisierungsförderung mit bis zu 40 % der Nettoinvestitionssumme gefördert werden können. Die Förderobergrenze liegt bei 80.000 € pro Gerät. Potenzielle Antragsteller sind alle hessischen Landwirtschaftsbetriebe, die zu den Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen gehören. Auch Maschinenringe sind förderberechtigt.

Wenn Sie Fragen zu den vorgestellten Geräten oder Interesse an der Digitalisierungsförderung haben, dann melden Sie sich gerne bei den LLH-Beratungskräften Lena Jakobi und Martin Himmelmann. Als Mitglied des Arbeitskreises „Digitalisierung“, der sich über neue Mitstreiter freut, werden Sie vorab über alle Veranstaltungen des Projekts DigiNetz informiert.


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